Eragon
Das Geschenk der Götter
(By Sturmblut)
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Kapitel 1-8 Kapitel 9-16 Kapitel 17-23 Kapitel 25-36
Dies ist nun meine aller erste Eragon Fanfiction. Erwähnt sei natürlich als erstes, das „Eragon – das Vermächtnis der Drachenreiter“ und die in den Büchern enthaltenden Charaktere Christopher Paolini gehören (mit Ausnahme ein paar meiner eigenen Charas, die ich nach und nach vorstellen werde).
Kapitel 1
>>Es wird Zeit,
Eragon.<< Der Drachenreiter schloss das Tor, nachdem er sich seinen
Rucksack umhing und folgte Saphira.
Die beiden Gefährten schreiteten durch die vom fahlen Mondlicht
erhellten Strassen der Stadt, die einst als Uru´baen bekannt und
berüchtigt war.
Nach dem Krieg mit Galbatorix waren die Elfen eifrig dabei, ihre alte
Stadt zu restaurieren, um sie wieder in ihrem ursprünglichem Glanz
erstrahlen zu lassen. Der von allen verhasste Name Uru´baen wurde daher
nicht länger für diese Stadt verwendet. Sie trug nun wieder den Namen
Ilirea.
>>Beeil dich, Eragon!<< drängte die blaue Drachin ihren Reiter. Sie
wollte die dicht bevölkerte Stadt so schnell wie möglich verlassen. Der
junge Drachenreiter seufzte. Seit ihrer letzten großen Schlacht, war
Saphira nicht mehr die Selbe. Sie schien ihre gesamte Fröhlichkeit
verloren zu haben.
Als sie über dem Königreich flogen, war der Himmel vollkommen wolkenlos
und die Sterne glitzerten hell, als würden sie ein Freudenfest
zelebrieren. Aber die beiden Freunde fühlten sich dazu nicht in der
Stimmung. Im Gegenteil, es gab ihnen sogar noch das Gefühl, von den
Sternen regelrecht verspottet zu werden.
Ja, sie mochten vielleicht das Königreich von Galbatorix’
Schreckensherrschaft befreit haben, jedoch zahlten sie für ihren Sieg
einen sehr hohen Preis. Viele ihrer Freunde verloren in der Schlacht ihr
Leben, doch das was Eragon am meisten bestürzte, war Saphira’s
gebrochenes Herz.
Durch ihre mentale Verbindung, fühlte er ihren unsagbaren Schmerz über
den Verlust, des grünen Dracheneis, welches ihren ursprünglich
vorgesehenen Partner enthielt. Auch Dorn fiel in der Schlacht gegen
Galbatorix und obwohl Murtagh überlebte, wurde der Reiter des roten
Drachen seit her nie wieder gesehen. Der letzte noch lebende männliche
Drache war Glaedr, der jedoch im Kampf mit Shruikan so schwer an seiner
Wirbelsäule verletzt wurde, das er vom Hals an gelähmt war.
Das Schicksal des Drachenvolkes schien mit Saphira als letzte lebende
Drachin besiegelt zu sein, denn mit ihrem Tod würden auch die Drachen
für immer von der Welt verschwunden sein.
>>Bist du in Ordnung, Saphira?<< fragte Eragon. Ihre Antwort klang so
traurig, das sich Eragon wünschte sie nicht gefragt zu haben.
>>Mir geht es gut, Kleiner. Ich war nur in Gedanken.<<
>>Möchtest du darüber reden?<< erkundigte er sich weiter und streichelte
liebevoll über ihren Nacken, um sie zu trösten.
>>Nein, Kleiner. Du weißt sehr gut, was mich mitgenommen hat, also wäre
es sinnlos darüber zu diskutieren. Es tut mir leid.<<
>>Du musst dich dafür nicht entschuldigen, Saphira. Ich denke, ich würde
mich an deiner Stelle auch nicht anders verhalten.<< Eragon war
verzweifelt. Er wusste nicht, wie er ihr helfen konnte und machte sich
große Sorgen um sie. Immer wieder versuchte er sie aufzumuntern und
erklärte ihr, das die ganzen Regionen, die weit im Osten lagen noch
völlig unerforscht waren und es zur hundert protzentiger Sicherheit gar
nicht fest stand, das sie tatsächlich die Letzte der Drachen ist.
Bestimmt gab es dort draußen irgendwo noch ein paar wilde Drachen. Aber
all diese Worte halfen Saphira nicht aus ihrer Depression. Das einzige
was Eragon tun konnte, war für seine Drachin da zu sein. Er kümmerte
sich rührend um sie und ließ sie in dieser schweren Zeit niemals
alleine, doch er wünschte sich mehr für sie tun zu können.
Sie flogen in südöstlicher Richtung und hatten von Nasuada, die zur
neuen Königin von Alagaesia gewählt wurde, den Auftrag erhalten, die
noch übrig gebliebenen Ra´zac zur Strecke zu bringen, die sich irgendwo
am Rande der Hadarac Wüste versteckten. Laut Königin Nasuada’s
Informationen gab es eine verfallene Tempelruine, in der sich diese
unheimlichen Kreaturen angeblich aufhielten, die noch immer eine große
Gefahr für die Menschen darstellten. Eragon behagte diese Situation ganz
und gar nicht, von Nasuada auf diese „Wanzenjagd“ geschickt zu werden,
wie es Eragon ausdrückte. Schon alleine auf Grund Saphira’s Zustand,
wollte er Nasuadas Auftrag ablehnen, doch die Drachin versicherte
Eragon, das sie nach wie vor in der Lage war zu kämpfen und nach
Saphiras langem Drängen hin, gab er schließlich nach.
Sie waren zwei Tage lang unterwegs, als sie gegen Morgengrauen, die
Umrisse der Ruine entdeckten. Die Tempelruine war ziemlich alt und
Eragon fragte sich, wer dieses seltsame Gemäuer wohl erbaut haben
mochte, da es nicht danach aussah, als wäre sie von Menschen- oder
Zwergenhand erschaffen worden und es stammte erst recht nicht von den
Elfen. Dieser Tempel musste einst ein imposantes Bauwerk gewesen sein,
doch von der einstigen Pracht war nun nicht mehr allzu viel übrig.
Als sie in unmittelbarer Nähe zum Tempel landeten hielt Saphira
plötzlich inne und prüfte die Luft.
>>Die Ra´zac sind hier!<< sprach sie und stieß dabei ein kehliges
Knurren aus. Selbst ohne die Hilfe von Saphiras scharfen Geruchsinn,
konnte Eragon den ekelerregenden Gestank der Ra´zac bereits ausmachen.
>>In der Tat!<< antwortete Eragon und verzog die Miene, als er sein
Schwert ‚Brisingr’ zog.
Vorsichtig betraten sie den Tempeleingang, der groß genug war, das
Saphira mühelos hindurch passte.
Innen drin hatte Eragon ein ganz mieses Gefühl. Er war sich ziemlich
sicher, das man sie beobachtete.
>>Saphira, aufpassen! Hier stimmt etwas nicht...<< Genau in dem
Augenblick, als Eragon diese Worte sagte, hörten sie das Zischen der
Ra´zac.
„Sssseit willkommen!“ sprach eine Stimme aus dem Dunklen. „Wir haben
euch erwartet, Drachenreiter! Nun werdet ihr für den Tod unssseress
Meistersss bezzzahlen!“
Sie waren umzingelt.
>>SAPHIRA!<< rief Eragon in Gedanken, als ein riesiges Stahlnetz auf die
Drachin nieder ging. Noch ehe sie reagieren konnte, war eine mit Speeren
bewaffnete Gruppe von Ra´zac herübergeeilt um sie zu töten.
„Verdammt, sie haben uns wie die letzten Anfänger übertölpelt!“ fluchte
Eragon innerlich. „Sie haben uns eine Falle gestellt und wir spazieren
auch noch direkt hinein! Ich hätte es wissen müssen!“
„Sssso viel Fleisch!“ freuten sich die Ra´zac.
>>So leicht werde ich es euch nicht machen!<< brüllte Saphira und
versuchte das Netz loszuwerden.
Eragon stürmte auf die Speerträger los, um sie von Saphira wegzutreiben.
Einer von ihnen heulte vor Schmerzen auf, als Eragon sein Schwert in
dessen Seite rammte. Ein weiterer Ra´zac lies von Saphira ab und
verwickelte den Drachenreiter in einen Zweikampf.
„Wie konntessst du esss wagen meinen Bruder zu töten!” kreischte die
Kreatur.
>>Ihr widerlichen Biester!<< knurrte Saphira und zerriss das Stahlnetz
mit ihren Klauen. Einer der Ra´zac traf mit seinem Speer Saphiras linkes
Vorderbein. Sie brüllte wütend als sich die Spitze des Speeres in ihr
Fleisch bohrte und auch Eragon spürte den stechenden Schmerz durch ihre
Verbindung.
Eragon hielt sich den linken Arm, obwohl er eigentlich gar nicht
verletzt war, doch diese Ablenkung war alles, was die Ra´zac benötigten
um Eragon zu überwältigen.
„Jetzzzt wirssst du und deine dumme Echssse sssterben!“ Der Ra´zac, der
über Eragon stand hob sein Schwert, um zum tödlichen Schlag auszuholen.
Doch plötzlich blitzte die dunkle Halle in einem blendenden weißem Licht
auf und eine mächtige Stimme ertönte. Die Ra´zac schrien entsetzlich,
als sie von dem gleißendem Licht geblendet wurden.
„Du enttäuschst mich, Drachenreiter! Hast du denn alles vergessen, was
man dir jemals beigebracht hat?“
Kapitel 2
Als sich Eragons Sehvermögen wieder
besserte, sah er eine Figur in einem weißem Gewand vor sich
stehen. Das Wesen hatte junge Gesichtszüge, wie ein Elf und
redete in der alten Sprache. Doch es war kein Elf, da dessen
Ohren nicht spitz zuliefen. Auch wenn sein Gesicht jung und
makellos aussah, bargen die Augen jedoch sein wahres Alter und
wirkten unglaublich alt. In den Händen, hielt das Wesen ein
Schwert aus purer Energie, das die Ra´zac Klinge abgefangen
hatte. Alles um dieses Wesen herum knisterte vor magischer
Energie, wie ein kleiner Gewittersturm. Noch niemals zuvor
spürte Eragon bei einem Lebewesen, eine derart hohe Magie. Weder
ein Elf noch ein Schatten besaß diese ungeheuerliche Kraft.
„Tdz, tdz, tdz! Wie konntest du bloß jemals Galbatorix besiegen
und dann auf diesen billigen Trick hereinfallen, Junge? Die
Ra´zac wollten doch gefunden werden!“
Mit diesen Worten hob das Wesen sein Schwert und spaltete den
Ra´zac in zwei Hälften.
„So ein törichtes Verhalten hätte ich von dir nicht erwartet,
Schattentöter!“
Als sich die restlichen Ra´zac von dem hellen Lichtschein erholt
hatten, stürmten sie wütend auf das neue Wesen los. Doch alles
was von ihm folgte, war eine lässige Handbewegung und sogleich
standen die Körper der Ra´zac in lichterlohen Flammen. Sie
kreischten schrill, als das Feuer ihre Körper verschlang, gerade
so als würden sie zur Hölle fahren.
Eragon war völlig entsetzt und fand zunächst seine Stimme nicht
wieder, als die Wesenheit ihn mit weisen Augen ansah. Er hielt
Brisingr hoch, doch die Kreatur hob seine Hand und sprach in
einer zwar noch donnernden Stimme, versuchte sie aber nicht
länger bedrohlich klingen zu lassen.
„Nimm dein Schwert runter, Junge. Ich bin nicht hier, um dir ein
Leid anzutun.“
„Wer, oder was bist du?“ fragte Eragon und versuchte mit ruhiger
Stimme zu sprechen, obwohl ihm das nicht ganz gelang.
„Mein Name ist so alt, das es in der alten Sprache schon gar
keinen Begriff mehr für ihn gibt, aber in eurer Kultur trage ich
den Namen Kuthian.“ antwortete die mysteriöse Kreatur, dessen
Stimme vom Klang her eindeutig männlich war.
„Der Name sagt mir etwas!“ dachte Eragon laut. „Der Fels von
Kuthian...“
„Das ist richtig! Dieser Felsen trägt ebenfalls den Namen
Kuthian. Er wurde nach mir benannt.“
„Soll das bedeuten, du bist eine Art Gott???“ Eragon war
fassungslos.
„Deine Freunde, diese heidnischen Elfen würden sicherlich meine
Existenz bestreiten, aber nun ja, man könnte mich als eine ‚Art’
Gottheit bezeichnen, aber das bedeutet für dich nicht, du dich
vor mir auf die Knie werfen musst.“
„Warum hast du uns vor den Ra´zac gerettet?“ fragte Eragon.
„Wegen ihr!“ sprach Kuthian und zeigte auf die bewegungslose
Form von Saphira.
„SAPHIRA!“ rief Eragon erschrocken und stürzte an ihre Seite.
„Was ist mit ihr?“
„Sie ist nur ohnmächtig. Meine Kraft war wohl doch etwas zu
stark, aber mach dir keine Sorgen, ihr fehlt nichts. Obwohl das
nicht ganz richtig ist, aber dafür gibt es einen anderen Grund:
Deine Drachendame, ist der letzte weibliche Drache auf dieser
Welt und es sind keine potenziellen Partner mehr übrig.
Zumindest nicht in unmittelbarer Nähe.“
„Das heißt, es gibt noch welche?“ fragte Eragon.
„Nun... es gibt noch eine kleine Anzahl männlicher Drachen, die
Galbatorix nicht zu fassen bekam, aber sie leben viel zu weit
von hier entfernt und bis sie Alagaesia erst einmal erreicht
haben, würde es für Saphira schon zu spät sein, denn ihre
Depressionen bringen sie um. Der Drache in dem grünen Ei sollte
Saphiras Partner werden und ihre Nachkommenschaft hätte sich
dann später mit den Neuankömmlingen gepaart. So war es
ursprünglich auch vorgesehen, aber nun gibt es keinen grünen
Drachen mehr, weil Galbatorix dafür gesorgt hatte, das der Grüne
niemals das Licht der Welt erblickt.“
„Aber wenn doch, wie du sagtest einige Drachen noch immer
existieren, dann gibt es ja Hoffnung für Saphira!“ lächelte
Eragon.
“Hast du mich nicht verstanden, Eragon? Noch bevor der erste
Drache hier eintrifft, wird Saphira vor Kummer gestorben sein.“
„Also bist du hier, um diese Drachen aus der Fremde
herbeizuschaffen?“
Kuthian grinste amüsiert. „Nein, ich werde dir später erklären,
weswegen ich hier bin, aber vorher möchte ich, das du mir eine
Frage beantwortest.“
„Eine Frage beantworten? Was wird das hier, machst du dich über
unser Leid lustig?“ Sagte Eragon.
„Das wirst du am Ende schon noch erfahren!“ grollte Kuthian und
war über Eragons Beleidigung erbost. „Merke dir aber eins,
Bursche! Ich lasse mich von niemanden, als jemanden bezeichnen,
der sich über das Leid anderer amüsiert!“
„Verzeih...“ fuhr Eragon erschrocken zusammen. „Ich bin nur
verzweifelt und es schmerzt mich, ihre Depressionen zu fühlen
und ihr nicht helfen zu können.“
Kuthian’s Gesichtszüge milderten sich wieder. „Entschuldigung
angenommen. Also, wirst du meine Frage beantworten, denn sie ist
wichtig?“
Als Eragon nickte fuhr Kuthian fort: „Also, Eragon. Ich möchte
von dir wissen: Was empfindest du für deine Saphira?“
Eragon war zunächst verwirrt, weil er nicht mit einer solchen
Frage gerechnet hatte und dachte über seine Antwort ganz genau
nach.
„Saphira... ist mehr als nur ein Freund für mich. Sie bedeutet
für mich Familie.“ Begann er schließlich. „Wir haben beide so
viel miteinander durchgestanden und sie war immer für mich da,
selbst in der dunkelsten Stunde meines Lebens.“
„Erzähle weiter!“
„Die glücklichsten Momente sind für mich, mit ihr zu fliegen,
wenn sie voller Lebensfreude strahlt, aber leider ist es schon
eine ganze Weile her, das ich sie so erlebt hatte. Ein Leben
ohne sie, kann ich mir nicht vorstellen. Würde sie von mir
gehen... wäre ich bereit ihr zu folgen. Ich liebe Saphira über
alles und würde alles für sie tun.“
„Du würdest alles für sie tun?“ fragte Kuthian nach.
Eragon nickte. „Aber, ich kann ihr leider nicht das geben, was
sie im Moment am dringendsten braucht.“
„Gut...“ stellte Kuthian zufrieden fest und lächelte. „Andere
Antworten hätte ich von dir auch nicht erwartet. Zwischen euch
beiden besteht eine wahrhaft ungewöhnliche Verbindung, die
seinesgleichen sucht! Es stellt selbst das Band zwischen dem
ersten Eragon und seines Drachens in den Schatten. Es gab,
abgesehen von euch beiden, nur ein einziges Mal in der
Geschichte der Drachenreiter, wo eine Verbindung ähnlich stark
ausgeprägt war, wie bei euch. Du kennst den Namen dieses
Drachenreiters. Dein alter Lehrer.“
„Du meinst Brom und seine Saphira?“
„Als sie damals nicht mehr lebte, wollte Brom direkt, nachdem er
Morzan tötete, den Freitod wählen. Aber er hatte es dann doch
nicht getan und weißt du auch warum? Um für dich da zu sein,
Eragon. Doch als dann Broms Zeit gekommen war, hieß er den Tod
willkommen, um wieder mit seiner Drachendame vereint zu sein.“
Kuthian trat zu einem steinernen Bottich und füllte ihn mit
Wasser auf.
„Sieh her, Eragon. Ich werde dir jetzt mal etwas zeigen, was
bisher noch nie jemand zu Gesicht bekommen hat!“
Eragon trat zu Kuthian und blickte in den Bottich.
„Draumr kópa!“
Die Traumsicht zeigte einen dichten Wald und es waren einige
Berge im Hintergrund zu sehen. Diese Bergformation war Eragon
wohl bekannt. Es handelte sich um den Buckel. Plötzlich
erblickte Eragon eine große stämmige Eiche. Bei genauerem
Hinsehen, konnte man erkennen, das irgendetwas in den Baumstamm
geschnitzt war. Es war ein Herz und darin standen zwei Namen.
Eragon stockte der Atem und er sprach die beiden Namen laut aus,
um sich zu vergewissern, richtig gelesen zu haben.
„‚Brom’ und ‚Saphira’?“ Wie war das möglich? Haben sich die
beiden so viel bedeutet?
„Die Liebe geht die seltsamsten Wege, Eragon. Manchmal wächst
sie sogar über die Spezies hinaus. Auch wenn diese hier leider
sehr traurig war.“
>>Kleiner...?<< fragte eine schwache Stimme in seinem Kopf.
>>Hattest du mich gerade gerufen?<<
„Oh, sie ist wach geworden!“ lächelte Kuthian. „Wird auch Zeit!“
>>Eragon, was ist passiert?<< fragte sie und schlug die Augen
auf. >>Ich erinnere mich, das uns die Ra´zac angriffen... Du
gingst zu Boden und danach wusste ich nichts mehr. Ich glaubte
schon fast, du wärst...<<
>>Es ist alles in Ordnung, Saphira.<< antwortete Eragon und
legte seine Hand auf ihre Stirn. >>Die Ra´zac sind erledigt. Das
haben wir einem ähm... ‚Freund’ hier zu verdanken, obwohl ich
mir noch nicht einmal genau sicher bin, ob er auch tatsächlich
einer ist.<<
Die Drachin blickte auf und machte große Augen, als sie Kuthian
erblickte.
„Sei mir gegrüßt, Saphira Bjartskular.“
>>Eragon, wer ist das? Ich spüre, das ihn eine gewaltige
magische Aura umgibt.<<
>>Er behauptet, der Gott Kuthian zu sein.<<
„Nicht ‚behauptet’, junger Drachenreiter! Es ist so!“
Eragon berichtete ihr, was Kuthian ihm mitgeteilt hatte, auch
die Sache, zwischen Brom und seiner Drachin. Er schickte ihr
sogar das Bild von der Eiche aus der Traumsicht und Saphira kam
aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das einzige, was ihr Eragon
jedoch verschwieg, waren seine Antworten auf Kuthian’s Frage.
>>Was bedeutet dieses geschnitzte Herz und ihre Namen darin?<<
fragte sie.
>>Saphira, bei den Menschen ist das ein Symbol der Liebe. Als
ich jünger war, hatte ich mal gesehen, das Roran und Katrina in
Carvahall das selbe getan haben.<<
>>Also, ist das so etwas, wie ein geschworener Eid?<< fragte sie
und blickte sich auf die Pfoten.
>>Nein.<< antwortete Eragon und versuchte ihr die Bedeutung
genauer zu erklären. >>Du, weißt doch, wie ihr Drachen bestimmte
Rituale durchführt, bevor ihr...<<
>>Du meinst, es ist so was wie ein Umwerbungsritual?<<
>>Auf eine Art, kann man das so sagen. Es zeigt dadurch jeden,
der an diesem Baum vorbeikommt, das Brom, seine Drachendame vom
ganzen Herzen geliebt hat. Fast bis zu einem Punkt, um sich
selbst als Partner und Partnerin zu bezeichnen.<<
>>Ich verstehe!<< sprach Saphira. >>Aber wie haben sie dann...<<
>>Sie haben nie etwas in diese Richtung getan, Saphira.<< fiel
er ihr ins Wort. >>Man kann sich auch Lieben, ohne sich zu
paaren.<<
>>Ihr Tod muss Brom innerlich zerrissen haben.<< sprach Saphira
traurig.
Eragon nickte und fürchtete, durch Saphiras Depression in die
gleiche Lage gebracht zu werden, wenn das was Kuthian sagte, der
Wahrheit entspräche. Er gab es ihr nicht offen zu, aber er hegte
für Saphira ähnliche Gefühle, wie Brom zu seiner Drachin.
„Also, ihr beiden!“ ergriff nach einer Weile der Stille wieder
Kuthian das Wort. „Bevor ich euch nun endlich sage, was mein
Auftrag ist, möchte ich dich Saphira, für einen Moment alleine
sprechen.“
>>Mich?<<
Kuthian nickte und wandte sich an Eragon. „Lässt du uns bitte
für einen Moment alleine, Schattentöter? Ich habe auch ein paar
Fragen an deine Drachendame.“
„In Ordnung.“ Antwortete Eragon nervös und ging zum
Tempelausgang. Was für ein Spiel trieb dieser Kerl nur mit
ihnen?
„Schirmst du noch deine Gedanken vor ihm ab? Das was ich dich
frage, ist sehr persönlich.“
Saphira legte fragend den Kopf schief, kam aber Kuthian’s Bitte
nach.
„Saphira Bjartskular, meine Frage wird für dich vielleicht etwas
unangenehm sein, aber es ist sehr wichtig, das du sie mir
beantwortest: Welche Gefühle hegst du für deinen Reiter?“
>>Warum willst du das wissen?<< grunzte sie und ließ Rauch aus
ihren Nüstern aufsteigen. >>Ich wüsste nicht, wieso ich dir DAS
erzählen sollte!<<
„Ich werde euch beiden schon noch mitteilen, um was es geht.“
antwortete er. „Aber ich brauche von dir eine Antwort.“
>>Vergiss es! Es ist mir vollkommen gleich, wer oder was du
bist. Gebe mir einen Grund, weshalb ich einer wild fremden
Wesenheit meine Gefühle offenbaren sollte?<<
Offenbar war Saphira lange nicht so kooperativ, wie Eragon,
musste sich Kuthian eingestehen. Er vergaß, wie sturköpfig
Drachen sein konnten.
„Vielleicht aus dem Grund, das ich euch Drachen die Chance
geben kann, neu anzufangen.“
>>Wie willst du das anstellen?<< fragte Saphira ungläubig.
>>Sagte Eragon vorhin nicht, das du keine Drachen herbeischaffen
wirst?<<
„Junge Drachendame! Im Augenblick, bin ICH der jenige der DIR
die Fragen stellt und nicht umgekehrt!“ Er versuchte seine
Stimme bedrohlich klingen zu lassen, doch Saphira ließ sich von
ihm nicht so leicht einschüchtern, wie Eragon.
>>Woher soll ich wissen, das du uns überhaupt die Wahrheit
erzählst?<<
„Ich rede die gesamte Zeit über in der alten Sprache, wie du
vielleicht feststellst!“
>>Auch in der alten Sprache kann man bestimmte Dinge anders
auslegen, als sie tatsächlich gemeint sind, ohne gleich lügen zu
müssen. Die Elfen sind darin wahre Perfektionisten.<<
„Du bist eine wirklich sehr kluge und weise Drachendame,
Bjartskular!“ sprach Kuthian beeindruckt. „Dir macht wirklich
niemand so leicht etwas vor. Aber, ich schwöre dir in der alten
Sprache, dass ich euch wirklich nur helfen will.“
Nach reichlicher Überlegung entschied sich Saphira schließlich
doch damit einverstanden, Kuthian’s Fragen zu beantworten.
>>Nun, gut... Ich liebe diesen Jungen vom ersten Tag an, seit
ich für ihn geschlüpft bin und in den ganzen Jahren, ist das
Verhältnis zwischen uns beiden ungeheuer gewachsen. Eragon würde
ich für niemanden in der Welt eintauschen wollen.<<
„Hattest irgendwann das Gefühl gehabt, das sich jemand mal
zwischen euch beiden stellen könnte? Ich meine jetzt nichts was
mit dem Krieg oder Galbatorix selbst zu tun hat.“
>>Ja... als er damals Arya nachstellte und seine Begegnung mit
diesem Flittchen Trianna. Ich gebe zu, damals fürchterlich
eifersüchtig gewesen zu sein. Ich sagte ihm damals zwar, das ich
ihn nur beschützen wollte, aber in Wahrheit hatte ich Angst
davor gehabt, Eragon an eine dieser Frauen zu verlieren...<<
„Also, sehe ich das dann richtig“ fragte Kuthian nach. „das du
diese Frauen als Konkurrentinnen betrachtet hast?“
>>Wenn du schon so direkt fragst... Ja, irgendwie schon. Am
Anfang war Arya zwar noch nicht an ihm interessiert.<< sprach
sie. >>Aber kurz vor der letzten Schlacht mit Galbatorix änderte
sich das, als sie...<<
Rückblick
„Arya!“ rief Eragon, als sie sich ihm näherte. Sie begrüßten
sich traditionell nach Elfenart.
„Eragon, ich muss mit dir reden.“ Sagte sie.
„Ich bin ganz Ohr, Arya.“ Antwortete Eragon. Saphira stieß ein
unzufriedenes Grunzen aus, blieb aber sonst ruhig neben Eragon
sitzen.
„Es ist wegen damals, nach der Blutschwur Feier.“
>>Wieso bringt sie das gerade jetzt zur Sprache?<< stöhnte
Eragon, an Saphira gewandt.
„Ja?“ fragte Eragon.
„Eragon, ich bin damals ein Narr gewesen.“ Sprach sie. „Ich
hatte meine Pflichten mehr beachtet, als auf das zu hören, was
mir mein Herz sagt. I...ich hatte damals auch Gefühle für dich
übrig, aber ich wollte sie mir nicht eingestehen, da ich damals
glaubte, dass sie mir nur im Wege stehen würden. Aber ich kann
meine wahren Gefühle dir gegenüber nicht mehr länger
verbergen...“
„Arya... meine Worte damals, waren alle ernst gemeint. Ich war
Hals über Kopf in dich verliebt, aber ich fürchte dieses Feuer
der Leidenschaft, ist inzwischen erloschen. Wie kannst du von
mir nach all dieser Zeit erwarten, das ich dich jetzt noch in
die Arme schließen würde und so tue, als wäre das alles nicht
passiert?! Du hast keine Ahnung, wie weh du mir damals getan
hast!“
„Ich fürchte, das geschieht mir ganz recht.“ Sprach Arya mit
Tränen in den Augen. „Es tut mir schrecklich Leid, dir diese
Dinge gesagt zu haben.“
„Auch wenn deine Entschuldigung jetzt etwas spät kommt, nehme
ich sie an.“ Sagte Eragon mit sanfterer Stimme. „Aber dennoch
fürchte ich, das außer einer reinen Freundschaft nicht mehr aus
uns werden wird...“
Ende des Rückblickes
>>...Eragon hatte sie abgewiesen. Ich konnte es kaum glauben.<<
Saphira’s Stimme klang wie ein Flüstern. >>Auch wenn, ich sie
damals als Konkurrentin betrachtet hatte, so tat sie mir in dem
Augenblick trotzdem ein wenig leid.<< Sie seufzte und blickte
Kuthian an. >>Ich muss dir jetzt wohl als sehr egoistisch
erscheinen. Solche Gedanken und Gefühle sollte ein Drache nicht
zu seinem Reiter entwickeln, aber ich konnte mir nicht helfen.
Ich hatte die Hoffnung, diese Gefühle loszuwerden, wenn ich mich
mit dem grünen Drachen zusammen getan hätte. Aber es kam ja dann
alles anders!<<
Tränen liefen ihr über das schuppige Gesicht.
„Weine nicht, Drachenkind. Es ist nichts anstößiges darin, diese
Gefühle zu entwickeln. Mir zeigt das nur, wie tiefgründig eure
Verbindung wirklich ist.“ Sprach Kuthian sanft. „Ich werde dich
nun nicht länger mit meinen Fragen quälen. Du kannst Eragon
wieder herein rufen.“
Als Eragon Saphira’s Stimme vernahm, war er sichtlich
erleichtert und fragte sich, was die beiden so lange zu bereden
hatten. Er hoffte nur, das es nichts Schlimmes war.
In der großen Halle blickten sich Drachenreiter und Drachin für
einen Moment seltsam an, sprachen aber nicht über die Dinge, die
sie Kuthian anvertraut hatten.
„So, meine lieben Freunde!“ Ergriff Kuthian das Wort. „Ich werde
euch nun nicht länger auf die Folter spannen, weswegen ich
wirklich hier bin. Diese Fragen, die ich an euch stellte, waren
lediglich ein Test.“
„Ein Test?“ fragte Eragon verwirrt.
„Es steht allerdings die wichtigste aller Fragen noch aus!“
Kuthian wandte sich an den Drachenreiter. „Diese geht an dich,
Eragon und ich möchte, das du sie mir aufrichtig und vor allem
in Anwesenheit von Saphira beantwortest: Du sagtest mir vorhin,
du wärst bereit alles für Saphira zu tun. Wärst du auch bereit,
dein menschliches Leben für sie... zu opfern?“
„Du willst mich umbringen!?“ Eragon sprang auf und zog Brisingr.
Auch Saphira bäumte sich schützend vor ihrem Drachenreiter auf
und knurrte. „Und ich hatte schon angefangen zu glauben, du
würdest es wirklich gut mit uns meinen!“
„Beruhigt euch beide wieder! Habe ich mit einem Wort erwähnt,
das ich dich töten will?“ donnerte Kuthian’s Stimme durch die
Halle. „Denk doch mal nach! Dein Tod würde Saphira mitreißen und
davon hätte wirklich niemand etwas! Ich habe dich gefragt, ob du
dein MENSCHLICHES Leben für sie opfern würdest.“
„Erkläre uns das genauer und lass dabei dieses mysteriöse
Gefasel!“
„Dumme Sterbliche...“ grunze Kuthian. „Also gut! Die Götter
haben dich und deine Drachendame beobachtet, Eragon. Sie
unterbreiten dir daher ein Angebot, was sie zuvor bei noch
keinem sterblichen Wesen getan haben! Sie geben DIR die Chance
das Volk der Drachen wieder auferstehen zu lassen!“
>>WAS???<< sprachen Saphira und Eragon gleichzeitig.
„Wie soll das gehen?“ fragte Eragon. „Dazu müssten Saphira und
ich zur selben Rasse gehören, denn ansonsten stelle ich mir das
ziemlich schwierig vor!“
„Ganz genau, Eragon! Du hast es begriffen!“ lächelte Kuthian.
„Und genau DA komme ich ins Spiel! Was würdest du sagen, wenn
ich dir die Gelegenheit gebe, für Saphira das zu sein, was sie
sich am meisten wünscht?“
Eragon wusste nicht mehr was er sagen sollte und selbst seiner
Drachin fehlten die Worte.
„Überlege es dir gut, Eragon! Brom und seine Saphira bekamen
diese Chance nicht, aber ihr beide, könntet das fortführen was
diesen beiden armen Seelen nicht vergönnt war. Ist dir deine
Drachendame soviel wert, das du dein menschliches Leben für sie
aufgeben würdest?“
„I... ich.“ stammelte Eragon und blickte seine Drachin an. Sie
würden zur selben Rasse gehören. Insgeheim hatte Eragon immer
davon geträumt, wie es wohl wäre ein Drache zu sein und jetzt
stand ihm diese Möglichkeit plötzlich offen! Aber andererseits,
konnte er sein menschliches Leben einfach so aufgeben? Er hatte
doch noch so viele andere Dinge vor gehabt. „Wäre ich als
Drache, noch immer die selbe Person?“
„Selbstverständlich! Deine Persönlichkeit sowie deine gesamten
Erinnerungen bleiben dir erhalten. Doch dein Körper und deine
Seele, wird das eines Drachens sein.“
„Ich wäre nie wieder ein Mensch, nicht war?“
„Du wärst für den Rest deines natürlichen Lebens ein Drache.“
Nickte Kuthian. „ABER! Ich könnte dir einen Zauber beibringen,
der dich für kurze Zeit wieder deine menschliche Gestalt
annehmen lässt.“
„Wie lange würde dieser Zauber halten?“
„Nicht länger als ein Tag. Dann verfliegt seine Wirkung.“
Eragon überlegte angestrengt.
>>Eragon...<< sprach plötzlich Saphira. >>Du musst das nicht für
mich tun!<<
„Saphira?“
>>Du bist noch jung und hast deine ganze Zukunft vor dir,
Kleiner. Such dir eine Partnerin unter deinesgleichen und wirf
dein Leben nicht für eine törichte Drachendame weg.<<
„Saphira... ich habe mich längst entschieden!“ sprach Eragon und
umarmte ihren Hals. „Ich liebe dich!“
Saphira’s Herz hüpfte vor Freude und Eragon sah die gesamte
Liebe für ihn in ihren Augen funkeln. Mit einem Lächeln an
Kuthian gewand sagte er schließlich: „Ich bin bereit für Saphira
mein menschliches Leben zu opfern!“
Kapitel 3
Die Sonne stand tief und es begann zu dämmern,
als eine leichte Briese vom Westen herüber wehte und den Wüstensand
aufwirbelte. Die beiden Geier, die am Himmel ihre Bahnen kreisten,
wurden von dem Sand allerdings nicht irritiert. Ihre mögliche Mahlzeit,
die bewegungslos auf dem Wüstenboden lag, sah für sie sehr viel
versprechend aus. Allerdings kannten sie diese Tierart und das war auch
der einzige Grund dafür, wieso sie es noch nicht riskierten, sich auf
dieses geschwächte Tier hinabzustürzen, da es ziemlich respekteinflößend
auf sie wirkte.
Nachdem eine weitere Stunde verging, ohne das sich das Tier regte,
beschlossen die Geier nicht länger zu warten. Sie glitten immer tiefer,
bis einer von den beiden auf den blauen Schuppen dieser merkwürdigen
Kreatur zum landen kam.
Als sie nach einer Möglichkeit suchten, um an das weiche Fleisch zu
gelangen, das von den harten Schuppen bedeckt wurde, bemerkten sie, wie
sich die Kreatur plötzlich regte. Von Panik ergriffen, hoben sich die
Geier hastig in die Luft, um nicht selbst noch als Mahlzeit zu enden.
Eragon spürte, wie sich die Vögel mit lautem Geschrei davon machten und
blickte mit einem brummenden Schädel auf. Er wusste nicht wo er sich
befand und blickte den Geiern hinterher. Doch etwas war komisch! Obwohl
die Vögel mittlerweile wieder hoch oben am Himmel kreisten, konnte er
ganz genau fast jede ihrer einzelnen Federn erkennen, als wären sie
direkt vor ihm. Er nahm auch Farben plötzlich ganz anders war. Blaue
Farbstrukturen waren weit mehr hervorgehoben und es erinnerte ihn an das
Erlebnis, wie er damals durch Saphiras Augen blickte, als sie ihren
Geist miteinander verschmolzen hatten, nur war jetzt noch alles sehr
viel intensiver. Am bizarrsten aber fühlte sich sein ganzer Körper an,
als wäre er gewachsen und viel schwerer geworden. Eragon versuchte sich
aufzusetzen, doch sein Körper gehorchte ihm nicht richtig. Er fühlte
sich, wie nach einer durchzechten Nacht mit Zwergenkönig Orik.
>>Was ist nur mit mir los?<< fragte er sich und starrte gedankenverloren
auf seinen Schweif. Einige Minuten verstrichen und er beobachtete seinen
Schweif dabei, wie er sich gemächlich hin und her bewegte.
>>Augenblick mal! Seit wann habe ich denn…<<
Das letzte, an das sich Eragon noch erinnerte war, das er sich im Tempel
plötzlich unglaublich schwach fühlte und auf die Knie sank.
Anschließend, wurde ihm schwarz vor Augen.
Eragon versuchte aufzustehen und sah an seinen Körper hinunter. Er
konnte es kaum glauben, er war wirklich ein Drache und soweit Eragon
erkennen konnte, war seine Schuppenfarbe fast wie die von Saphira, nur
etwas dunkler und nicht ganz saphirfarben. Die Klauen und Hörner, sowie
die Stacheln waren weis.
Am meisten faszinierten ihm die Flügel. Sie waren sehr groß und ihre
Membranen waren beinahe durchsichtig, aber nicht völlig. Sie waren mit
feinen Äderchen durchzogen und hatten das selbe blau, wie seine
Schuppen. Eragon konnte sie fühlen, doch er hatte keine Ahnung, wie er
sie richtig zu benutzen hatte und stolperte über sie.
>>Das ist gar nicht so einfach, wie ich dachte!<< grummelte er genervt.
>>Wo ist überhaupt dieser dumme Tempel und vor allem Saphira?<<
Eragon schaute sich um und erblickte den Tempel schließlich in einiger
Entfernung und tapste unbeholfen los.
>>Was ist passiert?<< dachte Saphira, als sie ihre Augen auf schlug.
>>Gerade waren wir noch alle im Tempel und im nächsten Augenblick werde
ich plötzlich hier draußen wach...<<
>>Saphira! Ist alles in Ordnung?<< sprach plötzlich Eragons Stimme in
ihrem Kopf. Seltsam... seit wann klang seine Stimme so kraftvoll?
>>Ja, ich…<< antwortete sie und schaute sich nach ihm um.
In genau diesem Augenblick trafen sich ihre Blicke. Beide standen wie
angewurzelt da, als habe sie der Blitz getroffen und starrten sich mit
großen Augen an. Saphira konnte nicht glauben, was sie da sah. Vor ihr
stand ein wunderschöner junger Drache. War das Eragon? IHR Eragon?
>>Das ist nicht möglich!<< dachte sie.
Dem Aussehen nach zu urteilen, schien dieser Drache im selben Alter wie
Saphira zu sein. Seine Schuppen hatten so ein schönes blau! Diese
Muskeln! Und vor allem diese Flügel! Saphira hatte mit vielem gerechnet,
doch das übertraf ihre Erwartungen noch bei weitem.
Eragon erging es nicht viel anders. Er konnte seine Augen kaum noch von
ihr abwenden. Saphira war das bezauberndste weibliche Wesen, das er
jemals gesehen hatte. Es war sehr eigenartig Saphira aus dieser neuen
Perspektive zu sehen. Er hatte nun die selbe Größe wie sie. Vielleicht
war er sogar ein kleines Stück größer, aber das konnte auch täuschen, da
Eragon deutlich massiger und muskulöser gebaut war.
Zweifelsohne empfand er Saphira schon immer als eine sehr schöne
Drachin, doch jetzt wo Eragon kein Mensch mehr war, sondern selbst ein
Drache, begann er sie nun mit ganz anderen Augen zu sehen. Wie konnte er
sich nur jemals in Arya verlieben? Dachte er bei sich und fand die Elfe
mit einen Male vollkommen unattraktiv.
>>Kleiner...? Bist du das?<< fragte Saphira, als sie ihre Sprache wieder
fand.
>>Ich glaube, „Kleiner“ passt jetzt nicht mehr.<< antwortete Eragon mit
einem drachischem Lächeln.
>>Eragon, ist das ein Traum?<<
„Oh, nein! Du träumt keineswegs, Saphira!“ antwortete ihnen eine
bekannte Stimme. „Entschuldigt bitte dafür, das ich euch beide einfach
so aus dem Tempel geschafft habe, aber für zwei ausgewachsene Drachen,
wäre es darin wohl zu eng geworden.“
>>Kuthian?!<<
„Wer sollte es sonst sein?“ sagte er und blickte Eragon zufrieden an.
“Zunächst kann ich euch beiden erfreut mitteilen, das der Zauber ein
voller Erfolg war und es mit der Magie überhaupt keine Probleme gegeben
hat. Eragon, du gehörst nun zur selben Art, wie Saphira. Wie fühlst du
dich?“
>>Eigenartig...<< sagte er. >>Dieser Körper fühlt sich so fremdartig
an.<<
„Das ist verständlich! Aber keine Sorge, bald wird dir dieser neue
Körper so vertraut sein, als wärst du vorher nie etwas anderes gewesen,
glaub mir!“ sprach er und wandte sich an die Drachin. „Saphira, aus
deinen Blicken heraus schließe ich, das es dir gefällt, was du siehst.“
Saphira antwortete nicht, doch ihre Wangen verfärbten sich rötlich, was
Kuthian sichtlich amüsierte.
„Bevor ich euch nun verlasse, möchte ich dir, Eragon noch einen
Zauberspruch mit auf den Weg geben, der dich für kurze Zeit wieder,
deine alte Gestalt annehmen lässt.“ Erklärte Kuthian. „Der
Verwandlungsspruch lautet: Rakuunà Sove. Und vergiss nicht: Dieser
Zauber unterliegt einer zeitlichen Begrenzung, von nur einem Tag. Setze
ihn von daher klug ein, wenn du ihn gebrauchen solltest! Oh, und falls
du deine menschlichen Habseeligkeiten vermisst. Sie sind in Saphiras
Satteltaschen verstaut.“
>>Ich werde es mir merken.<< sagte Eragon. >>Vielen Dank für das, was du
für uns getan hast.<<
„Ich habe nur getan, was meine Aufgabe war, junge Drache. Dann lebt
wohl, Saphira Bjartskular und Eragon Schattentöter. Bis uns das
Schicksal wieder zusammenbringt.“
Und mit diesen Worten verschwand Kuthian.
>>Und, was denkst du, Saphira?<<
Sie schritt um ihn herum und musterte seine Flügel, Klauen und seine
gesamte Form genauer. Sie konnte es immer noch kaum fassen, das ihr
Reiter nun ein Drache war.
>>Nun… auch wenn ich diese Situation jetzt mehr als eigenartig finde.<<
sprach sie leise. >>Bist du trotzdem ein wirklich sehr Gutaussehender
Drache.<<
>>D...danke.<< antwortete Eragon verlegen. >>Du siehst auch absolut
umwerfend aus, Saphira....<<
Saphira errötete erneut.
Eragon lächelte und trat auf Saphira zu, doch dann stolperte er über
seine riesigen Flügel, die er über den Boden mit sich schleifte und viel
der Länge nach hin.
Als Saphira ihn fragend ansah, antwortete er: >>Ich habe ...ähm ein paar
Probleme. Ich befürchte, du musst mir das Gehen neu beibringen.<<
Saphira konnte sich nicht helfen und ihr Lachen erfüllte Eragons Geist.
Das Mondlicht schien auf die Schuppen, der beiden Drachen hinab, als sie
Seite an Seite durch die Nacht wanderten. Saphira erklärte ihm, das sein
Schwanz der Schlüssel war, um nicht vorne über zu kippen und beim gehen
die Balance zu halten. Durch diese Kenntnisse schaffte es Eragon
halbwegs vernünftig zu laufen, aber da er noch nicht wusste, wie er die
Flügel richtig anlegen konnte, stolperte er hier und da über sie, was
bei Saphira jedes Mal ein Lachen hervorbrachte.
Als sie schließlich eine Wasserstelle entdeckten, eilten sie, ausgedörrt
wie sie waren, hinüber um ihren Durst zu stillen. Während Saphira dabei
war zu trinken, bemerkte sie das Eragon mit neuen Problemen zu kämpfen
hatte.
Er beobachtete, wie Saphira mit ihrer Zunge das Wasser in ihr Maul
„schaufelte“, doch dieses Kunststück beherrschte Eragon noch nicht und
das Wasser entwich ihm bei seinen verzweifelten Versuchen zu trinken aus
seinem Maul.
>>VERDAMMT NOCHMAL!<< fluchte er, als er auch beim vierten Versuch
kläglich scheiterte.
Saphira amüsierte sich köstlich über Eragon Ungeschicklichkeit und
versuchte ihr Lachen zu unterdrücken.
>>Komm schon, Eragon! Du erwartest doch wohl jetzt nicht allen ernstes
von mir zu glauben, das du noch nicht einmal in der Lage bist, als
Drache zu trinken?!<< Sprach sie und konnte sich ihr Lachen nicht länger
verkneifen. Eragon war es so unendlich peinlich, das es ihm die
Schamesröte ins Gesicht trieb.
>>Saphira, ich weiß nicht, wie ich diese neue Zunge benutzen soll!<<
grunzte Eragon verärgert. >>Ich finde es sehr schwierig all diese, für
dich simpel erscheinenden Dinge zu tun, weil ich mein ganzes Leben lang
auf völlig andere Muskeln und Methoden angewiesen war.<<
>>Nun, dann denke ich, habe ich dich noch viel zu lehren, Eragon.<<
Er seufzte: >>Ich muss wohl einen ziemlich jämmerlichen Drachen abgeben,
was?<<
>>Nein, das tust du nicht!<< antwortete sie und rieb mit ihrer Schnauze,
die seine. >>Ich werde dir alles beibringen, was du als Drache wissen
musst. Habe nur ein wenig mehr Selbstvertrauen, Kleiner. Wir schaffen
das schon!<<
>>Wieso sagst du eigentlich immer noch „Kleiner“ zu mir? Ich bin beinahe
größer wie du! Sollte ich mittlerweile nicht aus diesem Namen
herausgewachsen sein, meine „Kleine“?<<
>>Du kannst mich nennen, wie du willst.<< kicherte die blaue Drachin
vergnügt. >>Aber ich werde dich IMMER, Kleiner nennen und sei es nur
allein darum, um dich damit zu ärgern.<<
>>Wie toll...<< stöhnte Eragon. >>Ich hoffe, das du eine gute Lehrerin
bist, denn ich brauche jetzt wirklich langsam etwas zu trinken.<<
>>Dann lass uns damit direkt anfangen. Nachher verdurstest du mir
noch.<< meinte Saphira. >>Es ist für dich schon einmal sehr vom Vorteil,
das du damals mit Oromis die Drachen Anatomie studiert hast, andernfalls
würde es für dich möglicherweise noch sehr viel schwieriger werden.<<
Es dauerte seine Zeit, bis Eragon es schaffte seine Zungenbewegungen zu
meistern. Saphira erklärte ihm, wie immens wichtig eine Drachenzunge ist
und welche wichtigen Rollen sie spielte. Angefangen bei der
Körperpflege, bis hin zum kontrolliertem Feuerspeien. Saphira
demonstrierte ihm die verschiedensten Zungenbewegungen, was sie
unfreiwillig komisch aussehen ließ und Eragon einige Grinser entlocken
konnte. Dennoch, waren ihre Ratschläge für Eragon äußerst hilfreich und
nachdem Eragon endlich wusste, wie er seine Zunge zu benutzen hatte,
trank er wenig später mühelos aus dem Wasserloch, als hätte er es schon
immer gekonnt.
>>Das geht jetzt schon viel besser! Danke, Saphira!<< sagte Eragon,
nachdem er sich erfrischt hatte.
>>Wir sind für heute noch nicht mit dem Unterricht fertig, Kleiner!<<
antwortete sie und wies auf Eragons Flügel, die mittlerweile von Dreck
und Staub besudelt waren.
>>Ah... richtig.<< murmelte er und probierte die Flugmuskeln zu bewegen,
doch er schaffte es kaum einen Flügelschlag zu vollbringen.
>>Du musst deinen Rücken strecken, Eragon. Fühle wie sich die
Flugmuskeln spannen und versuche sie zu bewegen.<<
>>Es geht nicht, Saphira... ich finde nicht die richtigen Muskeln.<<
Saphira schnaufte und schritt zu Eragons rechtem Flügel. Dort platzierte
sie ihren Kopf unter die Membrane, welches sich nahe des Gelenkes befand
und begann den Flügel auf und ab zu bewegen. Staub und Schmutz rieselten
zu Saphira’s Unbehagen auf ihr nieder, doch es klappte. Eragon fand den
richtigen Muskel um seinen Flügel bewegen zu können und konnte ihn nun
von ganz alleine schlagen. Da er jetzt wusste, auf was er zu achten
hatte, gelang es ihm auch nun seinen linken Flügel zu schlagen.
>>Saphira, schau! Ich kann es! Ich kann es!<<
Saphira lachte über Eragons kindliche Rufe und schlug ihre eigenen
Flügel zum Schein, um Eragon ein wenig aufzuziehen.
>>Machst du dich etwa schon wieder über mich lustig?<< fragte Eragon und
stieß dabei ein spielerisches Knurren aus.
>>Vielleicht...<< antwortete sie mit ihrem eigenem verspielten Knurren.
>>Du benimmst dich gerade wie ein kleines Kind, das seine Flügel zum
ersten mal entdeckt hat.<<
>>Nun, so gesehen stimmt das sogar fast.<< antwortete er zurück.
>>Also zurück zur Lektion.<< sprach sie und streckte ihre Flügel aus.
>>Nun versuche das was ich dir jetzt zeige nachzumachen. Senke die
Flügel langsam nach unten, dicht an deine Seite, bis du den richtigen
Winkel erreichst, an dem du nun wissen solltest, was als nächstes zu tun
ist.<<
Eragon amte ihre Bewegungen nach und hatte es bald heraus, wie er seine
Flügel bequem an seinen Körper falten konnte.
>>Ist das so richtig?<< fragte Eragon.
>>Das ist perfekt, Eragon! Jetzt musst du deine schönen Flügel nicht
länger durch den Dreck ziehen. Von jetzt an, hast du komplette Kontrolle
über deine Flügel und wirst auch bald das Fliegen lernen können.<<
Eragons Augen weiteten sich und ein besorgtes Grunzen entfuhr ihm.
Kapitel 4
>>Glaubst
du, das ich dafür schon bereit bin?<< fragte Eragon skeptisch.
>>Keine Sorge, Kleiner. Deine Flügel sollten in der Lage sein dich
mühelos in die Luft zu heben, sie sind groß und kräftig genug. Also,
breite jetzt deine Flügel aus und folge ganz einfach meinen
Bewegungen. Es wird vielleicht am Anfang etwas dauern, bis du sie
gleichmäßig schwingen kannst.<<
Eragon begann mit den Flügeln zu flattern, wobei der linke Flügel,
gegenüber dem Rechten zunächst leicht zurück fiel.
>>Schlage die Flügel ausgeglichener. Wenn du in der Luft die Balance
einmal verlierst, wirst du fallen wie ein Stein.<<
>>Wirklich sehr ermutigend...<< knurrte Eragon.
Er konzentrierte sich und versuchte es nochmals, seine Flügel in
Harmonie zu schlagen.
>>Genau so, Eragon! Folge jetzt exakt meinem Rhythmus und ängstige
dich nicht, wenn du plötzlich unerwartet abhebst. Deine Flügel
werden dich in der Luft halten, wenn du sie sanft und ruhig
schlägst.<<
>>Ok, ich versuche es.<< Eragon atmete tief ein und beschleunigte
seinen Flügelschlag, bis er sich an dem von Saphira angleichte. Dann
steigerte sie langsam ihr Tempo und Eragon tat es ihr gleich. Kurz
darauf schwang sich Saphira in die Luft. Als sich Eragon dann erneut
an ihr Tempo anpasste, hob auch er schließlich vom Boden ab.
>>Hervorragend, Eragon! Du lernst schnell!<< freute sie sich. >>Nun
machen wir ein paar einfache Grundübungen. Verlagere dein Gewicht
nach vorne um vorwärts zu fliegen.<<
Eragon probierte es und trieb auf Saphira zu.
>>Gut! Dein Schwanz ist praktisch dein Ruder, mit ihm kannst du dich
in die verschiedenen Richtungen drehen. Bewege ihn mal nach links,
rechts, nach oben und dann nach unten.<<
Eragon befolgte Saphiras Anweisungen und flog bald darauf einige
Kreise um und über Saphira.
>>Um deine Geschwindigkeit zu steigern, schlage deine Flügel ein
wenig härter und schneller. Wenn du das Tempo zügeln möchtest neige
deine Flügel einfach zurück.<<
Eragon beschleunigte seinen Flug und brauste um Saphira herum, bis
er schließlich sein Tempo verlangsamte und wieder mit gemächlichen
Flügelschlägen vor Saphira schwebte.
>>Das ist toll!<< sprach Eragon und brüllte seine Aufregung laut
heraus. Das Gefühl war unbeschreiblich! Er flog und diesmal nicht
wie gewohnt auf Saphira’s Rücken, sondern mit seinen eigenen Flügeln
und er genoss es in vollen Zügen.
>>Ja, das ist es, Eragon! Und jetzt verstehst du auch, wieso wir
Drachen das fliegen so lieben!<< stimmte Saphira zu und war sehr
stolz auf ihren Reiter.
Der Wind sauste an Eragon vorbei, als er flog und wurde dabei immer
selbstsicherer. Er begann Saphira’s Flugmanöver zu nachzuahmen und
führte Drehungen und Rollen in der Luft durch. Eragon fühlte, wie er
immer agiler wurde. Er konnte bald darauf scharfe Kurven fliegen und
wusste, wie er seinen Flug in der Luft abrupt zum stoppen bringen
konnte.
>>Du bist eine hervorragende Lehrerin, Saphira.<< sprach Eragon
schließlich.
>>Und du bist ein hervorragender Schüler. Ein wahres Naturtalent.<<
entgegnete die blaue Drachin und ihre Augen strahlten voller Freude.
>>Darum denke ich, können wir nun ruhigen Gewissens einen Schritt
weiter in unserer Lektion gehen.<<
>>Einen Schritt weiter?<< fragte Eragon.
>>Genau! Bei dieser überlebenswichtigen Lektion geht es um die
Nahrungsbeschaffung.<< sprach Saphira und fuhr fort. >>Das heißt,
wir beide gehen auf die Jagd.<<
>>Saphira! Du weißt doch ganz genau, das ich kein Fleisch esse!<<
protestierte Eragon. >>Ich kann kein Tier einfach so erlegen und es
dann anschließend verspeisen!<<
Saphira kicherte bei Eragons Antwort. >>Drachen können nicht ohne
Fleisch überleben, Eragon. Sicherlich könntest du versuchen, für ein
paar Tage auf einer Weide zu grasen, wie ein Rind, aber deine
Instinkte werden dich irgendwann übermannt haben und dein Verlangen
nach Fleisch wird immer stärker werden. Ich würde darauf wetten, das
du dich sogar jetzt schon nach einem schönen saftigem Stück Fleisch
sehnst. Du musst wissen, das selbst erlegte Beute immer am
allerbesten schmeckt, besonders wenn sie dabei noch ganz frisch ist
und Drachen haben selbstverständlich einen sehr viel besseren
Geschmackssinn, als Menschen!<<
Saphira blickte Eragon für einen Moment lang an und musste lachen,
als sie sah, das ihm das Wasser im Maul zusammenlief.
>>Eragon!<<
Eragon zuckte zusammen, als er wie aus einem Trancezustand
aufschreckte und bemerkte, was er da gerade getan hatte. >>N…nun die
Art und Weise, wie du es beschrieben hattest, klang
zugegebenermaßen... interessant. Aber ich möchte das nicht und
außerdem lässt sich das mit meiner Ausbildung zum Drachenreiter
nicht vereinbaren!<< versuchte er sich rauszureden.
>>Das stimmt nicht, Eragon. Diese, meiner Meinung nach vollkommen
sinnlose Einstellung hatte nicht direkt etwas mit deiner
Reiterausbildung zu tun. Sie war ein Nebeneffekt, den du aus deiner
Ausbildung mitgenommen hattest.<< sprach Saphira. >>Du weißt doch
wie es in der Natur zugeht: Es geht immer ums Fressen und Gefressen
werden. Jäger und Gejagte. Jetzt wo du selbst zum größten Raubtier
aller Zeiten gehörst ist alles andere somit nun deine Beute. Nicht
umsonst hat die Natur uns Drachen mit Klauen und Reißzähnen
ausgestattet. Darum ist es auch absolut sinn und zwecklos, sich
seinen Instinkten widersetzen zu wollen.<<
>>Schon gut! Schon gut, Saphira! Ich habe dich verstanden!<< grollte
Eragon genervt. >>Aber es wird mir trotzdem keinen Spaß machen!<<
>>Oh, Eragon! Ich bin mir vollkommen sicher, das du die Jagd lieben
wirst! Unterschätze nicht deine Drachennatur!<<
>>Das sagst DU! Aber woher willst du denn überhaupt so genau wissen,
ob ich tatsächlich Instinkte habe? Vielleicht besitze ich ja
überhaupt keine.<< knurrte Eragon störrisch und stieß Rauch aus
seinen Nüstern aus, als er auf eine Antwort wartete.
>>Aber natürlich hast du Instinkte. All diese Knurrlaute, die du
unbewusst von dir gibst sind Instinkt gesteuert.<< Eragon grunzte
überrascht, was Saphira mit einem amüsiertem Grollen erwiderte.
>>Drachen zeigen ihre Emotionen ein wenig anders, als Menschen. Wir
benutzen unter anderem verschiedene Laute um zu zeigen, ob wir
traurig, aufgeregt, verwirrt oder verärgert sind, nur um mal ein
paar Dinge aufzuzählen.<< erklärte sie und kicherte plötzlich.
>>Gerade eben ließest du sogar ohne überhaupt daran gedacht zu
haben, Rauch aus deiner Nase aufsteigen. Wenn das nicht
instinktgesteuert war, was war es dann?<<
Eragon ließ geschlagen den Kopf hängen. >>Gut, habe ich also
Instinkte... dann vermute ich, das ich wohl nicht im Stande sein
werde, mich vom Fleisch auf ewig fern zu halten. Da können wir also
genauso gut auch gleich zur Jagd aufbrechen...<<
>>Guter Drache! Das klingt doch endlich vernünftig.<< sagte Saphira
und betrachtete anschließend Eragons Flügel, die immer noch ziemlich
dreckig waren, mit Argwohn. >>Ich hätte dich vorhin vielleicht nicht
mit schmutzigen Flügeln fliegen lassen sollen, da der Dreck das
Fliegen etwas erschweren kann. Darüber hinaus, sieht es einfach nur
ungepflegt aus. Darum möchte ich, das du deine Flügel putzt, bevor
wir aufbrechen und zwar so, wie ich es dir gezeigt habe.<<
>>Ok, Ebrithil!<< sprach Eragon ironisch und streckte ihr die Zunge
raus. Dann spreizte er seinen linken Flügel und wendete die
Zungentechnik an, die ihm Saphira beigebracht hatte um seinen Flügel
zu säubern. Er begann an der Flügelspitze und entfernte mit großer
Sorgfalt den Schmutz von seinem Flügel. Die Drachin sah ihm zunächst
noch recht geduldig zu, jedoch ließ sich Eragon beim Putzen sehr
viel Zeit.
>>Eragon, das dauert zu lange und dein zweiter Flügel ist auch noch
nicht fertig. Ich helfe dir beim putzen, sonst wirst du noch bis
morgen früh damit beschäftigt sein.<< Sie näherte sich ihm, doch
Eragon trat unsicher einen Schritt zurück.
>>Ehm… Saphira, ich denke nicht, das es angebracht ist...<< Saphira
knuffte ihn mit ihrer Schnauze in die Rippen, was seinen Flügel
reflexartig hervorschnellen lies und noch bevor Eragon protestieren
konnte, machte sie sich auch schon an die Arbeit.
>>Stell dich nicht so an, wie ein kleines Kind. Ich mache dir deinen
Flügel schon nicht kaputt, ich putze ihn nur.<<
Zunächst wollte er das Gefühl von Saphiras rauen Zunge auf seiner
empfindlichen Membrane ignorieren, doch er musste sich eingestehen,
das es sich sehr angenehm anfühlte und begann vergnügt zu brummen.
Saphira schmunzelte bei Eragons Reaktionen.
>>Gefällt dir das, Kleiner? Es ist ein Jammer, das ich schon fertig
bin, nicht war?<< Sie lachte erneut, als sich Eragons Gesichtsfarbe
errötete. Er wollte doch überhaupt gar keinen Gefallen an so etwas
finden... diese blöden Instinkte spielten ihm einen Streich!
>>Du brauchst dich nicht zu schämen, Eragon. Dies war eine ganz
natürliche Reaktion.<< sprach Saphira sanft und stupste ihn an.
>>Gehen wir jagen.<<
Die beiden Drachen flogen hoch am Himmel und hielten nach möglicher
Beute Ausschau. Sie hatten die Wüste inzwischen weit hinter sich
gelassen und überflogen nun einen dicht bewachsenen Wald. Bei
Tageslicht, hätte man Eragon und Saphira womöglich entdeckt, doch im
Schutze der Dunkelheit, waren die Zwei hervorragend getarnt.
Eragon blieb während des Fluges nah an Saphira dran. Er mochte zwar
Instinkte haben, jedoch wusste er nicht genau, wie ein Drache jagt
und richtete seine gesamte Aufmerksamkeit auf die Drachin, um von
ihr das nötige Grundwissen für die Jagd zu erwerben.
>>Es wird Zeit für deine Lektion, Eragon.<< sagte Saphira, als sie
am Boden plötzlich zwei Wildschweine erblickte. >>Sobald du deine
Beute erspäht hast, lass sie nicht mehr aus den Augen und gehe erst
dann zum Angriff über, wenn du dir ganz sicher bist, in welche
Richtung sie sich als nächstes bewegen wird.<<
Eragon nickte Saphira zu und fixierte das Wildschwein, welches er
sich ausgesucht hatte.
>>Ok, ich habe diesen großen Eber im Auge, aber wie genau töte ich
ihn?<< fragte Eragon.
>>Lass dich einfach von deinen Instinkten leiten.<< antwortete sie.
>>Aber ich würde dir nicht raten jetzt schon anzugreifen, weil sie
sich viel zu dicht, am Waldesrand befinden und uns zwischen den
hohen Bäumen leicht entkommen können.<<
>>Hm... dann müssen wir versuchen sie anders zu kriegen.<< sagte
Eragon und stieg höher. >>Und ich habe da auch schon eine Idee!
Warte einen Moment!<<
>>Was hast du vor?<< fragte Saphira neugierig.
>>Warte es ab!<< antwortete er und kam wenig später mit einem großen
Felsbrocken zurück, den er in seinen Vorderklauen hielt. >>Wir
werden sie von dort herausscheuchen und versuchen sie auf die
Lichtung zu treiben!<<
>>Brilliante Idee!<< rief Saphira. >>Zugegeben eine etwas
ungewöhnliche Methode, aber es könnte klappen!<<
Eragon ging vorsichtig und mit fast lautlosen Flügelschlägen hinter
den Wildschweinen in Position, um von dort aus den Brocken über der
optimalen Stelle abzuwerfen. Als alles genau nach seinem Plan
verlief, ließ er den Gesteinsbrocken los, der mit einem lautem
Poltern auf dem Boden krachte und auf die Wildschweine zurollte.
>>Es geht los!<< rief er und beobachtete, wie die beiden Schweine in
Panik davon stürzten.
>>Holen wir sie uns!<< Saphira stieß brüllend vom Himmel hinab, und
peilte das kleinere Wildschwein an, während Eragon seiner eigenen
Beute hinterher jagte.
Saphira schnappte nach der Wildsau, doch sie entwischte ihr um
haaresbreite. Als die Drachin kurz inne hielt, um nach Eragon zu
schauen, beobachtete sie ihn dabei, wie er rasch den Eber einholte.
Da Eragon zumindest als Drache, ein noch völlig unerfahrener Jäger
war und nicht, wie früher Pfeil und Bogen zur Hand hatte, versuchte
er seine Beute mit seinen Klauen zu packen. Er stieß nieder und
umklammerte das Wildschwein mit den Armen wobei er seine Krallen wie
Dolche in dessen Leib rammte.
>>Nicht so, Eragon! Töte ihn mit einem Nackenbiss!<< rief Saphira zu
ihm hinüber und wandte sich ihrer eigenen Beute wieder zu, bevor sie
ihr entkam. Diesmal war die Drachin jedoch erfolgreicher, als sie
den schutzlosen Nacken der Wildsau erneut angriff und ihr Schicksal
mit einem schnellen Biss ihrer kräftigen Kiefer besiegelte.
Mit der leblosen Wildsau in ihren Kiefern, drehte sie sich zu Eragon
um. Dieser mühte sich ab, seine Beute festzuhalten, die überhaupt
nicht daran dachte, sich ohne einen Kampf geschlagen zu geben.
Plötzlich biss ihm der Eber in die Pfote und Eragon ließ das
Wildschwein erschrocken los. Diese Chance zu Flucht ließ es sich
nicht entgehen und flitzte davon.
Eragon wurde wütend. Er wusste, das Saphira ihn beobachtete und
wollte sich vor ihr kein weiteres Mal blamieren. Der junge Drache
schwang sich in die Lüfte und raste dem Wildschwein hinterher.
>>Bleib an ihn dran, Kleiner! Du kriegst ihn!<< feuerte sie ihn an.
Eragon beschleunigte seinen Flug und trieb sich mit harten
Flügelschlägen voran, um sich dieses verflixte Wildschwein zu
schnappen. Hier ging es jetzt nicht mehr allein darum, den Hunger zu
stillen, Eragon wollte nur noch dieses Schwein zur Strecke bringen.
Die Reihen der Bäume wurden immer dichter und dichter, doch Eragon
achtete kaum noch auf die Umgebung. Sein gesamtes Sichtfeld, war nur
noch auf den wilden Eber gerichtet.
>>Du gehörst mir!<< grollte Eragon und machte sich bereit den Eber
zu packen. Doch mit einem Male und vollkommen unerwartet verlor
Eragon den Eber plötzlich aus dem Blickfeld, als dieser einen Haken
schlug.
>>ERAGON!<< schrie Saphira.
Jetzt erst bemerkte Eragon entsetzt, das er dem Eber bis in den Wald
hinein gefolgt war. Nur wenige Meter trennten ihn noch von einem
riesigen Mammutbaum, der sich direkt vor ihm auftürmte. Der dichte
Wald und das Blätterdach der Bäume mit ihren dicken Zweigen
hinderten ihn daran, dem gewaltigen Baumstamm auszuweichen. Eragon
schloss die Augen und drehte seinen Kopf zur Seite, um sich auf die
kommende Kollision vorzubereiten.
Der darauf folgende Knall donnerte durch den Wald und schreckte
sämtliche Vögel aus ihren Nestern auf.
>>Bei allen Göttern, Eragon!<< Saphira ließ geschockt ihre Mahlzeit
fallen und landete blitzartig vor dem Waldesrand. In voller Sorge um
ihren Gefährten stürmte sie zwischen den Bäumen hindurch. Als sie
ihn fand stockte ihr für einen Moment der Atem. Sein Gesicht war
blutig aufgeschürft und seine Bauchschuppen völlig zerschrammt.
>>Eragon!<< wimmerte Saphira und ließ sich neben ihn nieder. >>Bist
du ok? Sag etwas!<<
Eragon blinzelte und versuchte seinen Kopf zu heben. Ein stechender
Schmerz durchfuhr ihm und zwang ihn liegen zu bleiben.
>>Ich war so leichtsinnig...<< seufzte er. >>Meine Brust schmerzt
und mein Gesicht ist wie zerschnitten. Als Mensch hätte ich so einen
Aufprall bestimmt nicht überlebt...<< Eragon stöhnte und probierte
erneut aufzustehen. >>Ich glaube nicht, das mir etwas gebrochen ist,
aber es tut trotzdem höllisch weh...<<
>>Es ist meine Schuld!<< murmelte Saphira. >>Ich hätte bei dir sein
müssen.<<
>>Nein, es war mein eigener Fehler.<< sprach Eragon. >>Ich hätte
besser auf die Umgebung acht geben sollen.<<
Saphira näherte sich ihm und begann die Wunde in seinem Gesicht zu
lecken.
>>Warum in der Welt habe ich das getan?<< fragte er. >>Alles worauf
ich mich konzentrieren konnte, war dieser verfluchte Eber. Aus
irgendeinem Grund wollte ich ihn einfach nur noch erlegen, aber ohne
ihn wirklich fressen zu wollen.<<
>>Ich weiß den Grund.<< antwortete Saphira. >>Wenn männliche Drachen
mit einem Weibchen zusammen jagen, konkurrieren sie miteinander und
versuchen ihr jeweils die größtmögliche Beute zu fangen, die sie
ergattern können. Das tun sie, um das Weibchen zu beeindrucken.<<
>>Also, dann habe ich dabei wohl zweifellos versagt, was?<< lachte
Eragon schmerzverzerrt. >>Ich kann mir nicht vorstellen, das du
jetzt sonderlich beeindruckt von mir bist.<<
>>Du wirst überrascht sein!<< kicherte sie. >>Ich war von dir
beeindruckt. Ich fand, das du dich für dein erstes Mal, recht gut
geschlagen hast... außer natürlich, das du am Ende den Baum gefangen
hast und nicht das Wildschwein.<<
Eragon brummte während Saphira ihre Schnauze an die seine rieb. >>Du
hast mir wirklich einen Schrecken eingejagt, Liebster.<<
>>Liebster???<< fragte Eragon überrascht. So hatte sie ihn noch nie
genannt. >>Was ist denn auf einmal aus ‚Kleiner’ geworden?<<
>>Hmm…?<< antwortete Saphira unschuldig. >>Oh, entschuldige!
Natürlich, werde ich dich weiterhin so nennen. Ich weiß doch, das du
‚Kleiner’ bevorzugst.<<
>>Du bist wirklich ein Biest, weißt du das?<< Eragon rollte mit den
Augen.
>>Ich liebe dich auch!<< antwortete Saphira mit einem frechen
Grinsen.
Eragon lächelte zurück und blickte sich auf die Pfoten. Plötzlich
keuchte er, als er sich die Fläche seiner rechten Pfote genauer
betrachtete. Dort befand sich eine kleine Stelle von Schuppen, die
genau die selbe Farbe und Form hatte, wie das Gedwey Ignasia.
>>Saphira, das glaubst du nicht...<< sprach Eragon. >>Sieh dir meine
Pfote an!<<
Die blaue Drachin machte große Augen.
>>Das Gedwey Ignasia... es ist immer noch da.<< antwortete sie.
>>So etwas hat es in der ganzen Geschichte der Drachen noch nie
gegeben!<<
>>Das ein Drachenreiter zum Drachen wird, hat es in der Geschichte
bisher genauso wenig gegeben.<< ergänzte Eragon. >>Ich probiere mal
etwas aus...<<
>>Waíse Heill!<< Das Gedwey Ignasia begann zu leuchten und die
Wunden an seinem Gesicht verschwanden und auch die Bauchschuppen
sahen wieder völlig makellos aus. >>So wie es aussieht, sind auch
meine magischen Kräfte noch immer vorhanden.<<
>>Erstaunlich! Ein Drache mit den magischen Fähigkeiten eines
Reiters.<< sprach Saphira.
Kapitel 5
Eragon öffnete am nächsten Morgen verschlafen
die Augen, als er durch ein grell blaues Licht geblendet wurde. Der
junge Drache bemerkte, das Saphiras blaue Schuppen die Sonnenstrahlen
reflektierten und ihr ein wunderschönes Farbenspiel auf die Schuppen
zauberte, doch das war längst nicht das einzigste was ihn überraschte.
Sein rechter Flügel war wie eine blaue lederne Decke über ihren Rücken
gelegt. Irgendwie musste ihm das versehendlich im Schlaf passiert sein,
jedoch es störte es Saphira offensichtlich nicht im geringsten, was er
anhand ihres glücklichen Gesichtsausdruckes feststellte. Es war ein
schönes Gefühl ihr so Nahe zu sein. Eragon blickte sie an und musste
lächeln, als sie sich im Schlaf an ihn schmiegte.
Einige Minuten später, wurde auch Saphira schließlich wach und öffnete
ihre Augen.
>>Ich habe selten so gut geschlafen.<< dachte sie an sich selbst
gerichtet und gähnte.
>>Guten Morgen, meine Schöne.<< knurrte Eragon fröhlich.
>>Guten Morgen, mein Kleiner.<< antwortete sie und leckte ihm leicht
über die Wange. >>Hast du gut geschlafen?<<
>>Ja, sehr gut sogar.<< sprach Eragon und nahm den Flügel von seiner
Drachin herunter, was Saphira allerdings sehr bedauerte, da sie gerne
ihre „Decke“ noch etwas länger behalten hätte. >>Ich bin nur etwas
hungrig. Dein Wildschwein, das wir uns gestern Abend geteilt haben, war
für mich doch etwas zu wenig. Wollen wir uns ein Frühstück fangen?<<
>>Du klingst heute wirklich sehr ehrgeizig!<< entgegnete Saphira und
musste lachen. >>Wenn man bedenkt, wie ereignisreich deine erste Jagd
verlief...<<
>>Darum will ich es ja auch diesmal richtig machen.<< Eragon errötete
verlegen. >>Aus Fehlern lernt man schließlich, nicht wahr?<<
>>Richtig! Wollen wir dann los?<< fragte die Drachin erfreut, als sie
ihre Flügel ausbreitete und sich in die Luft hob. Eragon blickte ihrer
eleganten Form noch für einen Moment nach, bis auch er sich schließlich
in die Lüfte begab.
Saphira erklärte Eragon während des Fluges erneut die wichtigsten
Regeln, auf die ein guter Jäger zu achten hat und dieses Mal würde sie
sich vergewissern ihn während der Jagd nicht eine Sekunde lang aus den
Augen zu lassen. Sie machte sich nach wie vor ein wenig Vorwürfe
darüber, das sie am Abend zuvor nicht genügend auf ihn aufgepasst hatte.
So etwas hätte ihr nicht passieren dürfen, doch Eragon tröstete sie und
meinte, das sie nicht so hart zu sich selber sein sollte, denn es war
doch noch alles glimpflich ausgegangen.
Für diese Jagd wählte Saphira jedoch eine Beute für Eragon aus, die
weniger wehrhaft war, als den wilden Eber und diese fand sie in einer
kleinen Gruppe Hirsche, die friedlich und nichts ahnend graste. Sie
beobachtete die Herde und wies schließlich auf zwei wohlgenährte
Hirsche, die als Beute perfekt in Frage kamen.
>>Nimm du den Rechten!<< sprach sie und fügte mit einem frechen Grinsen
hinzu. >>Diesmal aber den Hirsch, nicht den Baum!<<
Eragon stöhnte… wie lange wird sie ihm das wohl vorhalten? Natürlich
wusste er, das Saphira nur Spaß machte, doch dieser Unfall hatte seinen
Stolz ziemlich angeknackst. Darum hatte er sich fest vorgenommen, bei
seinem zweitem Jagdversuch mehr an sich zu arbeiten.
Eragon stürzte sich auf die verschreckte Hirschherde hinab und hatte
seine Beute direkt im Sichtfeld. Diesmal jedoch ließ er dabei die
Umgebung nicht leichtfertig außer acht.
Er ging in einen leichten Sinkflug über und streckte seine Klauen aus.
Eragon kam den flüchtenden Hirsch immer näher und näher, bis er
schließlich die Beute zu fassen bekam und überwältigte. Der Hirsch
kämpfte vergeblich gegen den eisenharten Griff des Drachen an, doch
dieser sank seinen Kopf hinab und tötete ihn mit einem schnellen
Genickbiss.
Saphira, die Eragons Handeln genau beobachtet hatte, kam wenig später
neben ihm zum Landen und hatte ihren eigenen Fang im Maul.
>>Eragon, du hast es geschafft!<< rief sie hocherfreut. >>Deine erste
selbst erlegte Beute. Herzlichen Glückwunsch!<<
Eragon grollte stolz, nachdem er Saphiras Worte hörte.
Beide Drachen genossen das schmackhafte Hirschfleisch. Saphira hatte
nicht gelogen, als sie sagte, das selbst gefangene Beute am besten
schmeckt. Die Jagd hatte sie noch sehr viel hungriger gemacht, als sie
vorher schon waren und ließen von den Hirschen nicht einmal die Knochen
übrig.
>>Ich hätte nie geglaubt, das ich wieder gefallen an Fleisch finden
würde.<< sprach Eragon und leckte sich das Blut von den Klauen.
>>Habe ich dir das nicht gesagt?<< antwortete sie mit einem
Augenzwinkern.
Plötzlich erhob sich Saphira und vollkommen unerwartet, spürte Eragon
einen leichten Schmerz in seiner Schwanzspitze. Als er überrascht hinter
sich blickte, sah er wie Saphira nach seinem Schwanz schnappte.
>>Saphira, was tust du da?<< fragte er verwirrt.
>>Ich spiele!<< antwortete sie. >>Glaedr hatte es nie gemocht, zu
spielen. Er war dafür aber auch zu alt, aber immerhin sind wir beide 6
Jahre alt.<<
>>Saphira, ich bin keine 6 Jahre!<< antwortete Eragon.
>>Nun, seit du in diesem Körper steckst bist du es. Jedenfalls
biologisch gesehen.<< erklärte sie. >>Du siehst keinen Tag älter aus als
ich und ich glaube auch, das Kuthian dies ganz bewusst getan hat, als er
dich in einen Drachen verwandelte. Also, warum amüsieren wir uns dann
nicht ein wenig, oder bist du genau so ein Langweiler, wie Glaedr.<<
>>Ich bin ganz bestimmt kein Langweiler!<< lächelte Eragon.
Saphira gab ihm ein verspieltes Lächeln und begann mit ihrer Zunge über
Eragons Gesicht zu lecken. Eragon versuchte sie mit seiner Pfote
wegzustoßen, doch die Drachin sprang ihn an und setzte ihre
Schlabberattacke fort. Eragon stöhnte und raufte spielerisch mit
Saphira, um sie von sich weg zu schieben, was aber nicht klappte. Sie
hatte ihn geradezu am Boden festgenagelt. Daraufhin änderte er seine
Taktik und erinnerte sich an einige Körperstellen von Saphira, an denen
sie besonders kitzelig ist.
Sie hielt eine seiner Pfoten fest, jedoch dachte sie nicht daran, das er
seine Zweite frei hatte.
>>Saphira! Du hast es nicht anders gewollt!<<
>>Als wenn DU mich stoppen könntest!<< Ärgerte sie ihn und blies ihm
eine Rauchwolke ins Gesicht, bevor sie ihn weiter ableckte. Eragon
grinste böse und langte mit seiner freien Klaue unter ihre Achselhöhle.
Saphira stieß ihren Kopf hoch und flatterte wild mit ihren Flügeln.
>>Sagtest du etwas, meine Liebe?<< scherzte Eragon. Diesmal war es
Saphira, die seiner Kitzelattacke ausgeliefert war. Sie brüllte vor
Lachen und knurrte, während Eragon ihre empfindliche Stelle kitzelte.
>>Hab Gnade!<< schrie sie atemlos. Eragon stoppte seine Attacke und
grinste seine Drachin an.
>>Du bist wirklich ein gemeines Ungeheuer!<< kicherte sie.
>>Danke, gleichfalls!<<
>>Wenn du aber glaubtest, das ich mit dir schon fertig bin, dann hast du
dich aber geschnitten!<< sagte sie und rammte leicht gegen Eragons
Flanke. Der Schubs war zwar nicht besonders stark, aber dennoch reichte
es aus um Eragon aus seiner Balance zu werfen und umzustoßen.
>>Fang mich doch wenn du kannst!<< sie streckte ihm die Zunge raus und
stieg in den Himmel auf.
Eragon nahm die Verfolgung auf und eilte ihr hinterher. Er lächelte zu
sich selbst, als er die perfekte Gelegenheit sah.
Mit angelegten Flügen und ausgestreckten Klauen stieß er auf sie hinab.
Eragon studierte ihr Flugverhalten und probierte seine erlernten
Jagdtechniken aus. Der Abstand zwischen Eragon und Saphira wurde immer
geringer, doch als sich Eragon für seinen Angriff bereit machen wollte,
drehte sich Saphira plötzlich mitten im Flug und schlug ihre Flügel mit
ausreichender Kraft, um auf der Stelle zu schweben. Eragon kannte diesen
Trick nicht und flog direkt auf sie zu.
>>Unterschätze niemals deinen Gegner.<< neckte Saphira. >>Stell dir mal
vor, du hättest irgendwann einmal eine Auseinandersetzung mit einem
gegnerischen Drachen. Vielleicht sogar einer, der gefallen an mir
gefunden hat und dich zu einem Zweikampf herausfordert, weil er in dir
einen Konkurrenten sieht. Das könnte durchaus passieren, wenn wir einen
dieser wilden Drachen aus dem Osten begegnen sollten.<<
>>Ist das eine weitere Lernstunde?<< fragte Eragon.
>>Das gehört mit dazu!<< antwortete sie. >>Junge Drachen lernen in der
Wildnis hauptsächlich durch ihre spielerischen Kämpfe zu überleben.<<
Eragon bemerkte, das Saphira einen Scheinangriff startete und stieß sich
von ihr fort, um ihren Angriff zu entgehen, doch er flog zu langsam.
Saphira änderte plötzlich ihren Kurs und schnappte nach seinem Schwanz,
wobei sie ihn nur um Haaresbreite verfehlte.
Als sie erneut zuschnappen wollte, wich Eragon nach links aus. Wobei
Saphira sofort nach rechts herumwirbelte und hinabtauchte.
Sie erwischte Eragon komplett schutzlos und beide verhedderten sich in
der Luft. Saphira jedoch schaffte es in seinen Hals zu zwicken, was
Eragon überrascht aufheulen lies.
Sie knabberte an ihm herum, als er versuchte sie abzuschütteln. Es tat
nicht weh, jedoch ging es ihm auf die Nerven. Er brachte seinen Schwanz
herum und attackierte damit ihre Schnauze, dabei löste sie sich von ihm.
Nun war Eragon an der Reihe und er klemmte ihren Hals zwischen seinen
Kiefern ein.
Sie zappelte, jedoch wurde sie von Eragon festgehalten. Als sie
bemerkte, das ihr Zappeln nichts brachte, trat sie ihn in den Bauch und
ergriff dabei die Gelegenheit, hinter ihm zu gelangen. In diesem
Gerangel konnten sich die beiden nicht länger in der Luft halten und
näherten sich dem Erdboden.
Saphira drehte sich auf den Rücken, um den Sturz abzufangen und beide
Drachen endeten damit, das sie eng umschlungen über den Boden rollten.
Als sie stoppten lag Saphira auf seinem Bauch und hatte ihn unter sich
begraben.
>>Das war toll, Saphira!<< sprach er als erstes. >>Nennen wir es ein
Unentschieden?<<
>>Unentschieden...<< antwortete sie außer Atem und ließ ihn aufstehen.
Eragon trat zu ihr und begann sanft über ihren Hals zu streichen, wo er
ihr einige unschöne Kratzer verpasst hatte.
>>Danke, Eragon.<< flüsterte sie.
>>Für das Spielen, oder für das Trösten?<<
>>Dafür, das du mir die Freude am Leben wieder gegeben hast.<< sagte
sie. >> Du hast deine Menschlichkeit für mich aufgegeben. Das war ein
wirklich sehr großes Opfer, das du gebracht hattest.<<
>>Dieses Opfer war es absolut wert.<< antwortete er und sah sie an.
>>Ich liebe dich, Saphira und ich hätte es nicht ertragen, dich zu
verlieren.<<
>>Ich liebe dich auch, Kleiner. Kein Wort in der alten Sprache kann die
Dankbarkeit ausdrücken, die ich in diesem Moment empfinde. Es ist schön
mit dir gemeinsam fliegen und jagen zu können. Aber wie erklären wir das
jemals den anderen? Nasuada wird ebenfalls wissen wollen, was geschehen
ist.<<
>>Wollen wir denn überhaupt zu Königin Nasuada zurück kehren?<< fragte
Eragon. >>Ich meine, wir haben doch schließlich Frieden. Wieso lösen wir
uns nicht einfach von diesen ganzen Pflichten und genießen unsere
Freiheit? Wir haben es uns auch schließlich verdient.<<
>>Eragon, wir sind ihnen zumindest eine Erklärung schuldig.<< sprach
sie. >>Danach können wir weiter sehen.<<
Eragon grummelte.
>>Sieh es mal von der Seite, Kleiner: Was will Nasuada denn mit zwei
Drachen ohne Reiter anfangen?<<
>>Du hast recht! Kein Mensch außer einem Reiter kann einem Drachen
befehle erteilen.<< lächelte er. >>In Ordnung, wir werden nach Ilirea
aufbrechen.<<
Kapitel 6
Ilirea
war in Sicht und Eragon konnte bereits einige Menschen in den
Straßen erkennen, die um diese Tageszeit ihren üblichen Geschäften
nach gingen.
Doch je näher sie der Hauptstadt kamen, umso nervöser und
angespannter wurde Eragon.
>>Ich habe ein sehr mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, gleich Nasuada
gegenüber zu treten.<<
>>Ich bin mir ziemlich sicher, das alles gut gehen wird, Eragon.
Darüber hinaus bist du nicht Königin Nasuadas Eigentum. Dir steht es
frei zu tun, was du willst und falls sie tatsächlich versuchen
sollte dich anzuketten, kannst du dir sicher sein, dass sie das
bereuen wird.<<
Die beiden Drachen überflogen die Stadt und kamen am Nord-Tor zum
landen. Dabei erregten sie bei den Menschen großes Aufsehen. Saphira
war für das Volk von Alagaesia schon lange keine ungewöhnliche
Erscheinung mehr, doch dieser fremde unbekannte blaue Drache an
ihrer Seite versetzte die Leute in helle Aufregung. Eragon und
Saphira ernteten von den Einwohnern der Stadt viele seltsame und
auch furchtsame Blicke.
>>Mir gefallen die Blicke der Leute nicht.<< murmelte Eragon.
>>Daran wirst du dich gewöhnen müssen, Kleiner.<< seufzte die blaue
Drachin. >>Solche Blicke werden dir von nun an fast immer
entgegengebracht.<<
Eragon bereute es nun den Verwandlungszauber nicht benutzt zu haben,
der ihm für kurze Zeit seine menschliche Gestalt zurück gibt. Er war
allerdings neugierig und wollte wissen wie sich ein Drache in der
Gegenwart seiner ehemaligen Spezies fühlt. Ihm war allerdings nicht
klar, das er sich zwischen den Menschen so unsagbar fremd vor kam.
>>Genau so muss sich auch Saphira fühlen.<< dachte er. >>Und dann
auch noch die Gedanken dazu, das man völlig alleine ist auf dieser
Welt. Kein Wunder, das sie so depressiv wurde...<<
Eragon vernahm das leise Getuschel der Bewohner. Da er als Drache
nun ein sehr viel ausgeprägteres Gehör hatte, bekam er viele
Sprachfetzen mit. Sie unterhielten sich hauptsächlich über ihn und
murmelten darüber, wie die Wachen es sich nur erlauben konnten,
einen offenbar wilden Drachen in die Stadt zu lassen. Woher kam
dieser Drache? Und wieso erschien die blaue Drachin ohne ihren
Reiter? Sie waren doch sonst immer grundsätzlich zusammen. Eragon
konnte es den Menschen noch nicht einmal sonderlich übel nehmen, das
man ihn fürchtete.
Plötzlich trat eine große Gruppe von Soldaten auf sie zu und
versperrten ihnen den Weg. Auch sie machten einen sehr nervösen
Eindruck.
„Ihr Drachen geht keinen Schritt weiter!“
Saphira knurrte die Soldaten an und stieß zur Warnung kleine
Flammenstöße aus. Sie war wütend. Wussten diese dummen Soldaten denn
auf einmal nicht mehr wer sie war? Was sollte dieser herablassende
Empfang? Auch Eragon knurrte und zum aller ersten Mal schossen ihm
Flammen aus dem Rachen. Jedoch war er nicht darauf vorbereitet und
hielt sich vor lauter Schreck sein Maul zu, wobei ihm schwarze
Rauchschwaden aus den Nüstern strömten. Seine Augen begannen zu
tränen und seine Nüstern brannten fürchterlich. Gleich würde er...
>>Eragon!!!<< schrie Saphira entsetzt.
Doch es war bereits zu spät: Eragon musste niesen und eine gewaltige
blaue Flamme schoss wie ein Vulkanausbruch aus seinen Nüstern.
Glücklicherweise reagierte Saphira im rechten Augenblick und stieß
ihren Kopf gegen Eragons, um den zischenden Feuerstrahl abzulenken.
Die Drachenflamme richtete durch Saphiras schnelles Handeln zwar
keinen Schaden an, doch die Menschen hielten das Niesen für einen
Angriff des Drachen und versetzte sie in große Furcht. Sie schrien
in Panik und brachten sich vor diesen grausigen Kreaturen in
Sicherheit.
>>Tut mir leid! Das war wirklich keine Absicht!<< rief Eragon
verstört, doch auf seine mentalen Rufe reagierte in diesem Moment
niemand. >>Das sieht gar nicht gut aus...<<
Saphira knurrte, als noch mehr Soldaten in den Straßen
aufmarschierten. Doch dann lichteten sich plötzlich ihre Reihen und
eine dunkelhäutige Frau, die in einem prächtigen Gewand gekleidet
war, trat hervor.
„Saphira, beruhige dich! Es ist alles in Ordnung!“ sprach Königin
Nasuada. „Ihr habt da gerade für einen ziemlichen Wirbel gesorgt. Wo
ist Eragon und wer ist dieser fremde Drache. Ich dachte, abgesehen
von Glaedr und dir gäbe es keine anderen Drachen.“
>>Königin Nasuada, genau aus diesem Grund haben wir euch etwas
wichtiges mitzuteilen, aber es ist eine sehr vertrauliche Sache.<<
antwortete die blaue Drachin. >>Bitte ruft auch Roran und Katrina
herbei.<<
„In Ordnung. Begeben wir uns in meinen Thronsaal.” Sprach die junge
Königin Alagaesias.
Nasuadas Thronsaal war hell und prachtvoll, ganz im Gegensatz zu
früher. Man vergaß beinahe schon, das vor nicht allzu langer Zeit an
genau diesem Ort Murtagh und Dorn ihren Treueschwur an Galbatorix
leisteten. Dies war der Ort, von wo aus der grausame König seine
Macht ausdehnte und das Land ins Chaos stürzte. Doch diese Zeiten
waren glücklicherweise für immer vorbei.
Als nach einiger Zeit des Wartens eine Tür auf ging, betraten
schließlich auch Roran und Katrina den Thronsaal.
„Saphira, wo habt ihr gesteckt? Wir haben uns schon Sorgen um euch
gemacht!“ Sprach Roran und schaute sich nach seinem Cousin um. „Ist
etwas passiert? Wieso ist Eragon nicht bei dir?“
Erstaunt blickte Katrina den männlichen Jungdrachen an. „Wer ist
denn dieser feine Drache neben dir, Saphira?“ fragte sie. „Hast du
doch einen Partner gefunden? Ich freue mich für euch!“
„Ja, das ist in der Tat ein freudiges Ereignis.“ Sagte Roran und
lächelte. „Ich denke, man kann bestimmt in nächster Zukunft mit
vielen kleinen Drachen rechnen.“
Saphira und Eragon blickten sich für einen Moment lang an und
erröteten bei Rorans Worten.
„Bitte, lasst die beiden doch endlich zu Wort kommen. Ich bin
gespannt, was sie uns zu sagen haben und vor allem möchte ich
wissen, wieso Saphira reiterlos zurückgekehrt ist.“ Sprach die
Königin und wendete sich an Saphira und ihrem Begleiter.
>>Danke, Königin Nasuada. Nun, was ich euch zu sagen habe ist...<<
Jetzt kam der Augenblick der Wahrheit und Eragon nickte Saphira
schweigend zu. >>Ich bin nicht ohne Eragon zurück gekehrt.<<
Nasuada, Roran und Kathrina schauten Saphira verwirrt an, als hätten
sie sich verhört.
„Entschuldige bitte, Saphira. Aber ich sehe Eragon nirgends.“ Sagte
Nasuada.
>>Er steht direkt vor euch.<< antwortete sie und wies mit ihrer
Schnauze auf den jungen Drachen neben ihr. >>Dieser Drache hier IST
Eragon Schattentöter!<<
„WAS?“ Nasuada konnte nicht fassen, was Saphira sagte. Ebenso waren
auch Roran und Kathrina geschockt.
>>Saphira spricht die Wahrheit.<< ergriff nun schließlich Eragon das
Wort, der sich die ganze Zeit über in schweigen hüllte. >>Ich bin es
wirklich!<<
„Dieser Drache spricht mit seiner Stimme.“ Sagte Roran. „Aber ich
kann es trotzdem nicht glauben.“
>>Habt ihr jemals einen Drachen mit der Gedwey Ignasia gesehen?<<
sprach Eragon und zeigte ihnen das Mal auf der Unterseite seiner
Pfote. Allen Dreien stand vor lauter Erstaunen der Mund offen.
„Wie ist das möglich?“ fragte Nasuada und starrte den Drachen an.
„Was ist mit dir geschehen, Eragon?“
>>Wir werden euch erzählen was passiert ist.<< erklärte Saphira.
>>Es begann während unseres Auftrages, als Eragon und ich dabei
waren die letzten Ra´zac zu verfolgen und unschädlich zu machen...<<
Sie erzählte über die plötzliche Begegnung mit der Gottheit Kuthian,
im geheimnisvollen Tempelversteck der Ra´zac. Das sie von ihm über
die wilden Drachen des Ostens erfahren hatten und das die Götter
Eragon dazu auserwählten, das Volk der Drachen wieder auferstehen zu
lassen. Als sie mit ihren Erklärungen fertig war, mussten ihre drei
menschlichen Freunde erst einmal diese ungewöhnlichen Neuigkeiten
verdauen.
„So, die Götter beabsichtigen also das Volk der Drachen wieder
auferstehen zu lassen und haben Eragon aus diesem Grunde in einen
Drachen verwandelt. Habe ich das so richtig verstanden?“
>>Ja, ganz genau, Königin Nasuada.<< bestätigte Saphira.
„Und plant ihr beide tatsächlich eine Familie zu gründen?“ fragte
sie.
Eragon empfing plötzlich eine seltsame Emotion von Saphira. Es war
wie ein unausgesprochener Herzenswunsch, den sie an ihn richtete.
>>Ja, ich denke schon.<< Eragon spürte die Freude in Saphira
aufkeimen. Doch sie zeigte es den Anwesenden nicht offen.
„Nun, Eragon. Du bist zugegebenermaßen ein wirklich überaus
imposanter Drache. Allerdings hätte ich es bevorzugt, wenn du
Kuthian’s ‚Geschenk’ abgelehnt hättest, denn als Mensch hätte ich
dich hier sehr viel mehr gebrauchen können. Meine Pläne waren, dich
zum neuen Ausbilder unserer Rekruten zu machen. Ich hätte es dir nie
erlaubt, Kuthian’s Angebot anzunehmen, wenn ich vorher von dieser
Sache erfahren hätte.“
>>Königin Nasuada!<< unterbrach Eragon und begann wütend zu knurren,
was Nasuada aufschrecken ließ. >>Falls ihr es noch nicht bemerkt
habt, der Krieg ist schon lange vorbei und ihr behauptet immer noch,
das ihr mich nach wie vor als Drachenreiter brauchen würdet?! Wofür?
Galbatorix wurde besiegt und das Land ist wieder friedlich. Darüber
hinaus, eure Hoheit! Saphira ist, wie ihr wisst die letzte noch
lebende Drachendame. Hättet ihr mir verboten Kuthian’s Angebot
anzunehmen, dann hättet ihr damit Saphira’s und inzwischen auch mein
Volk zum Aussterben verdammt. Sie bedeutet mir mehr, als mein
eigenes Leben und ich hätte dieses Opfer auch ohne eure Zustimmung
gebracht. Das einzige was Saphira und ich jetzt noch wollen ist
nichts weiteres als unseren Frieden zu genießen.<<
„Ich stimme Eragons Meinung vollkommen zu.“ Sprach Roran plötzlich.
„Ich respektiere seine Entscheidung und finde das er das Richtige
getan hat. Eragon und Saphira gehören nun einmal zusammen. So, oder
so. Überdies... ist es für mich eine große Ehre einen Drachen als
Cousin zu haben.“
>>Danke, Roran. Deine Worte bedeuten mir wirklich sehr viel.<<
„Keine Ursache, Eragon. Du magst zwar jetzt vielleicht Schuppen
haben, doch innerlich bist du immer noch der selbe.“ Lächelte Roran.
„Ich bitte um Verzeihung, Eragon!“ sprach nun Nasuada betreten. „Du
hast natürlich recht. Der Krieg ist in der Tat vorbei. Du und deine
Drachendame verdienen es, auf diese Weise zusammen zu sein.“
Eragon nickte und nahm somit Nasuadas Entschuldigung an.
>>Wir haben auch nicht vor allzu lange hier zu bleiben. Wir sind
eigentlich nur gekommen, um euch über meine Verwandlung zu
informieren.<< meinte Eragon. >>Arya und Orik wissen auch noch
nichts davon und haben ebenso ein Recht es zu erfahren. Sobald wir
diese Angelegenheiten erledigt haben, möchten wir uns in die Wildnis
zurückziehen und dort unser Leben aufbauen.<<
>>Bevor wir uns aber wirklich in die Wildnis absetzen, musst du noch
eine ganze Menge über das Leben der Drachen lernen, mein Kleiner.<<
ergänzte Saphira und erntete amüsierte Gesichter von den drei
Menschen. >>Die praktischen Dinge kann ich dir alle beibringen,
jedoch ist auch mein Wissen beschränkt. Darum habe ich mir überlegt,
dass wir vorher nach Ellesmera reisen sollten. Glaedr mag dich zwar
nicht mehr praktisch ausbilden können, was wirklich sehr bedauerlich
ist, aber er kann uns mit seiner Weisheit zur Seite stehen.<<
„Ihr beide klingt jetzt schon wie ein verheiratetes Ehepaar.“ Sagte
Nasuada belustigt. „Ich kann es aber sehr gut nachvollziehen, dass
ihr nicht mehr hier in Ilirea leben wollt. Man stelle sich nur
kleine Kinder vor die eure zukünftigen Jungen, wie gewöhnliche
Haustiere streicheln wollen. Ich denke nicht, das ihr davon sehr
begeistert wärt.“
>>Nein, das wären wir nicht. Es sei denn, die Menschenkinder hätten
nichts dagegen, dass unsere Jungen an ihnen die Jagd üben dürfen.<<
grunzte Saphira, während Eragon ein amüsiertes Knurren ausstieß.
Doch mit einem mal wurde Eragon wieder etwas ernster und blickte
Nasuada an.
>>Ich nehme nicht an, das du in der Zwischenzeit irgendetwas von
Murtagh gehört hast?<< fragte Eragon.
„Ich fürchte nein.“ Antwortete Nasuada. „Er scheint noch immer wie
vom Erdboden verschluckt. Keiner weiß wo er ist, oder ob er
überhaupt noch am Leben ist. Ich habe ihn in sämtlichen Städten
unseres Reiches suchen lassen, jedoch ohne bisherigen Erfolg.“
>>Was wäre, wenn er gefunden wird? Würde man ihn bestrafen?<<
„Orik und ich haben bereits darüber diskutiert und sind zu dem
Schluss gekommen, das Murtagh’s Verrat nicht aus freiem Willen
heraus geschah. Er wurde von Galbatorix in die Knechtschaft
gezwungen und darüber hinaus, hätten wir Galbatorix ohne Murtagh’s
Hilfe höchst wahrscheinlich gar nicht bezwingen können. Mit dem
tragischen Tod seines Drachens ist er schon genug gestraft worden,
da werden wir ihm nichts weiteres mehr anhängen.“
>>Das ist gut zu wissen. Ich hoffe, er ist in Ordnung.<<
„Eragon, Saphira erzählte vorhin, dass du auch in der Lage bist
deine menschliche Gestalt wieder anzunehmen.“ wechselte Roran das
Thema. „Kannst du uns das einmal zeigen?“
>>Ich habe diesen Zauber überhaupt noch nicht ausprobiert, aber ich
werde es euch gerne vorführen.<< Er konzentrierte sich und sprach
den Zauber aus, den ihm Kuthian beigebracht hatte. >>Rakuunà Sove!<<
Eragons Körper wurde von einem Glühen erfüllt und er spürte, wie er
anfing zu schrumpfen. Die Flügel verschwanden und seine Pfoten
verwandelten sich in Hände zurück, bis Eragon schließlich seine
ursprüngliche Form wieder hatte. Jedoch gab es da ein Problem... Der
Zauber gab ihm nur die menschliche Gestalt zurück, seine Kleidung
allerdings nicht und nun stand Eragon nackt vor allen Anwesenden.
„AAHH!!! Verflucht seihst du, Kuthian!“ rief Eragon und blickte zu
Saphira, die sich lachend auf dem Boden wälzte. „SAPHIRA!!! Das ist
nicht komisch! Tu etwas!“
Saphira legte kichernd einen Flügel um Eragon und versteckte ihn so
vor den Blicken der anderen, denen vor lauter Lachen die Tränen in
den Augen standen.
„Oh, ihr Götter...“ murmelte Eragon und wünschte sich in diesem
Moment weit weg zu sein.
Kapitel 7
Dies war wohl der peinlichste Augenblick
in Eragons Leben und dann auch noch ausgerechnet vor den Augen der
Königin passierte ihm dieses Missgeschick. Er ärgerte sich zutiefst
darüber, das er diesen Zauber nicht schon viel früher ausprobiert
hatte, denn in der einsamen Wildnis wäre ihm dieses peinliche
Erlebnis erspart geblieben. Zu Eragons Glück jedoch, befanden sich
seine Kleider in Saphiras Satteltaschen verstaut.
>>Ich verstehe gar nicht wofür du dich so schämst, Kleiner. Alles
sah doch für mich vollkommen in Ordnung aus und als Drache trugst du
schließlich auch keine Kleidung.<<
>>Das ist etwas völlig anderes, Saphira.<< murmelte Eragon, nachdem
er sich hastig anzog.
>>In wie fern denn?<< schmunzelte sie amüsiert.
>>Drachen, im Gegensatz zu Menschen zeigen nicht so viel... von
sich. Du weißt schon, was ich meine. Menschen hingegen schon und aus
dem Grund tragen sie Kleider.<< stammelte Eragon mit noch immer
knallrotem Gesicht und versuchte eine halbwegs vernünftige Erklärung
zu Stande zu bringen.
>>Trotzdem habe ich die Kleidersitten der Menschen, Elfen oder
Zwerge noch nie so wirklich verstanden.<<
Eragon entschuldigte sich bei den Anwesenden in aller Form für diese
äußerst unangenehme Sache, doch niemand machte ihm einen Vorwurf,
was Eragon sichtlich beruhigte. Er beschloss den Rest des Tages mit
seinem Cousin und Kathrina zu verbringen und verließen zusammen den
Thronsaal, wobei Nasuadas Wachen sich verdutzt anblickten und sich
fragten, wohin der zweite Drache so spurlos verschwunden ist.
Als der Tag schließlich zu Ende ging und die letzten Sonnenstrahlen,
hinter dem Horizont verschwanden, verlor somit auch der
Verwandlungszauber seine Wirkung und Eragon stand wieder in seiner
imposanten Drachenform vor Saphira. In dieser Gestalt fühlte sich
Eragon gleich viel wohler. Eine Tatsache, die ihn jedoch verwirrte.
>>Das ist so eigenartig...<<
>>Was ist eigenartig, Kleiner?<< fragte Saphira.
>>Mein menschliches Ich.<< antwortete Eragon. >>Ich glaubte
zunächst, das ich mich darüber freuen würde wieder als Mensch
herumlaufen zu können, doch ich fühlte mich in meinem ehemaligen
Körper wie eingesperrt. Doch jetzt als Drache fühle ich mich viel
freier und unbefangener.<<
>>Das liegt ganz allein an deiner Drachenseele. Selbstverständlich
fühlt sich eine Drachenseele in einem menschlichen Körper fremd.<<
>>Aber, wie kann mir denn dieser Köper auf einmal so fremd sein? Ich
war mein gesamtes bisheriges Leben lang ein Mensch. Ein Drache
hingegen bin ich aber erst seit wenigen Tagen.<<
>>Das spielt keine Rolle, Eragon.<< erklärte Saphira.
Die Türen zur Drachenunterkunft öffneten sich mit einem Knarren und
unterbrachen Eragons Gedankengänge, als Angela zusammen mit Solembum
den riesigen Raum betraten.
„Ich wollte Nasuadas Worten nicht glauben, ehe ich es mit meinen
eigenen Augen sehe.“ Sprach Angela amüsiert, als sie das
Drachenpärchen erblickte. „Ich muss sagen, das diese Verwandlung
wirklich sehr bemerkenswert ist. Ich hätte gerne den Vorgang mit
verfolgt, um mir ein genaues Bild von der Magie zu machen, die hier
gewirkt hat. Deine Schuppen haben übrigens eine interessante Farbe,
Eragon. Dein dunkelblau passt hervorragend zu ihrem saphirblau.“
>>Das stimmt! Seine Schuppen gefallen mir wirklich sehr.<< Eragon
errötete verlegen bei Saphiras Worten.
„Also, seit ihr beide inzwischen auch schon ein richtiges Paar?“
>>Wir sind noch kein Paar, Angela. Das Balz Ritual findet erst in
der Paarungszeit statt und die beginnt erst im Herbst.<< Erklärte
Saphira. >>Erst danach kann man bei Drachen von einem offiziellen
Paar sprechen.<<
„Und wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus?“ Fragte Angela
neugierig.
>>Wie wir bereits Königin Nasuada mitteilten, haben wir nicht vor
hier in Ilirea zu bleiben, da dies kein vernünftiger Platz ist um
junge Drachen aufzuziehen. Aus diesem Grund werden wir uns entweder
in der Abgeschiedenheit des Buckels, oder vielleicht Du
Weldenvardens einen geeigneten Nistplatz suchen.<<
Die Art und Weise, wie Saphira ihre gemeinsame Zukunft plante,
belustigte Eragon. Hatte er in diesen Angelegenheiten denn überhaupt
nichts zu sagen?
„Nun, ich würde mich sehr freuen in absehbarer Zeit eure
erstgeborenen Jungen zu sehen. Natürlich wenn ihr beide nichts
dagegen habt.“
>>Solange du nicht versuchst irgendwelche magischen Experimente an
ihnen durchzuführen, erlauben wir deinen Besuch. FALLS du uns
überhaupt in der Wildnis findest.<<
„Zwei ausgewachsene Drachen ausfindig zu machen, sollte für mich
überhaupt kein Problem sein.“ Lächelte Angela. „Eine Kräuterhexe
kommt auf der Suche nach Zutaten für ihre magischen Tränke sehr weit
herum.“
Saphira sprach über den geplanten Nachwuchs mit einer solchen
Selbstverständlichkeit, das es Eragon extrem verunsicherte.
Schließlich mussten dazu beide Drachen vorher etwas bestimmtes
vollbracht haben und allein der Gedanke daran ließ Eragons
Gesichtsschuppen erröten.
Während er über diese Dinge sinnierte, drang auf einmal Saphira
unerwartet in seinen Geist ein, um mit ihm zu reden. Die Gedanken,
die sie jedoch in diesem Augenblick von ihm empfing, waren absolut
eindeutig und es gelang ihm nicht rechtzeitig diese
unmissverständlichen Bilder aus seinem Kopf heraus zu bekommen.
>>Soso! Daran denkst du gerade. Das ist ja höchst interessant...<<
witzelte Saphira.
Eragon wurde plötzlich sehr heiß. >>Nein, Saphira! Das siehst du
völlig falsch! Du hattest gerade nur über Kinder gesprochen und mir
kamen plötzlich völlig automatisch diese Gedanken in den Sinn... es
tut mir leid.<<
>>Ich weiß, Eragon. Ich bin darüber nicht verärgert. Um ehrlich zu
sein… hatte ich genau die selben Gedanken.<< Die beiden Drachen
begannen sich seltsam anzuknurren.
„Fühlt ihr euch beide wohl?“ fragte Angela. Eragon und Saphira
erinnerten sich plötzlich daran, das sie ja gar nicht alleine im
Raum waren.
>>N…natürlich, Angela. Saphira und ich haben uns nur unterhalten.<<
Angela gab beiden einen sonderbaren blick und begann daraufhin zu
lachen. „Das hörte sich für mich gerade aber nicht so an, als würdet
ihr euch über langweilige Dinge unterhalten. Wenn ich meine
Vermutung äußeren dürfte, dann würde ich sagen, das ihr euch über so
interessante Dinge, wie etwa Paarung unterhalten habt?!“
Beide Drachen blickten Angela beschämt an. War ihr Verhalten denn
wirklich so offensichtlich?
„Ah, ich hatte also recht!“ lachte Angela. „Aber ich mache euch
deswegen keine Vorwürfe. Ich verstehe ein wenig etwas von der
Drachenbiologie und es ist ja auch nur noch einen Monat bis zum
Herbstanfang. Demnach ist es auch vollkommen natürlich, das eure
Gedanken um dieses Thema kreisen.“
Saphiras Nähe wurde Eragon mit einem Male richtig bewusst. Ihre
beiden Schwänze waren miteinander umschlungen und Eragons Herz
begann zu rasen. Der junge Drache wollte schon seinen Schwanz von
ihrem wegnehmen, doch gleichzeitig wollte er auch nicht, das Saphira
glaubte, das er sich unwohl fühlte und versuchte dieses unbehagliche
Gefühl zu ignorieren. Plötzlich zuckte ihr Schwanz und ließ Eragon
heftig erzittern.
>>Stimmt etwas nicht mit dir, Kleiner?<< fragte Saphira mit einem
vergnügten Tonfall.
>>A...alles ist in Ordnung! Was sollte denn nicht stimmen?<<
antwortete Eragon. >>Das hat sie mit Absicht gemacht!<< dachte er zu
sich selbst. >>Ich weiß zwar nicht genau, was sie getan hat, aber
das kann ich auch.<< Eragon zuckte diesmal mit seinem Schwanz und
erzeugte bei Saphira genau die selbe Reaktion.
>>I… ich schlage vor, wir hören besser auf damit, denn sonst könnte
dieser Reflex ... Probleme verursachen.“
Angela beobachtete das sonderbare Schauspiel und beschloss zu gehen,
bevor noch irgendetwas passiert.
„Also, ihr zwei. Es war schön euch wieder zu sehen und ich wünsche
euch beiden ein glückliches Leben.“ Sprach sie und wandte sich
anschließend an die Werkatze. „Komm, Solembum. Wir haben noch eine
weitere Reise vor uns.“ Solembum, der die gesamte Zeit über
schweigend auf dem Fenstersims saß und den Konversationen zuhörte,
streckte sich kurz und sprang hinter Angela her. Bevor er aber
Angela durch die Tür folgte, gab er Eragon einen wissenden Blick.
>>Ich glaube, die Werkatze wusste worüber wir gesprochen haben...<<
>>Ich schätze, das du recht hast.<< Antwortete Saphira.
„Ehe ich es vergesse, Eragon!“ rief Angela und blickte noch mal in
den Raum zurück. „Da die Götter in dein ursprünglich vorgesehenes
Schicksal eingegriffen haben, verloren somit einige meiner
Vorraussagungen ihre Gültigkeit. Wenn du möchtest, kann ich dir die
Zukunft gerne noch ein weiteres mal voraussagen.“
Eragon dachte für einen Moment nach, schüttelte dann aber sein
schuppiges Haupt. >>Nein Danke, Angela. Deine damaligen
Vorrausagungen, hatten mir zum Teil schwer zu schaffen gemacht.
Darum möchte ich nicht länger darüber bescheid wissen, welche
dunklen Geheimnisse mir in der Zukunft noch bevorstehen. Ich lasse
lieber alles weitere auf mich zukommen.<<
„In Ordnung.“ Mit diesen Worten verließ Angela den Raum und schloss
die Türen hinter sich. Beide Drachen waren nun wieder alleine.
Wieder fing Saphira an ihren Schwanz um Eragons zu legen.
>>Was tust du da überhaupt?<<
Saphira stoppte mit ihren Liebkosungen und sprach: >>Hm...?! Das
wirst du spätestens in der Paarungszeit herausfinden. Aber im Moment
ärger ich dich nur, denn du siehst niedlich aus, wenn du verlegen
bist.<<
Ausgeruht machten sich die beiden Drachen am nächsten Morgen auf den
Weg nach Ellesmera. Vorher verabschiedeten sie sich noch bei Königin
Nasuada und Roran.
„Ich wünsche euch beiden alles Gute und hoffe, dass wir uns
irgendwann wieder sehen werden.“ Sprach Königin Nasuada.
>>Natürlich werden wir uns wieder sehen.<< antwortete Eragon und
schwang sich in den Himmel.
„Pass bitte gut auf meinen Cousin auf, Saphira.” sprach Roran mit
einem Lächeln.
>>Oh, das werde ich ganz bestimmt, mein lieber Roran.<< rief die
Drachin zu ihm zurück und schloss zu Eragon auf. Als sie beide
ungefähr auf gleicher Höhe flogen, rammte sie ihn leicht in die
Seite, so das Eragon sein Gleichgewicht verlor und in der Luft
taumelte. Nasuada und Roran lachten bei diesem Anblick und blickten
den beiden Drachen hinterher, bis man sie schließlich nicht länger
am Himmel erkennen konnte.
>>Was hältst du von einem Wettstreit, Liebster?<< fragte Saphira
nach einer Weile.
>>Ein Wettstreit?<<
>>Ja und ich dachte, das der Verlierer dem Gewinner eine Beute
erjagt. Ich habe nämlich Hunger.<<
>>Saphira?!<< knurrte Eragon belustigt. >>Kürst du dich schon zur
Siegerin, noch bevor wir den Wettstreit überhaupt begonnen haben?<<
>>Als wenn du überhaupt eine Chance gegen mich hättest...<<
schmunzelte Saphira. >>Also, unser Ziel ist der Silverwood Forest.
Wir legen los, sobald ich bis drei gezählt habe.<<
Eragon beobachtete die Drachin dabei wie sie ihre Muskeln anspannte.
Saphira machte keine Scherze, sie wollte diesen Wettstreit wirklich
durchziehen. >>Eins!<<
Eragon begann seine eigene Muskeln anzuspannen. Wenn sie also
unbedingt ein Rennen haben wollte, würde er ihr eins liefern, denn
er war nicht bereit ihr den Sieg so einfach zu schenken.
>>Zwei!<<
>>DREI!<< Nachdem Saphira das ausrief, jagten beide Drachen
vorwärts. Ihre Flügel bewegten sich in perfekter Harmonie und es kam
zwischen den beiden zu einem wahrhaftigen Kopf an Kopf rennen.
Eragons Instinkte leiteten ihn zwischen die Luftströme, die sich
über und unter ihm befanden. Saphiras Instinkte sagten ihr genau das
gleiche zu tun, jedoch wusste die Drachin aus eigener Erfahrung wie
sie bestimmte Luftströme auszuweichen hatte, um eine höhere
Geschwindigkeit zu erzielen und ignorierte ihre Instinkte.
Eragon sah, wie sich Saphira von ihm absetzte und begann seine
Flügel härter und schneller zu schlagen, um seine eigenes Tempo zu
erhöhen. Doch er konnte machen was er wollte. Er holte sie nicht
mehr ein.
Saphira stieß ein verspieltes Brüllen aus, als sie wusste, das sie
den Sieg sicher in der Tasche hatte.
>>Du warst überraschend gut, Eragon! Doch der Grund weswegen du am
Ende doch nicht gewinnen konntest, lag darin, das du noch nicht die
Erfahrung hast, welche Luftströme man am besten für sich nutzt und
welche man möglichst meiden sollte.<<
>>Du hast gewonnen...<< murmelte Eragon etwas frustriert.
>>Ärgere dich nicht so sehr, Kleiner. Du machst wirklich sehr gute
Fortschritte und wenn wir weiterhin viel üben, wirst du im Fliegen
auch bald so gut sein, wie ich. Davon bin ich fest überzeugt.<<
>>Na gut.<< sprach Eragon. >>Soll ich dir einen Hirsch bringen, oder
dieses mal doch versuchen ein Wildschwein erlegen?<<
>>Das ist mir eigentlich egal, solange es kein Baum ist.<< grinste
sie frech.
Kapitel 8
Es war etwa gegen Mittag, als der
trostlose Sand der Hadarac Wüste dem fruchtbaren Waldboden Du
Weldenvardens wich, der sich vor ihnen erstreckte. Es war nach wie
vor heiß, doch ohne die reflektierende Hitze, die ihnen der glühende
Wüstensand zurück warf, war es wesentlich milder. Als Drache hätte
Eragon die drückende Hitze der Wüste, ebenso sehr genossen wie
Saphira. Allerdings befand sich Eragon an diesem Tage in seiner
menschlichen Gestalt, um bei den Elfen nicht den selben Tumult
auszulösen, wie schon zuvor in Ilirea. Ebenso hielt es Eragon nicht
unbedingt für sehr klug, den Elfen sofort sein Geheimnis
preiszugeben.
>>Ist bei dir alles in Ordnung, Kleiner? Du wirst doch wohl
hoffendlich nicht schon wieder in einer Auseinandersetzung mit Arya
geraten, oder?<< Eragon vernahm deutlich die Neckerei in ihrer
Stimme. Er wusste genau, worauf sie anspielte. Als Eragon die Elfe
vierzehn Tage vor ihrer Mission zum letzten Mal sah, hatte sie sich
ihm auf romantische Art und Weise angenähert, woraufhin Eragon sie
zum wiederholtem Male abgewiesen hatte.
>>Ich denke eine leichte Spannung wird es schon zwischen uns beiden
geben, aber ganz bestimmt keine erneute Auseinandersetzung. Ich gehe
aber davon aus, das du es sogar noch bevorzugen würdest, wenn Arya
und ich uns streiten, denn es scheint dich ja jedes Mal zu
belustigen.<<
>>Es amüsiert mich daran zu denken, wie sie dich damals abgestoßen
hatte, während du hinter ihr her warst. Nun begehrt sie dich und du
bist es, der sie abweist. Nicht auszudenken, wie sie wohl reagieren
wird, wenn du erst einmal als Drache vor ihr stehst. Durch deine
Verwandlung bist du für sie inzwischen unerreichbar geworden, denn
ich habe noch nie zuvor gehört, das sich eine Elfe jemals mit einem
Drachen paarte.<< kicherte Saphira.
Eragon musste darüber ebenfalls lachen und stimmte Saphira zu, dass
Arya bei ihren nächsten Annäherungsversuchen auf ziemliche
Schwierigkeit stoßen wird, sobald er seine Schuppen und Flügel
wieder hat.
Er wunderte sich darüber, wie Arya wohl diese Neuigkeiten aufnehmen
würde und hoffte, das er es ihr relativ schonend beibringen kann.
Saphira konnte sehr bald darauf die ersten Gebäude von Ellesmera
erkennen. Sie näherten sich mit hoher Geschwindigkeit und die
Drachin begann eine Lichtung anzufliegen, die sich in Mitte einiger
Baumreihen befand.
Als sie über den Wipfeln kreiste und zur Landung ansetzte, konnte
Eragon eine kleine Gruppe Elfen ausmachen, die am Rand der Lichtung
auf sie warteten. Unter ihnen befand sich auch Arya, die inzwischen
als Botschafterin zwischen dem Elfenvolk und des Königreiches der
Menschen fungierte.
Als Saphira landete traten die Elfen auf die beiden zu und hießen
sie willkommen. Aus irgendeinem Grunde aber stutzten die Elfen für
einen Moment. Es war ihnen, als würde von dem Drachenreiter eine
unbekannte Kraft ausgehen, die sie allerdings nicht richtig
einordnen konnten. Dies bemerkte auch Arya und fragte ihn verwirrt,
was mit ihm bloß geschehen ist.
Eragon schlug vor, diese Sache unter vier Augen zu besprechen. Nach
einem kurzem Knurren Saphiras, ergänzte er: „Na gut, unter sechs
Augen.“
>>Na, also!<<
Nachdem Aryas Begleiter die drei alleine ließen, brauchte Eragon
eine Weile, um Arya zu erklären, was ihm in den letzten Tagen
widerfahren ist.
„Das heißt dann also auch, das es für uns beide keine Chance mehr
geben wird, nicht war?“ sprach Arya schließlich mit ruhiger Stimme.
„Ich dachte immer, wir zwei würden...“
„Arya, diese Chance gab es doch schon vor meiner Verwandlung zum
Drachen nicht mehr. Ich hatte es dir doch so oft gesagt, aber du
scheinst es bis heute nicht verstanden zu haben.“ Unterbrach Eragon.
„Die Liebe, die ich einmal für dich empfunden habe war ein Irrtum,
denn ich habe inzwischen erkannt wer meine wirkliche Herzensdame
ist.“
Saphira brummte glücklich bei Eragons Worten.
„Ich verstehe… du liebst deine Drachendame wirklich aufrichtig.”
sprach Arya traurig. „Du kannst für deine Zeit hier in Ellesmera
natürlich wieder deine alte Unterkunft beziehen. Die Bediensteten
haben sie stets gut in Schuss gehalten. Ich hoffe, das du zum Essen
aber trotzdem in der Tialdari Halle anwesend sein wirst.“
„In Ordnung, es bleibt uns ja noch etwas Zeit, bevor die
Rückverwandlung eintritt.” Arya bedauerte es zutiefst, das er nun
nicht mehr länger für sie als Partner in Frage kam. Sie verhielt
sich ihm gegenüber aber dennoch äußerst höflich, denn schließlich
hatte man ihm dieses... Geschenk auch aus einem ganz bestimmten
Grund gemacht.
Während Eragon in der Tialdari Halle aß, saß Arya die gesamte Zeit
bei ihm und unterhielt sich mit ihm über recht belanglose Dinge. Sie
ging während ihrer gemeinsamen Unterhaltung nicht ein einziges Mal
auf Eragons neues Leben ein, als würde es sie überhaupt nicht
interessieren.
Saphira befand sich währenddessen auf der Jagd und Eragon wünschte
sich inzwischen seine Drachin begleitet zu haben, da er zum einem
sehr gelangweilt war und zum anderem lieber an einer Hirschkeule
genagt hätte, anstatt dieses Grünzeug zu essen, das da auf dem
Teller vor ihm lag.
Nach dem Essen, verabschiedete er sich von Arya und zog sich in sein
Baumhaus zurück, wo Saphira inzwischen eingetroffen war und sich
ihre Klauen putzte.
>>Wie war dein Essen?<<
>>Es war... akzeptabel.<< antwortete er. >>Ich wäre aber doch lieber
mit dir jagen gegangen. Ich hatte einen ziemlichen Appetit auf
Hirsch.<<
>>Beim nächsten Mal, Kleiner.<< kicherte Saphira. >>Und dein
Gespräch mit Arya?<<
>>Ich bin ehrlich gesagt froh, das ich aus der Tialdari Halle raus
bin.<< antwortete Eragon und seufzte. >>Arya akzeptiert es nicht...
Ich spürte deutlich ihren Missfallen und die Eifersucht auf uns.<<
>>Bist du sicher?<< fragte Saphira.
Eragon nickte. >>Sie hatte es mir zwar nicht direkt gesagt und so
getan, als wäre es ihr egal, aber ihre Augen sprachen andere
Worte.<<
>>Nun, das mag dann aber ganz alleine ihr Problem sein. Sie muss es
Akzeptieren, ob es ihr nun gefällt, oder nicht.<<
>>Das finde ich auch.<< stimmte Eragon zu.
>>…Eragon?<< flüsterte Saphira.
>>Was gibt es, Liebste?<<
>>Wenn… wenn wir eines Tages Nachwuchs bekommen, möchte ich nicht,
das unsere Kleinen an einen Reiter gebunden sind. Niemals wieder
soll noch so ein krankes Wesen, wie Galbatorix dieses heilige
Bündnis entweihen und die Chance erhalten ein Drachenreiter zu
werden.<<
>>Ich habe mir selbst darüber meine Gedanken gemacht.<< antwortete
Eragon. >>Das Bündnis zwischen Reiter und Drache war einerseits ein
Segen, aber gleichzeitig auch ein Fluch, denn es hatte die Drachen
bis an den Rand der völligen Ausrottung gebracht. Ich verspreche dir
daher in der alten Sprache, dass wir unsere Kinder als freie wilde
Drachen aufziehen werden.<<
>>Danke, Eragon…<<
>>Für dich tue ich doch alles, meine Schöne.<<
>>Ich liebe dich, Kleiner.<< lächelte sie und schmiegte sich an ihn.
>>Und morgen besuchen wir Oromis. Ich bin sehr gespannt auf die
Reaktion der Beiden.<<