Sturm's Territorium - Die etwas andere Dinosaurierseite

Eragon

Das Geschenk der Götter

(By Sturmblut)



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Kapitel 1-8 Kapitel 9-16 Kapitel 17-23 Kapitel 24-36


Dies ist nun meine aller erste Eragon Fanfiction. Erwähnt sei natürlich als erstes, das „Eragon – das Vermächtnis der Drachenreiter“ und die in den Büchern enthaltenden Charaktere Christopher Paolini gehören (mit Ausnahme ein paar meiner eigenen Charas, die ich nach und nach vorstellen werde).

 

 

Kapitel 24

 

runter

 

Saphira saß entspannt in der Sonne und ließ ihre Gedanken um ihr noch immer ungeborenes Junges kreisen.

Eragon lächelte hinterlistig und begann seine Finger unter ihren Achseln tänzeln zu lassen. Sofort schreckte Saphira mit einem Fauchen auf, als er sie unverhofft mit seiner Kitzelattacke überfiel.

>>Eragon, lass das...<< seufzte sie, bevor sie ihn unter ihrer Vorderpfote begrub.

Eragon schluckte, als sie ihn mit einer gespielt missmutigen Miene beäugte.  

>>Hm… was mache ich nun mit dir, Menschlein?<< brummte sie und überlegte.

>>Ich könnte...<< Ihr Blick schweifte zwischen den Bäumen, wo sie genau die perfekte Stelle entdeckte um Eragon zu bestrafen.

>>Oh, Kleiner!<<

Eragon erschauderte über Saphiras Ton und fragte vorsichtig. „Ja, Liebes?“

>>Ich glaube, du brauchst dringend ein Bad!<< schnaubte sie und hob sich mit kräftigen Flügelschlägen in die Luft.

Eragon blickte sich um und bemerkte, das Saphira auf einen See zuhielt, welcher sich etwas versteckt hinter den Bäumen befand.

„Saphira, nein!“ rief Eragon, als sie sich genau über dem Gewässer befanden.

>>Zeig mir doch noch mal deine erlernten Flugkünste!<< sprach sie amüsiert und ließ ihn aus ihren Klauen gleiten.

Eragon ruderte wie wild mit den Armen, bevor er mit einem Platschen ins kalte Wasser fiel.

Saphira landete am Seeufer und lachte belustigt über ihren triefnassen Partner.

„Warte nur ab, bis ich meine richtige Größe wieder habe! Denn dann werde ich…“

Doch Saphira grinste frech und erzeugte mit ihrem Schwanz eine Welle, die über Eragon hinwegfegte.

>>…wirst du was Kleiner?<<

„Saphira... Hàkons Leute werden bald eintreffen. Was sollen die bloß von uns denken?“ stöhnte Eragon, als ans Ufer gelangte und sich neben ihr setzte.

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„Worüber denkst du nach?“ fragte Eragon, als er bemerkte, dass seine Drachin erneut mit ihren Gedanken ganz wo anders war.

>>Oh… ich denke nur über einen Namen für unsere Tochter nach, aber ich bin mir noch unschlüssig, ob es auch der Passende für sie ist.<<

„Wie ist das eigentlich bei wilden Drachen? Ich habe es bisher immer nur so gekannt, das der erwählte Reiter dem jung geschlüpften Drachen einen Namen gibt.“

>>Selbstverständlich geben unter natürlichen Bedingungen die Dracheneltern ihren Jungen Namen.<< antwortete die Drachin und grübelte weiter. >>Aber das ist gar nicht so einfach…<<

„Möchtest du mir nicht den Namen verraten, den du im Sinn hast? Vielleicht kann ich dir bei der Entscheidung helfen. Ich habe auch eine Menge Ideen.“

>>Ich dachte an Vanyali.<<

„Vanyali… Tochter von Eragon und Saphira.”

>>Ja... du findest es also auch einfallslos!?<<

„Ganz und gar nicht, Saphira.” Antwortete Eragon.  „Dieser Name klingt viel schöner, als all die Namen, die ich im Sinn hatte…”  

>>Wirklich?<<

„Ich finde, dass Vanyali hervorragend zu einem mitternachts blauen Drachenmädchen passt.“

>>Oh! Danke, Eragon.<< sprach Saphira glücklich und leckte ihm über das Gesicht. >>Dann wird unser Mädchen Vanyali heißen!<<

+++

Im Laufe des Tages nahte ein Ochsenkarren von vier Männern begleitet aus der Stadt heran. Eragon konnte erkennen, das sich einige Fässer auf dem Karren befanden.

„Da kommt endlich unser Met.” Freute sich Eragon.

„Seid gegrüßt, Drachenreiter.” Sprach einer der Männer und schritt auf Eragon zu, während zwei seiner Begleiter die Ochsen beruhigen mussten, da sie angesichts der Anwesenheit eines Drachens sehr nervös wurden. „Wir liefern euch wie versprochen die Fässer Met. Mit besten Empfehlungen von Hàkon und seinem Vater.”  

„Habt Dank!” antwortete Eragon freundlich.

Nachdem sie die Fässer bei Eragon abgeliefert hatten, zogen sie rasch von dannen, um bloß nicht eine Minute länger bei dem Drachen zu verweilen.

>>Wollen wir?<< fragte Saphira.

„Jetzt schon? Wollten wir nicht bis heute Abend warten? Ich bin in diesem Körper sonst zu schnell betrunken.”

>>Nur ein paar Schluck…<< bettelte die Drachin und setzte ihren niedlichsten Blick auf.

„Erst sind es am Anfang immer nur ein paar Schluck und wir wissen beide ja sehr gut, wie das danach ausufert.“ seufzte Eragon, konnte aber dem Blick seiner Partnerin nicht widerstehen. „Also gut…“

>>Dann lass uns einen kleinen Toast aussprechen.<< erklärte Saphira. >>Auf unseren Bund fürs Leben und auf uns als baldige Eltern.<<

Saphira tauchte ihre Schnauze in das erste Fass, während Eragon nur eine kleinere Menge zu sich nahm. Die Drachin hatte nicht einmal die Hälfte des Fasses geleert, da begann sie merkwürdig zu schwanken.

„Saphira ist alles in Ordnung? Du siehst nicht gut aus.“ Sprach Eragon besorgt.

>>Mir ist so schwummerig.<< murmelte sie und schüttelte ihren Kopf. >>In meinem Kopf dreht sich alles…<<

„Du kannst doch noch nicht betrunken sein, nach einem halben Fass?!“ bemerkte Eragon und fühlte sich mit einem male ebenfalls benommen. „Irgendetwas muß in dem Met gewesen sein… das uns…“

Weiter kam Eragon nicht, als sich die Welt plötzlich in Schwärze hüllte.

+++

„Hervorragende Arbeit!” sprach Hàkon, als er zusammen mit seinen vier Helfern die Lichtung betrat, wo er Eragon und Saphira bewusstlos vorfand.

„Sie waren absolut arglos.“ meinte einer der Helfer.

Doch Hàkon achtete nicht länger darauf, was der Mann ihm erzählte und durchsuchte Eragons Gepäck. Schließlich fand er das, wonach er suchte.

„Hier ist es!” dachte Hàkon bei sich und nahm das Drachenei in die Hände. „Mit dir an meiner Seite, werde ich mir das zurückholen, was mir geraubt wurde.“

Hàkon glaubte sich schon siegesbewusst, da ertönte ein plötzlich ein markerschütterndes Gebrüll und wie ein roter Pfeil schoss Dorn vom Himmel herab, auf die verschreckten Menschen zu und selbst Hàkon war überrascht, seine einstigen Diener wieder zu sehen.

„Eine wahrhaftige Überraschung. Aber andererseits, wie sollte Eragons Drachendame sonst zu Nachwuchs gekommen sein?!“

Nachdem Dorn mit einem lautem Getöse aufsetzte, sprang Murtagh mit gezogenem Schwert von dem Rücken des Drachens. Allerdings hielt er nicht wie zu erwarten Zar´roc in den Händen, sondern ein sonderbares Breitschwert, welches mit fremden Runenschriften verziert war, die von keinem Volke Alagaesias stammten.  

„Angela! Kümmere dich um Eragon und Saphira.“

Das ließ sie sich nicht zweimal sagen und eilte sofort zu ihnen.  

„Murtagh!“ fluchte Hàkon. Ihm war es natürlich bewusst, dass mit dem Tod seines alten Körpers sämtliche Schwüre von ihnen abgefallen waren.  

„Ganz genau!” spuckte der Reiter des roten Drachens aus. „Wir wissen, wer du in Wahrheit bist. Händige uns auf der Stelle das Drachenei aus.“

„Und den Schlüssel zur Erneuerung meiner Macht abgeben? Ich denke gar nicht daran, Murtagh.“ Lachte Hàkon höhnisch, doch da wurde sein Körper von Krämpfen erschüttert und ein beißender Schmerz hämmerte in seinem Kopf.

„…Murtagh!“ sprach Hàkon, doch klang seine Stimme jetzt etwas anders als zuvor. „Ich weiß nicht, wie lange ich ihn aufhalten kann!“

>>Was ist mit ihm?<<  fragte Dorn.

>>Das muß der echte Hàkon sein. Irgendwie muß er es geschafft haben an die Oberfläche zu gelangen.<< antwortete Murtagh.

„Nehmt das Ei und versteckt es vor mir! Schnell!“

Murtagh schnappte sich das Ei und legte es zwischen Dorns Pfoten nieder.

„Kann man dir irgendwie helfen?“ fragte Murtagh und drehte sich zu Hàkon um.

„Ich weiß es nicht!“ stöhnte Hàkon und merkte das Galbatorix Geist wieder an die Oberfläche trat. „Falls nicht, müsst ihr mich töten!”

„Du verfluchter Narr!“ tobte Galbatorix mit Hàkons Stimme. „Malthinae!”

Dorn und Murtagh wurden von einem gleißendem Licht geblendet und konnten für einen kurzen Moment nichts sehen. Als sich ihre Sicht wieder einigermaßen besserte, war Hàkon verschwunden.

„Das Ei!” keuchte Murtagh.

>>...ist hier.<< antwortete Dorn und Murtagh atmete tief durch, als er das Ei sicher in Dorns Pfoten sah.  

„War das knapp! Ich dachte schon, wir würden zu spät kommen…“

>>Ich glaube, ich bin in meinem Leben noch nie so schnell geflogen… ich spüre meine Flügel kaum noch.<<

„Ruh dich aus, mein Freund. Du warst großartig.“ lobte Murtagh und gesellte sich anschließend zu Angela.

„Wie geht es den beiden?“ fragte Murtagh.

„Das Gift, das die Beiden geschluckt haben, hat sie in eine Art Komazustand versetzt, aber keine Sorge, mir ist dieses Gift bekannt. Es sollte sie nur außer Gefecht setzten, aber nicht töten.“ antwortete Angela und nahm aus ihrer Umhängetasche einen kleinen Behälter, der mit einer stark riechenden Tinktur gefüllt war. Diese hielt sie Eragon und anschließend auch Saphira unter die Nase.

„Götter, was ist das für ein Geruch?!“ schreckte Eragon hoch und auch Saphira erwachte mit einem angewiderten Grollen.

„Nur ein altes Hausrezept.“ meinte Angela. „Das weckt beinahe jeden wieder auf.“

„Angela? Warum bist du hier?“ fragte Eragon verwirrt. „Ich weiß nur noch, dass wir Met getrunken haben und… danach wurde mir schwarz vor Augen.“

„Eragon, wir haben so eben deinen Nachwuchs vor einem schlimmen Schicksal gerettet.“ antwortete Murtagh für Angela.

„Gerettet? Vor welchem schlimmen Schicksal?”

>>Was ist mit unserer Tochter?<< knurrte Saphira.

„Keine Sorge, wir sind noch rechtzeitig gekommen. Wir erzählen euch alles, was wir wissen.“

Eragon und Saphira waren geschockt. Hàkon war also tatsächlich Galbatorix Sohn und dieser hat nun durch verbotene Magie den Körper des Jungen übernommen.

„Wie konnte so etwas nur passieren? Er hat es auf unsere Tochter abgesehen und beinahe wäre es ihm gelungen, sie uns zu entreißen, wenn ihr nicht gewesen wärt.“

„Da sind mir noch ein paar Dinge aufgefallen.“ ergänzte Murtagh. „Offensichtlich weiß Galbatorix nicht, dass du der Vater bist, Eragon. Dies könnte vielleicht ein Vorteil sein. Außerdem, gelang es dem echten Hàkon für einen kurzen Bruchteil die Kontrolle wieder zu erlangen.“

„Dies wird höchst wahrscheinlich ein Glücksfall gewesen sein, der sich möglicherweise nicht so schnell wiederholen wird.“ merkte Angela an. „Allerdings muß ich gestehen, dass ich nur sehr wenig über diesen altertümlichen Zauber weiß und selbst meine alte Freundin Flare konnte mir aus der Geisterwelt nichts Näheres erläutern.“

„Aber es muß doch eine Möglichkeit geben, Hàkon zu helfen.“ Sprach Eragon.

„Hàkon bat uns, ihn zu töten, wenn es sein muß.“ sagte Murtagh. „Und so wie ich Galbatorix kenne, wird er uns höchst wahrscheinlich auch gar keine andere Wahl lassen.“

>>Murtagh…<< sprach Dorn plötzlich und klang sehr aufgeregt.

„Was ist denn Dorn?“

>>Ich unterbreche euch nur sehr ungern, aber…<<

„Aber was? Sprich nicht in Rätseln!“

>>Das Ei! Ich glaube, es bewegt sich!<<  

 

rauf


Kapitel 25

 

 

runter

 

Saphira stieß ein fassungsloses Brüllen aus und riss Dorn glatt um, als sie zu ihrem Ei stürmte.

>>Sie schlüpft! Unsere Tochter schlüpft!<<  

„WAS??? JETZT?!“ Eragon eilte ebenfalls zu dem Ei. „Wieso kann sie nicht warten, bis wir wieder zu Hause sind?“

Beide verstummten, als sie sahen, dass sich auf der ansonsten markelosen Schale zunächst ein feiner Riss bildete. Doch folgend darauf zeichneten sich mit leisen Knacken immer mehr Risse auf der Oberfläche ab, so dass sie bald ein Spinnennetzmuster erschufen. Die kleine Drachin war offenbar sehr am Kämpfen und hatte große Mühe, das Ei aufzustoßen.

>>Komm schon, mein Kleines!<< spornte sie ihre Tochter an und berührte mit ihrer Schnauze sanft das Ei.

„Du schaffst es!“ stimmte Eragon mit ein. Die Knackgeräusche wichen einem dumpfen Pfiepen, als wolle die kleine Drachin sagen: „Ich will hier raus!“

Plötzlich brach das Ei ein Stück auf und eine winzige Drachenpfote ragte heraus.

>>So ist es richtig, kleine Drachendame! Streng dich an!<< lächelte sie. >>Noch ein bisschen mehr!<<

Eragon und Saphira beobachteten mit einem breiten Lächeln auf ihren Gesichtern, als die Schale abermals ein Stück aufbrach und sich diesmal eine zierliche Schnauze zeigte.

„Sie hat es bald geschafft!“ Die Gefühle überwältigten ihn und die ersten Tränen standen ihm im Gesicht. Er, der einstige Bauernjunge, eines mittlerweile vergessenen Dorfes und Broms Sohn, war nun der Vater des ersten wilden Drachens in ganz Alagaesias nach sehr langer Zeit.

Saphira unterbrach seine Gedanken und leckte ihm über das Gesicht.

Beide Eltern hielten ihren Atem an, als das Ei plötzlich mit einem lauten Bersten aufbrach und ein mitternachts blaues Drachenbaby herausplumpste.

>>Oh, Eragon... ist unsere Tochter nicht wunderschön?<<

Eragon konnte seiner Partnerin nur zustimmen. „Ich kann es kaum glauben. Sie ist wirklich ein kleines Wunder.“

Ihre Schuppen wirkten auf den ersten Blick fast schwarz, doch in Wirklichkeit, war es nur ein tief dunkles Blau. Auf ihrem Rücken trug sie einen weißen stacheligen Kamm, der sich bis zu ihrer Schwanzspitze hinunterzog. Doch am auffälligsten waren wie bei ihrer Mutter die strahlend blauen Augen.

„Sie hat zweifellos deine Augen.“ merkte Eragon an. „Ich frage mich, was sie wohl von mir geerbt hat.“
 
>>Vielleicht, den Drang sich in Gefahr zu begeben?<< witzelte sie. >>Das möchte ich jedoch nicht hoffen.<<

„Sehr witzig, Saphira…“

Vanyali sah den riesigen Kopf ihrer Mutter auf sich zukommen und versuchte sich in den Überresten der Schale zu verstecken, jedoch ohne Erfolg, denn Saphira begann die kleine Drachin mit ihrer Zunge zu putzen.

Plötzlich stieß Saphira ein überraschtes Grunzen aus.

>>Autsch!<<

„Was ist los, Saphira?“ fragte Eragon.

>>Sie hat mir gerade in die Zunge gebissen!<<

Eragon konnte sich nicht helfen und musste lachen.

„Jetzt haben wir wohl den Beweis, dass sie tatsächlich meine Tochter ist. Ich habe es als Kind auch nicht gemocht gebadet zu werden.“

>>Nun, wenn das so ist, dann weiß ich ja wer sich in der nächsten Zeit um ihre Pflege kümmern wird.<<

Vanyali folgte dem Ursprung der Stimme, die sie nicht in ihrem Geist hörte und blickte Eragon mit neugierigen Augen an. Mit wackeligen Beinen tapste sie unbeholfen auf Eragon zu um ihn zu beschnüffeln.

„Willkommen, Tochterherz!“ sprach Eragon und wollte das Drachenmädchen auf seinen Arm nehmen, doch Vanyali wich überraschend zurück.

„Was ist denn, meine Kleine?“ fragte Eragon erstaunt. „Ich weiß, dass ich im Moment für dich etwas seltsam aussehen mag, aber du musstest ja unbedingt vor Sonnenuntergang schlüpfen.“

Das Drachenmädchen schien verwirrt zu sein. Auf der einen Seite hatte dieser Zweibeiner einen sehr vertrauten Geruch an sich, aber andererseits sah er so eigenartig aus.

Noch völlig unfähig Worte zu formen, versuchte sie sehr zaghaft in gedanklichen Bildern zu kommunizieren. Doch Saphira verstand es als ein: ‚Kein Drache, aber riecht wie Drache.’    

>>Dieser komische Zweibeiner ist dein Vater.<< antwortete Saphira. >>Du wirst es aber schon noch sehen.<<

Behutsam packte Saphira die kleine zierliche Drachin mit ihrer Schnauze und legte sie Eragon in die Arme.

Der stolze Vater hielt seine Tochter in den Armen, fast so als wäre sie ein menschliches Kind.

„Vanyali, unsere Tochter…“ sprach Eragon stolz und streichelte ihr über den Kopf, was sie mit einem vergnügten Schnurren beantwortete.

>>Können…<< brummte Dorn hinter ihnen. >>Können wir sie auch mal sehen?<<

Saphira und Eragon waren so dermaßen von ihrer Tochter fasziniert, das sie die Vier völlig vergessen hatten.

Die Drachin brummte und machte für ihre Freunde Platz, damit sie Vanyali besser sehen konnten.

Neugierig blickte das Drachenmädchen die vier fremden Wesen an.

„Das sind Angela, Solembum, Dorn und dein Onkel Murtagh.“ erklärte Eragon.

„Eine äußerst interessante Schuppenfarbe.“ sprach Angela wissbegierig. „Dürfte ich sie untersuchen? Keine Sorge, ich möchte nur sichergehen, das die kleine Drachendame auch gesund ist. Immerhin ist dies das erste Mal, das ein ehemaliger Shur'tugal, ein Drachenbaby gezeugt hat.“

>>In Ordnung, Angela. Obwohl ich nicht glaube, dass ihr das gefallen wird.<<  meinte Saphira.

Doch Angela verstand ihr Handwerk und wusste offenbar genau, wie sie mit einem jungen Drachen umzugehen hat.

„Keine Angst, kleine Drachendame. Ich werde dir nicht wehtun.“

Vanyali strampelte zunächst zwar ein wenig, beruhigte sich aber sogleich wieder, da sie erkannte, dass von der Zweibeinerin keine Gefahr drohte.

„Hm… du sprühst ja förmlich voller Energie und Vitalität. Sehr gut durchblutete Flügel und die Augen sind klar und glänzend.“ sprach Angela. „Sehr hübsches Drachenmädchen. Ein paar Jahre noch und ich schätze, du wirst deiner Mutter Konkurrenz machen, aber lass dir das nicht zu Kopf steigen!“

Angela war zufrieden und ließ Vanyali wieder los.

„Herzlichen Glückwunsch, ihr beiden. Eure Tochter ist wohlauf und ein kleines Energiebündel.“

„Woher kennst du dich so gut mit Drachen aus?“ fragte Eragon, da niemand genaueres über Angelas Vergangenheit bescheid wusste. „Warst du in der Vergangenheit vielleicht auch mal eine Reiterin?“

„Ich? Nein!“ lachte sie und hielt zum Beweiß ihre Hände vor, die kein Gedwey Ignasia aufwiesen, die sie als eine mögliche Reiterin identifiziert hätte. „Sagen wir einfach, ich hatte eine hervorragende Mentorin, die mir ein umfangreiches Fachwissen vermittelt hat.“

>>Sie ist so winzig.<< sprach Dorn verblüfft.

„So winzig warst du auch einmal.“ merkte Murtagh an. „Ich erinnere mich noch daran, als sei es erst gestern gewesen.“

Doch Murtagh wünschte sich, dass die damaligen Umstände anders verlaufen wären, so dass Dorn nicht gleich nach seiner Geburt in die Knechtschaft verdammt wurde. Auch wenn sein Drache diese Zeit inzwischen recht gut überstanden hatte, so blieben aber dennoch Narben zurück, die nie vollständig verheilt sind.

„Wir werden schwören, dass wir eure Tochter vor allem Übel beschützen werden.“ Sprach Murtagh plötzlich und wiederholte diese Worte in der alten Sprache.

Auch Dorn zögerte nicht und legte ebenfalls seinen Schwur in der alten Sprache ab. Beide waren sich einig, dass sie für die Zukunft der kleinen Drachin und der neuen Drachengeneration kämpfen würden. Das Schicksal, das ihnen wieder fuhr, soll niemals wieder ein anderes Wesen erdulden müssen.

„Danke, meine Freunde. Ohne euch wäre sie Galbatorix in die Fänge geraten. Das hätte ich mir niemals verziehen, wenn ihr etwas passiert wäre.“

„Keine Ursache, Eragon. Immerhin ist sie meine Nichte, nicht wahr?“ lachte Murtagh. „Also gehört sie auch zur Familie.“

+++

„Was bei dem Rat der sieben Teufel hatte das zu bedeuten?“ fluchte Galbatorix. „Ich war so nah dran!“

Hàkon hing nach wie vor in seinem mentalen Gefängnis. Auch wenn er die Kontrolle nur für einen kurzen Augenblick wieder erlangt hatte, so war dies doch ein erster Erfolg.

„Wie konnte so etwas nur passieren? Ich hätte es noch akzeptieren können, dass nur dein Geist hier gefangen gehalten wird, aber möglicherweise waren die Überlieferungen eines so alten Zaubers nicht mehr ganz vollständig…”

„Mir tut es wirklich aufrichtig leid, dass ich dir deinen Spaß verdorben habe!“ sprach Hàkon ironisch.

„Bilde dir nicht all zuviel darauf ein, Hàkon. Diese Spielrunde mag vielleicht an dich gegangen sein, aber ich werde beim nächsten Mal meine mentale Abwehr nicht mehr so leichtfertig vernachlässigen. Ich muß wohl wieder neue Nachforschungen über diesen alten Zauber anstellen, um die Fehler zu korrigieren, die mir offensichtlich unterlaufen sind.“  

Grübelnd verschwand Galbatorix und ließ Hàkon in seinem dunklen Gefängnis zurück.

>>Bleibe stark, Hàkon!<< vernahm er plötzlich eine fremde Stimme.

„Wer spricht da?“ fragte Hàkon verzweifelt in die Dunkelheit, doch eine Antwort blieb ihm aus. Hatte er sich die Stimme vielleicht eingebildet? Machte es ihn langsam wahnsinnig, im eigenen Körper gefangen zu sein? Nein, noch einmal würde er sämtliche Warnungen nicht mehr länger ignorieren. Dort aus dem Dunklen war deutlich eine Stimme zu hören, die aber keinesfalls von Galbatorix stammte.
Noch einen Dämonen konnte er hier absolut nicht gebrauchen, obwohl diese neue Stimme sehr warm und irgendwie… weiblich  klang. Oder war dies etwa doch ein neuer Zauber von Galbatorix um ihn noch mehr zu verwirren?

+++

„Wie werden wir jetzt weitermachen?“ fragte Murtagh. „Jetzt, wo wir wissen wer Hàkon in Wirklichkeit ist, wird er unmöglich nach Daret zurückgekehrt sein.“

„Nasuada muß unbedingt davon in Kenntnis gesetzt werden.“ antwortete Eragon. „Nur ist die Frage, wer reist in die Hauptstadt und vermittelt ihr diese beunruhigende Nachricht, das Galbatorix wieder am Leben ist. Saphira und ich können nicht, weil wir uns um die kleine Vanyali kümmern müssen, die für uns im Moment den größeren Vorrang hat.“

>>Dann werden Murtagh und ich zur Hauptstadt gehen.<<

„Wir wollten uns doch versteckt halten...“

>>Murtagh, hast du nicht eben geschworen Eragons Tochter zu beschützen? Außerdem können wir nicht ewig weglaufen. Hier geht es um die Zukunft Alagaesias und vor allem unserer Art!<< sprach Dorn. >>Auch wenn Galbatorix momentan noch keine Armee aufstellen kann, so ist er dennoch eine sehr ernste Bedrohung. Du kennst ihn und weißt auch genauso gut wie ich, das er auch weiterhin hinter dem Drachenmädchen her sein wird, weil er einen Drachen benötigt. Soll sich denn alles wiederholen?<<

„Nein…“ antwortete Murtagh. „Auch wenn es mir nicht gefällt, in die Hauptstadt zu gehen.“

„Gut, dann wäre zumindest dieses Problem gelöst.“ sprach Eragon.

Vanyali verstand nicht, was die Großen miteinander redeten, aber es sah sehr langweilig aus und sie wurde allmählich hungrig. Doch leider entdeckte sie nichts, was sie fressen konnte, außer vielleicht dieses schwarze pelzige Etwas...

Schlagartig stieß Solembum einen schrillen Schrei aus und als sich Eragon und die Anderen erschrocken zu ihm umdrehten, erkannten sie, das Vanyali der Werkatze in den Schwanz gebissen hatte. Dabei blickte das Drachenmädchen so dermaßen unschuldig, dass sich Angela nicht mehr halten konnte und in ein hysterisches Gelächter ausbrach.

>>Angela… wie kannst du nur darüber lachen?<< schimpfte Solembum und befreite sich von der kleinen Drachin. Ihm war diese Situation ungeheuer peinlich. >>Dieses freche Drachenmädchen hat mich als ihren Appetithappen angesehen!<<

>>Es tut mir so leid, Solembum. Ich werde ihr sofort etwas zum Fressen besorgen.<< kicherte Saphira und beugte sich zu ihrer Tochter hinunter. >>Lili, du darfst die Werkatze nicht fressen. Mama bringt dir etwas Feines!<<

„Jetzt versteht ihr, was ich vorhin meinte…“ sagte Eragon.  

 

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Kapitel 26

 

 

runter

 

Nach ihrem Gespräch, trennten sich die Freunde. Murtagh und Dorn brachen zusammen mit Angela und der Werkatze nach Ilirea auf, um die Königin von Galbatorix Rückkehr zu unterrichten. Die Kräuterhexe wäre allerdings noch liebend gerne bei der kleinen Vanyali und ihren Eltern geblieben, allerdings wollte Solembum keine Minute länger als nötig in der Nähe des beißwütigen Drachenmädchens verweilen und drängte Angela gerade dazu, mit Murtagh und Dorn zu reisen.  

Saphira ging indessen auf die Jagd, während Eragon auf Vanyali aufpasste. Als der Abend schließlich hereinbrach, verlosch auch die Wirkung des Verwandlungszaubers und Eragon konnte sich seiner Tochter endlich als das zeigen, was er wirklich war. Anfangs erschreckte sich Vanyali fürchterlich, doch als sie ihren ersten Schock überwunden hatte und ihren Vater in seiner Drachengestalt sah, fiepte sie vergnügt auf und hüpfte vor ihm auf und ab, wie ein Springball.

Als Saphira schließlich von ihrer erfolgreichen Jagd zurückkehrte, sah sie ihre Tochter zwischen den Pfoten ihres Vaters liegen. Dieser Anblick rührte das Herz der Drachin.

>>Wie ich sehe hat sie sehr positiv auf deine Rückverwandlung reagiert. Ich nehme an, ihr gefällt dein Aussehen jetzt sehr viel besser, als vorher.<< freute sich Saphira und schmiegte sich an ihren Partner. >>Ich teile ihre Meinung.<<

>>Sie war wirklich sehr davon fasziniert, als aus diesem komischen Zweibeiner, der sich für ihren Vater hielt, plötzlich ein Drache wurde.<<

>>Das war für unser armes Mädchen wirklich sehr verwirrend.<< brummte Saphira mitfühlend. >>Aber nun hat sie ja endlich die Wahrheit erkannt und darüber bin ich froh.<<

>>Ach, Saphira. Ich denke, jedes wilde Drachenkind hätte so wie sie reagiert. Ich kann es ihr überhaupt nicht übel nehmen.<<

Nach ihrem abendlichen Mahl, war das Drachenmädchen aber noch lange nicht müde und jagte einer Libelle hinterher, die zuvor um ihren Kopf herumschwirrte. Doch das irritierte Insekt konnte der Drachin geschickt ausweichen, so dass sie ständig ins Leere purzelte.
 
Doch Vanyali blieb hartnäckig und versuchte immer wieder sich dieses verflixte Insekt zu schnappen.

>>Sie ist genau so trotzig, wie du.<< witzelte Eragon.

>>Ach?!<< schnaubte Saphira gespielt mürrisch.

Schließlich wurde ihr dieses Spiel aber dann doch zu langweilig und ließ sich vor ihren Eltern nieder. Eragon lächelte und lehnte sich zu ihr hinunter, um sie sanft mit seiner Schnauze zu berühren.

Doch plötzlich zuckte sie zurück und schnappte nach Eragons Nase.

>>AU!<< grunzte Eragon mental, sowie physisch und als er seine Schnauze anhob, hatte sich Vanyali daran festgebissen und strampelte mit ihren Beinen in der Luft. Eragon schüttelte sein Haupt, doch die kleine Drachin hatte schon erstaunlich kräftige Kiefer.    

>>Sie möchte doch einfach nur spielen!<< sprach Saphira und konnte ihr Lachen nicht mehr unterdrücken.

>>Wie spielt man denn, mit einem wilden Drachenkind?<< fragte Eragon und legte seinen Kopf nieder, so das die kleine Drachin ihren „Griff“ etwas löste.

>>Wie hast du denn zusammen mit Roran gespielt, als ihr noch Jünglinge ward?<< antwortete Saphira mit einer Gegenfrage und Eragon verstand worauf Saphira hinaus wollte.

>>Also gut, meine liebe Tochter!<< sprach Eragon und entließ kleine Rauchwolken aus seinen Nüstern. >>Wenn es DAS ist, was du willst… Aber sage hinterher nicht, ich habe dich nicht gewarnt.<<

Eragon machte einen Satz und landete hinter der überraschten Vanyali. Das Drachenmädchen fiepte und versuchte vor ihrem Vater wegzulaufen, doch Eragon stellte sich ihr in den Weg, so dass sie ihm nicht entkommen konnte. Vanyali rannte vorwärts und rammte mit ihrem Schädel gegen sein rechtes Vorderbein, doch Eragon stand wie eine Statue.

>>Na komm schon, Tochterherz!<< neckte Eragon. >>Das kannst du doch bestimmt besser.<<

Eragon blickte zu ihr hinunter und sah ein schelmisches Funkeln in den Augen der frechen Drachin.

Plötzlich sprang sie mit geöffnetem Maul vorwärts und zwickte ihren Vater in den Unterleib.

>>Warum mußt du ausgerechnet meine Tochter sein…<< stöhnte Eragon.

Vorsichtig packte er Vanyali mit seinem Maul und zog sie von seinem Leib weg.

>>Es wird Zeit zu fliegen, holde Maid!<< witzelte Eragon und schleuderte sie in eine kleine Pfütze.

Das Drachenmädchen platschte in das flache Wasser und für einen kurzen Augenblick machte sich ein schlechtes Gewissen in ihm breit. Doch Vanyali sprang sofort aus dem Wasser und schüttelte sich.

Saphira lachte und amüsierte sich königlich.

>>Ich weiß jetzt, wie ich es zu Ende bringe!<< sprach Eragon.

>>Jetzt schon?<< fragte Saphira unschuldig. >>Ich genieße gerade dieses Schauspiel. Lass sie doch noch ein wenig.<<

Eragon seufzte und schmolz praktisch bei dem Klang ihrer Stimme dahin.

Vanyali fauchte spielerisch und zeigte ihrem Vater die Zähne, als er sich zu ihr umdrehte.

>>Also gut, meine Schöne!<< stichelte Eragon. >>Dann zeig mir mal, was du kannst!<<

Vanyali stürmte abermals mit gesenktem Kopf voran auf ihren Vater los, aber diesmal um ihn in die Seite zu stoßen. Als sie ihn schließlich anstieß, ließ sich Eragon absichtlich mit einem Krachen auf die Seite fallen.  

Von dem Aufprall etwas benommen torkelte die kleine Drachin zurück und blickte ihren Vater verblüfft an, da sie natürlich viel zu klein war, um diesen stämmigen Drachen umwerfen zu können.

Doch da packte er sie plötzlich im Nacken und hob sie vom Boden auf. Vanyali verstand nun, dass er sie ausgetrickst hatte und schnappte mit ihren Zähnen nach ihm.

>>Weißt du, Vanyali. Wenn du so weiter machst, beißt du dir noch auf die Zunge.<< warnte Eragon.

Vanyali fiepte überrascht und schloss daraufhin ihre Schnute.

>>Sind wir nun miteinander fertig?<< fragte er und das Drachenmädchen gurrte bejahend.

>>Dann ab mit dir, ins Nest. Wir müssen morgen ausgeruht sein, wenn wir die Heimreise antreten.<<  

>>Ihr wart wirklich niedlich.<< sprach Saphira, als die beiden sich zu ihr gesellten.

>>Ich habe es wirklich sehr genossen.<< gestand Eragon, als Vanyali es sich zwischen ihren Eltern bequem machte.

>>Nicht so sehr, wie ich es genossen habe.<< antwortete Saphira und befreite die Schuppen ihrer Tochter von Staub und Schmutz, was die kleine Drachin mit leichten Tritten beantwortete. Jedoch war sie inzwischen so müde, das sie der nervigen Zunge kaum widerstand leistete.

>>Schlaf du auch ein wenig, meine Liebe.<< sprach er zu seiner Partnerin. >>Ich werde für diese Nacht Wache halten.<<

>>Eragon?<<

>>Ja, Saphira?<<

>>Du bist ein fabelhafter Drachenvater.<<  

 

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Kapitel 27

 

 

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Inzwischen waren einige Tage vergangen, seid Eragon und seine Partnerin ihre heimatliche Höhle erreichten. Vanyali war inzwischen ein wenig gewachsen und beide Eltern warteten schon gespannt auf die ersten Worte ihrer Tochter. Doch bisher schien sich die kleine Drachin damit Zeit zu lassen. Sie war viel mehr daran interessiert die neue Umgebung zu erkunden, die viel spannender war. Überall entdeckte sie etwas Neues.

>>Was glaubst du, wird ihr erstes Wort sein?<< sprach Eragon aufgeregt. >>Ich hoffe auf Mutter oder Vater!<<

>>Liebster…<< stöhnte Saphira. >>Du bist wirklich unmöglich. Sehr wahrscheinlich kann sie bereits reden und sagt nur absichtlich nichts, um dich zu ärgern.<<

Eragon blickte seine Tochter an, doch die legte ihren Kopf schief und schaute zurück, als wäre sie die Unschuld in Person.

>>Da könntest du vielleicht sogar recht haben.<< murmelte Eragon. >>Sie wird sich mit dem Sprechen genauso viel Zeit lassen, wie mit ihrem Schlüpfen.<<

>>Hoffen wir nur, das sie ihr erstes Wort nicht in einer ähnlich ereignisreichen Situation von sich gibt.<< witzelte Saphira.

Eragon grunzte und richtete sich auf.

>>Meine Schuppen sind völlig matt. Ich könnte heute wirklich ein Bad vertragen. <<

>>Meine sehen auch nicht besser aus.<<  schnaufte Saphira. >>Geh schon mal zu Fluss hinunter, Liebling. Lili und ich werden später nach kommen.<<

+++

Dorn flog hoch über den Wolken, um von den Menschen unentdeckt zu bleiben, denn auch wenn ihnen von Nasuada keine Gefahr ausging, bedeutete dies nicht, dass ihnen die Menschen Alagaesias ebenfalls für ihre Taten vergeben hatten, die sie im Dienste Galbatorix verrichteten.

Murtagh war es mulmig zu mute, als sie sich dem Ort näherten, den er eigentlich niemals wieder sehen wollte und am liebsten hätte er gleich kehrt gemacht, als die Stadtmauern in Sichtweite kamen. Auch wenn die Stadt wieder ihren ursprünglichen Namen trug, so war es für Murtagh nach wie vor Uru´baen.

>>Murtagh…<< meldete sich Dorn. >>Ich weiß, es ist schwer für dich, aber wir müssen das jetzt durchstehen, oder es wird wieder so wie damals werden, wenn Galbatorix es schafft seine Macht zurückzuerlangen.<<

>>Ja, ich weiß.<< antwortete Murtagh. >>Aber jetzt wo wir wieder hier sind, kommen sämtliche Erinnerungen wieder nach oben, die ich eigentlich verdrängen wollte.<<

>>Nur Mut und hab vertrauen zu Nasuada.<<

Murtagh nickte schweigend.

„Geht es dir gut?“ erkundigte sich Angela. Sie bemerkte natürlich deutlich die Angespanntheit, anhand seiner Körperhaltung.

„Mir geht es hervorragend. Mich macht nur dieser verfluchte Ort nervös.“

„Die Königin hat hier sehr viel verändert, seitdem du das letzte Mal hier gewesen bist.“ sprach Angela. „Du solltest deine Vergangenheit hinter dich lassen.“

„Daran arbeite ich seit über 6 Jahren, doch dann spielt mir das Schicksal einen Streich und lenkt mich wieder hier her zurück.“

„Einen Streich würde ich das aber nicht gerade nennen. Du solltest es viel eher als eine Möglichkeit sehen, eure Namen wieder rein zu waschen. Ihr kämpft ja nicht nur für die Drachen, sondern auch für die freien Völker Alagaesias.“

+++

Eragon schwamm ruhig und gelassen im Fluss herum, während Saphira auf Vanyali achtete, die vergnügt im seichten Wasser planschte.

Doch plötzlich glaubte Eragon etwas aus seinen Augenwinkeln heraus zu erkennen und streckte seinen Kopf aus dem Wasser. Dabei fielen seine Blicke auf einen fremden Mann, der am Waldrand wie angewurzelt da stand und die Drachenfamilie beobachtete. Saphira sah ihn schließlich ebenfalls und positionierte sich augenblicklich vor Vanyali, die sofort mit ihrem Spielen aufhörte.

Eragon trat aus dem Wasser und gesellte sich zu seiner Partnerin, dabei hielt er beide Flügel weit geöffnet und begann ein kehliges Knurren auszustoßen.

Der Mann wurde blass im Gesicht, bei dem Anblick der sich vor im bot und ergriff panikartig die Flucht.

>>Ich dachte, wir wären wenigstens hier vor Menschen ungestört.<< sprach Saphira, als sie zu ihrer Tochter hinunterblickte. >>Was sucht jemand so tief im Buckel?<<

>>Hoffen wir, dass es bloß ein verirrter Jäger gewesen ist.<< antwortete Eragon. >>Ich werde ihm aber dennoch hinterher fliegen. Bringe unsere Tochter aber besser zur Höhle zurück.<<

Die Drachin nickte und stieß ihre Tochter sanft an.

>>Sei vorsichtig, Liebster.<<

Eragon stieg in die Luft und schlug die Richtung ein, in die der Fremdling davon lief.  

Den fliehenden Menschen aufzuspüren stellte für Eragon kein großes Problem dar, denn der Mann war so sehr in Panik verfallen, dass Eragon seinen Geruch bereits aus einiger Entfernung noch deutlich erkennen konnte.


Es dauerte nicht sehr lange, bis Eragon einige Zelte entdeckte, die auf einer größeren Lichtung errichtet waren. Nun war es klar, wo dieser fremde Mensch her kam.

Eragon flog daraufhin eine steile Kurve und landete auf einer hohen Klippe, von wo aus er einen guten Überblick auf die Lichtung hatte.

Eragon zählte etwa vierzig Zelte und bei der Größe konnte dieses Zeltlager keiner Jagdgruppe angehören. Dies machte ihn äußerst neugierig.

Kurz darauf erspähte Eragon den fremden Mann, den er bis zu diesem verdächtigen Zeltlager verfolgt hatte.

Dieser schrie und fuchtelte wild mit den Armen, um sich Gehör zu verschaffen.

„Was schreist du hier so laut herum, Johann? Du solltest doch nach einem Fluss Ausschau halten, an dem wir unser Dorf errichten können. Hast du nun ein Gewässer gefunden, oder nicht?“

„Das habe ich, Olav.“ Sprach der verängstigte Mann zwischen seinem Keuchen. „Aber ich habe dort Drachen gesehen! Riesige, blutrünstige Drachen!“

„Sei kein Narr.” plapperte eine dritte Person.  „Es gibt im Buckel keine Drachen. Jeder weiß, dass in ganz Alagaesia nur noch ein einziger lebender Drache existiert.

„Es waren aber drei Drachen! Zwei Große, die mich mit bedrohlichen Augen anstarrten und nichts als Boshaftigkeit in ihren Herzen trugen und dann war da noch ein kleinerer Drache, der aber genügend Potential besitzt, um uns gefährlich zu werden.“

Eragon grollte leise, als er den Mann so reden hörte. Es stimmte zwar, dass er den Mann angeknurrt hatte, aber nur um ihn zu warnen, nicht in die Nähe seiner Tochter zu kommen. Die wilden Behauptungen des Mannes machten ihn wütend, da sie einfach nicht der Wahrheit entsprachen.

„Du behauptest also, einem Pärchen wilder Drachen begegnet zu sein, einschließlich Nachkommen? Und du bist dir auch ganz sicher, das es sich wirklich um Drachen handelt?“ sprach der Mann mit Namen Olav und soweit Eragon einschätzen konnte, handelte es sich bei ihm um den Anführer der Gruppe.

„Ich denke mir so etwas doch nicht aus! Ich habe diese Drachen mit eigenen Augen gesehen und ganz offensichtlich gehört dieser Ort zu ihrem Territorium.“

„Nun, der Fluss ist für den Bau unseres Dorfes von immenser Bedeutung.“ sagte Johann. „Das bedeutet, dass wir diese Drachen wohl von hier vertreiben müssen.“

Eragon hatte genug gehört, denn nun war der Zeitpunkt gekommen, den Menschen SEINEN Standpunkt der Sache mitzuteilen.

Blitzartig schoss eine gleißende Flammensäule über den Köpfen der Menschen hinweg.

>>Wenn ihr klug seid, würde ich an eurer Stelle diesen Plan noch einmal gründlich überdenken!<< brüllte Eragon zu ihnen hinunter und sah, wie sich die Menschen erschrocken umsahen.

Olav war der erste, der sich von dem Schecken erholte und rief zu Eragon hinauf: „Was willst du von uns, Drache? Wir wünschen nur von eures Gleichen in Frieden gelassen zu werden!“

>>Das klang vorhin aber ganz und gar nicht danach! Offensichtlich wollt ihr mich und meine Familie von unserem zuhause fortjagen, damit ihr euer Dorf errichten könnt!<< knurrte Eragon. >>Warum seid ihr dafür in den Buckel gekommen? Die Ländereien des Königreiches bieten für die Menschen genügend Lebensraum.<<

„Wir sind inoffiziell hier und wollen unser Dorf im Geheimen aufbauen. Der Krieg hat im Land viel Verwüstung hinterlassen und die Steuern wurden für den Wiederaufbau drastisch erhöht. Dem versuchen wir halt zu entkommen.“

>>Steuerflüchtlinge?!<< dachte Eragon bei sich und ihm viel auf, das die Menschen, die er beobachtete nicht gerade wie die Ärmsten der Armen aussahen. Es stimmte, das Nasuada die Steuern angehoben hatte um den Wiederaufbau zu finanzieren, aber Eragon wusste auch, dass sie absolut keine Ausbeuterin war. Anscheinend waren die wohlhabenden Leute des Reiches anderer Meinung. >>Das wird Nasuada bestimmt brennend interessieren! Möglicherweise befinden sich unter ihnen sogar ein paar Adelige.<<

>>Ich gebe euch einen guten Rat: Kehrt wieder in eure Dörfer und Städte zurück, wo ihr hergekommen seit und zahlt eure Steuern! Wir werden euch in Frieden ziehen lassen.<< rief er für alle hörbar. >>Solltet ihr aber tatsächlich versuchen mich und meine Familie von hier zu vertreiben, so werdet ihr mit weitaus mehr bezahlen!<<

Eragon flog von der Klippe und spie erneut einen Feuerstrahl über die Köpfe der Leute, um seiner Warnung zusätzliches Gewicht zu verleihen.

+++

Die Stadt hätte geradezu überrumpelt werden können, als Dorn zur Landung ansetzte, da zurzeit nur eine Wache am Tor postiert war.

Murtagh und Angela stiegen von Dorns Rücken ab und näherten sich dem verblüfften Soldaten, der ihnen nervös seinen Speer entgegen hielt. Der Mann war bereits während Galbatorix Herrschaft im Dienste der Armee und erkannte den roten Drachen wieder, sowie auch seinen Reiter.

„Lord Murtagh…“

„Ja, wir sind aber nicht in feindlicher Absicht gekommen.“ antwortete dieser. „Ich muß Königin Nasuada in einer äußerst wichtigen Angelegenheit sprechen. Ist sie in der Stadt?“

Murtagh konnte sich immer noch nicht so richtig an die Tatsache gewöhnen, dass die junge Anführerin der Varden, zur Königin ernannt worden ist.

„J… ja, unsere königliche Hoheit ist hier.“ stotterte die Wache. „Ich werde sie umgehend über eure Ankunft informieren, Lord Murtagh.“

Murtagh seufzte. Es würde sich niemals etwas ändern, egal was er auch vollbringt. Gänzlich würde er seine Vergangenheit niemals hinter sich lassen können.

Wenig später kehrte die Wache in Begleitung einiger Soldaten zurück und wies die vier Freunde in die Stadt.

„Königin Nasuada möchte euch sehen, Lord Murtagh. Meine Kameraden werden euch auf dem Weg zum Palast Geleitschutz geben.“  

Murtagh nickte anerkennend und so betraten sie die Stadt, die gleichzeitig einst sein Gefängnis war.

+++

Als Eragon die Drachenhöhle betrat, legte er sich neben Saphira und beobachtete seine Tochter dabei, wie sie sich im Schlaf herumrollte.

>>Hast du herausgefunden, woher dieser Mann kam?<< fragte die Drachin, nachdem sich Eragon gemütlich gemacht hatte.

>>Eine Menschenansammlung hat den Buckel betreten, um im Verborgenen ein Dorf zu errichten, damit sie in Zukunft keine Steuern mehr bezahlen müssen, die der Krieg mit sich brachte. Unglücklicherweise haben sie beschlossen ihr Dorf unten am Fluss zu errichten, wo wir unsere Wasserstelle haben. Ich habe ihnen dabei zugehört, wie sie sich berieten und einer von ihnen kam auf die tollkühne Idee, uns von hier zu vertreiben.<<

>>Das sollen sie ruhig versuchen!<< knurrte Saphira zornig. >>Sie werden nicht einmal wissen, was über sie kommen wird.<<

>>Dazu wird es hoffentlich nicht kommen. Ich habe sie ausdrücklich gewarnt und sie aufgefordert den Buckel zu verlassen.<< meinte Eragon. >>Ich frage mich, was Nasuada wohl dazu sagen wird, wenn sie erfährt das praktisch ein ganzes Dorf versucht sich ihren Gesetzen zu entziehen.<<

>>Wann waren Menschen eigentlich jemals für ihre Vernunft bekannt?<<

 

 

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Kapitel 28

 

 

runter

 

Sie schritten einen breiten Korridor entlang der bis zu einer riesigen Eichentür führte. Die Wände des Korridors waren mit langen prächtigen Wandteppichen dekoriert. All diese Behänge waren mit den verschiedensten Motiven bestickt und zeigten die vergangenen Schlachten, aus welchen die Varden als Sieger hervor gingen. Eines dieser Zierwerke, zeigte sogar den Fall Galbatorix durch Eragons Hand. Über Murtagh und das was er zusammen mit Dorn für die Beendigung des Krieges geleistet hat gab es jedoch keine Dekoration.  

Die beiden königlichen Wachen, die vor der Tür postiert waren, blickten den Reiter des roten Drachen etwas argwöhnisch an, öffneten aber ohne ein Wort zu sagen die schwere zweiflügelige Tür.

Es hatte sich nicht wirklich viel verändert, dachte Murtagh bei sich. Es wäre besser gewesen diese Festung einzureißen und etwas Neues darüber zu errichten, anstatt sie unter farbigen Vorhängen und Mosaikfenstern zu verschleiern. Hinter diesen Mauern hatte der Tod viel zu oft Einzug gehalten und dieses beklemmende Gefühl, war noch immer deutlich spürbar.

Nein, dies war immer noch Uru´baen. Derselbe Ort an dem Murtagh und Dorn gefoltert und in die Knechtschaft gezwungen wurden. Jetzt saß stattdessen die immer noch jugendlich aussehende Anführerin der Varden auf Galbatorix’ Thron. Eine wahre Ironie des Schicksals.

„Murtagh…“ sprach Nasuada.

„Königliche Hoheit!” antwortete Murtagh mit einer deutlichen Spur von Sarkasmus in der Stimme.  

Nasuada war verunsichert und wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Würde Murtagh eine Bedrohung für das neue Reich darstellen? Doch diesen Gedanken vergrub sie sofort wieder.

„Das ist ein ungewöhnlicher Besuch, Murtagh.“ sagte die junge Königin. „Wo bist du die ganzen Jahre gewesen?“

„Das ist eine Geschichte für den Lagerfeuerabend, die ich gerne gewillt bin irgendwann zu erzählen, doch leider haben wir keine Zeit dafür, denn es gibt einige sehr ernsthafte Dinge zu bereden und nur deshalb bin ich hier.“

---

Vanyali windete sich plötzlich in Eragons Schnauze, während sie über die Berge flogen.

>>Was hat sie denn jetzt schon wieder?<< fragte Eragon.

>>Sie ist hungrig.<< antwortete Saphira.

>>Wie kann sie denn jetzt schon wieder hungrig sein?<< stöhnte Eragon. >>Wir haben sie doch gerade erst vor unserem Abflug gefüttert.<<

>>Sie ist doch noch im Wachstum, Eragon.<< sprach Saphira mit einem Kichern.

>>Na, schön.<< seufzte er. >>Dort drüben ist ein recht großes Felsplateau. Ich schlage vor wir landen erst einmal. Unser Tochterherz wird mir etwas zu unruhig.<<

>>In Ordnung.<< antwortete die Drachin. >>Ich werde inzwischen sehen was ich finden kann.<<

>>Warte! Eigentlich wollte ich jagen gehen.<<

>>Kommt nicht in Frage, Liebster. Diesmal passt du auf unser Kind auf. Ich möchte auch mal wieder auf die Jagd gehen.<<

>>Na, schön. Sei vorsichtig!<<

>>Sei DU vorsichtig!<< zwinkerte Saphira ihm zu.

Eragon grunzte und stieß eine schwarze Rauchwolke aus den Nüstern aus, worauf Vanyali verspielt nach ihr schnappte.

>>Schatz, wann wird sie denn nun endlich anfangen zu sprechen?<< fragte Eragon.

>>Es dürfte nicht mehr lange dauern. Am schnellsten geht es, wenn du immer wieder mit ihr sprichst und ihr die verschiedensten Dinge erklärst.<<

>>Sie hat es schon jetzt Faustdick hinter den Ohren.<< sprach Eragon. >>Zumindest versteht sie jedes Wort, das wir sagen.<<

>>Ja, da hast du recht.<< antwortete sie. >>Ich treffe euch später auf dem Plateau. Bleibt immer dicht zusammen!<<

>>Aber natürlich!<< sprach Eragon. >> Also, dann Tochterherz! Wir gehen runter!<<

Vanyali stieß ein vergnügliches Fiepen aus, als sie auf der Felsplatte landeten. Immer wieder lauschte Eragon, in der Hoffnung vielleicht ein kleines Wort von ihr erkennen zu können.  

>>Und was machen wir zwei Hübschen in der Zwischenzeit?<< fragte Eragon seine Tochter, die ihn ganz erwartungsvoll ansah.  

>>Schade, das du noch nicht reden kannst.<<  sagte Eragon und blickte in Vanyalis blaue Augen. >>Hast du Lust auf einen Spaziergang mit deinem Vater?<<

Das kleine Drachenmädchen hob ihren Kopf und stieß ein zustimmendes Quietschen aus.

>>Dann komm. Diesmal wirst du dich aber nicht wieder an meine Schwanzspitze hängen, sondern alleine laufen.<< schmunzelte er.

Vanyali blickte zu ihm auf, während sie fröhlich neben Eragon her watschelte.

>>Pass auf, Lili! Du könntest…<<

Doch Vanyali schenkte ihrer Umgebung nur wenig Beachtung und erblickte auch nicht das Erdloch direkt vor ihren Füßen, in das sie probt hinein trat und der Nase lang hin purzelte.

>>…stolpern.<<

Eragon hob seine Tochter vom Boden auf und sprach erklärend: >>Die erste Regel beim Laufen lautet: Achte immer darauf, wo du gerade hin trittst.<<

Vanyali nickte verlegen.

>>Gut!<<

Als sie weitergingen fiel Eragon plötzlich ein, was er seiner Tochter über die Natur beibringen konnte.

>>Dies hier ist eine sehr wichtige Pflanze.<< erklärte Eragon und neigte sich hinunter, um ihr ein seltsam aussehendes Gewächs zu zeigen. >>Dieses Kraut wirkt heilend bei Krankheiten und Verletzungen. Damit habe ich vor längerer Zeit deiner Mutter geholfen.<<

Vanyali roch an der Pflanze, zuckte aber augenblicklich zurück und musste fürchterlich niesen.

Nach einer Weile entdeckte Eragon den „toten Freund“ und zog seine Tochter näher zu sich heran.

>>Lili! Das ist der „tote Freund“ und sehr gefährlich. Du mußt ihm stets fernbleiben, denn selbst Drachen können an seinem Gift sterben. Bislang ist es noch niemanden gelungen ein Heilmittel gegen diesen tödlichen Pilz zu finden.<<

Vanyali begriff und fauchte den Pilz böse an.

Eragon setzte seine Unterweisung fort und erklärte seiner Tochter alle wichtigen Dinge, die ein Drache wissen muß. Von den vier Himmelsrichtungen angefangen bis hin zum Unterschied zwischen Jäger und Beutetier. Es begann ihm sichtlich spaß zu machen, seiner Tochter die Welt zu zeigen. Auch wenn sie noch nicht in der Lage war zu sprechen, wusste Eragon, das Vanyali seine Worte genau begriff. So musste sich auch Glaedr gefühlt haben, als er in früheren Zeiten junge Drachen ausgebildet hatte, dachte Eragon bei sich.

Bald darauf hörten sie das Geräusch von schlagenden Flügeln und als sie zum Himmel blickten sahen sie Saphira von einer erfolgreichen Jagd zurückkehren.

Die junge Drachin zwitscherte aufgeregt und machte einige Luftsprünge, bevor sie auf ihre Mutter zu rannte.

>>Wie ich sehe entwickelst du dich zu einem beachtlichen Lehrer.<< lobte Saphira anerkennend.

>>Danke, Liebes. Ich bemühe mich nur, ein guter Vater zu sein.<<

>>Und dabei leistest du fabelhafte Arbeit.<< schnurrte sie.

---

„Galbatorix ist am Leben, sagst du?“ fragte Nasuada geschockt. „Aber wie ist das möglich. Er starb vor unseren Augen!“

„Nur sein Körper, seine Seele aber lebt im Körper des eigenen Sohnes weiter.“ erklärte Murtagh. „Er hat das alles von Anfang an geplant, für den Fall das er besiegt werden würde.“

„So etwas erscheint mir ziemlich unvorstellbar.“ murmelte Nasuada.

„Aber es ist die Wahrheit!“ sprach Angela. „Im Augenblick sind seine Kräfte begrenzt, aber das wird sich ändern, sobald er wieder ein Drachenreiter ist.“

„Er will Eragons Tochter.“ sagte Murtagh. „Aber wir werden dafür Sorge tragen, dass er die Kleine niemals bekommen wird…“  

„Sie sind Eltern geworden?“ fragte Nasuada neugierig. „Wir haben nichts mehr von ihnen gehört, seit sie die Stadt verließen.“

„Ihr wildes Drachenmädchen ist kerngesund und hält die beiden ganz schön auf trab, so wie es sich auch gehört.“ lächelte Angela. „Aber sie schlagen sich tapfer.“

„Ich werde euch unterstützen so gut ich kann.“ sprach Nasuada, doch sie wirkte nachdenklich. „Allerdings wird es Schwierigkeiten geben. Ich persönlich glaube euch ja, aber ohne Beweise für die Existenz von Galbatorix werden wir weder die Elfen, noch die Zwerge von euren Worten überzeugen können.“

„Das würde mich nicht im Geringsten wundern.“ entgegnete Murtagh. „Aber danke, dass wir wenigstens mit deiner Unterstützung rechnen können.“

„Werdet ihr sofort wieder abreisen, oder bleibt ihr über Nacht? Wir stellen euch natürlich eine Unterkunft bereit.“

„Danke für das Angebot.“ Sagte Murtagh. „Ich weiß nicht, wie sich Angela entscheidet, aber ich werde es vorziehen draußen bei meinem Drachen zu nächtigen. Diese Mauern verursachen bei mir ein sehr unbehagliches Gefühl.“

---

In der verrufenen Schenke „Zur Schandgeige“ trafen sich zu abendlicher Stunde in der Hauptstadt drei Gefährten. Sie gehörten jener Gruppe von Steuerflüchtlingen an, die sich im Buckel eine Ansiedelung aufbauten.

„Was soll das heißen, die nächste Karawane findet nicht statt?!“ maulte Alexander. „Ich muß dorthin!“

„Hast du mir nicht zugehört?!“ antwortete Ian genervt. „Der Wagenzug in den Buckel findet nicht statt, weil es dort Schwierigkeiten mit Drachen gibt.“

„Drachen??? Ach, hör mir damit auf! Die sind doch fast alle ausgestorben. Diese Bauern sind einfach nur zu feige, um in den Buckel zu reisen.“ meinte Henry.

„Es ist aber eine Tatsache!“ sagte Ian. „Die Siedlung wurde zu nah an dem Nistplatz der Drachen errichtet.“

„Dann soll die doch einer vertreiben!“ nörgelte Alexander. „Das dürfte doch nicht so schwer sein!“

„Dir ist doch sicherlich nicht entgangen, dass sich unter unseren Leuten keine Ritter befinden.“ erklärte Ian. „Wir müssten demnach Söldner anheuern, aber die sind heutzutage unwahrscheinlich teuer.“

„Verzeiht, wenn ich mich einfach in eure Unterhaltung einmische...“ sprach plötzlich ein junger Mann mit schwarzen Haaren und bleichem Gesicht. „Aber ich bekam zufällig mit, dass ihr euch über Drachen unterhalten habt. Dürfte ich mich zu euch setzen?“

„Weshalb interessiert euch das?“ fuhr ihn Henry unfreundlich an.

„Nun, mir scheint es doch so, als würden diese Drachen, von denen ihr gerade gesprochen habt ein Problem darstellen. Ich könnte euch da vielleicht behilflich sein, aber möglicherweise habe ich mich auch geirrt und das Problem ist vielleicht doch nicht so groß…“ antwortete der Unbekannte und wollte schon wieder gehen, als Alexander ihn stoppte.

„Wartet!“ sprach Alexander und gestattete es dem jungen Mann sich an ihren Tisch zu setzen. Henry wollte zunächst dagegen protestieren, doch Alexander beschwichtigte ihn. „Hören wir uns doch erst einmal an, was er uns zu sagen hat.“

Widerwillig, wenn auch mit viel Misstrauen dem Fremden gegenüber, lenkte Henry ein.

„Wir wollen in den Osten auswandern.“ schilderte Ian. „Zurzeit wird im Buckel eine provisorische Siedlung aufgebaut. Zwar nicht ganz legal, aber das behaltet Ihr bitte für euch!“

Der Fremde nickte.

„Bitte fahrt fort!“

„Heute erhielten wir die Nachricht von unserem Verwalter, dass die Siedlung von einem Drachen bedroht wurde. Offensichtlich befindet sich die Siedlung zu nahe an ihrem Nest. Jedenfalls sitzen meine Kameraden und ich nun in dieser Stadt fest, da der nächste Transport in den Buckel wegen der Drachen geplatzt ist.“

„Ein Drachennest im Buckel?“ sprach der junge Mann begierig. „Um wie viele Drachen handelt es sich denn, wenn ich mir diese Frage erlauben darf?“

„Johann berichtete von drei Drachen. Zwei Große mit ihrem Jungtier!“ sagte Ian. „Sie alle trugen blaue Schuppen.“

„Tatsächlich? Ich habe bisher nur von einem männlichen Drachen in Alagaesia gehört und der hatte rote Schuppen.“ entgegnete der Unbekannte und war sichtlich überrascht. „Die anderen wurden doch soviel ich weiß von den Abtrünnigen getötet und das ist schon eine Ewigkeit her. Seit Ihr euch dessen sicher?“

„Das blaue Männchen wurde von allen Leuten der Siedlung gesehen, einschließlich unseres Verwalters und es hatte zu ihnen gesprochen.“

„Nun ist mir alles soweit klar. Ihr habt ziemlich großes Glück gehabt, das ihr hier auf mich gestoßen seid, denn ich habe bereits Erfahrungen im Kampf mit solchen Kreaturen.“

„Ihr habt gegen richtige Drachen gekämpft?“ fragte Henry zweifelnd. „Danach seht ihr aber gar nicht aus.“

„Sagte ich etwa Drachen? Ich hatte Fanghur gejagt und erlegt. Diese Tiere sind fast wie die Drachen, nur vielleicht etwas weniger intelligent.

„Diese Drachen brauchen ja nicht unbedingt getötet zu werden.“ sprach Ian. „Sie sollen einfach nur verschwinden.“

„Und da komme ich ins Spiel! Niemand, weder die Drachen noch eure Leute werden dabei zu schaden kommen.“

„Das klingt vernünftig...“ überlegte Alexander „Angenommen wir reisen auf eigene Faust in den Buckel. Was würdet Ihr als Bezahlung verlangen?“

„Ich will von euch kein Gold, denn ich sehe es als meine ritterliche Pflicht an Notleidenden zu helfen.“

„Ah, sehr gut! Je weniger Gold wir ausgeben müssen, umso besser!“ flüsterte Alexander seinen Kameraden zu.

„Wir sind einverstanden!“ sagte Ian und reichte dem unbekannten die Hand. „Wie lautet noch gleich euer Name?“

„Oh, wie unhöflich von mir! Mein Name ist Hàkon.“

 

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Kapitel 29

 

 

runter

 

Eragon und Saphira schritten Seite an Seite zusammen mit ihrer Tochter durch die Wüste Hadarac. Die Sonne brannte hoch am Himmel und die Sonnenstrahlen wurden von den Schuppen der Drachen aufgenommen. Eragon brummte zufrieden, als seine Tochter im Wüstensand herumtollte. Er schmiegte sich an seine Partnerin und berührte sie liebevoll mit seiner Schnauze. Eragon war überglücklich mit seinem Leben. Was konnte es auch Schöneres auf dieser Welt geben, als eine bezaubernde Partnerin und ihre liebenswerte Tochter.

Doch plötzlich verdunkelte sich der Himmel, als unerwartet dicke Wolken die Sonne verdeckten.

Eragon schaute auf und wunderte sich, wieso das Wetter so urplötzlich umschlug, während vor einigen Minuten noch strahlender Sonnenschein herrschte und keine einzige Wolke am Himmel zu sehen war.

Und noch etwas anderes veränderte sich… Eragon bemerkte, das die Welt um ihn herum immer größer wurde. Begriff dann aber schnell, dass es nicht die Umgebung war, die größer wurde, sondern er wurde immer kleiner.

Eragon blickte an sich hinunter und keuchte, als er seinen menschlichen Körper sah.

Wie konnte es sein, das er sich in einen Menschen verwandelte, ohne die magischen Worte gesprochen zu haben?!

Eragon war verwirrt.

Da dröhnte eine mächtige Stimme in seinem Kopf: „Vielen Dank für deine Dienste, Eragon.“

Eragon erkannte diese Stimme sofort. Es war der jenige, dem es Eragon zu verdanken hatte, in einen Drachen verwandelt zu werden – Kuthian.

„Warum hast du mich zurück in einen Menschen verwandelt? Ich dachte, ich würde für immer ein Drache bleiben?“ rief Eragon zum Himmel hinauf, während Saphira sich ihrer Tochter zuwandte und Eragons Problem gar nicht zu bemerken schien.

„Dies war nur eine vorübergehende Verwandlung. Sie sollte bloß so lange andauern, bis sich Saphira aus ihrer Depression erholt und ihr ein Junges beschert wird. Dies hast du nun vollbracht und bist den Göttern ab jetzt nichts mehr schuldig.“

Eragon liefen die Tränen übers Gesicht.

„Du hattest mir das größte Geschenk der Welt gemacht und jetzt willst du es mir einfach wieder wegnehmen?“

„Da du nun wieder ein Mensch bist, kannst du dir unter deines Gleichen eine neue Familie aufbauen, unterdessen wird Saphira ihr Junges mit sich nehmen und sich auf die Suche nach einem wahren Drachen machen. Da Dorn wieder in Alagaesia aufgetaucht ist, wird er wohl zweifellos Saphiras neuer Partner  werden.“

„Nein, das kann nicht sein!“

Wie auf Kommando, packte Saphira Vanyali im Nacken und flog mit ihr in westlicher Richtung davon, während sie Eragon allein zurück ließ. Eragon schrie verzweifelt hinter ihnen her, doch weder sie noch seine Tochter schienen ihn zu verstehen und ignorierten seine Rufe.  

„Saphira, Vanyali! Kommt zurück!!!”

Eragon schreckte auf und fand sich inmitten seiner Höhle, im Buckel wieder. Neben ihm im Nest lagen Saphira und seine Tochter.

>>Ein Alptraum…<< dachte Eragon, aber dennoch zitterte er leicht. Eines seiner größten Besorgnisse, die tief in seinem Unterbewusstsein umhergeisterten, hatte sich nun in einem Alptraum gezeigt. Um niemanden zu wecken richtete er sich vorsichtig von seinem Schlafplatz auf und wanderte zum Höhlenausgang.

Trotz seiner Bemühungen sich leise zu verhalten, weckte er Vanyali auf. Das Drachenmädchen beobachtete, wie ihr Vater aus der Höhle ging und legte verwirrt den Kopf schief. Es war draußen noch immer Dunkel und sie wusste, dass es noch viel zu früh war um aufzustehen. Vanyali kletterte aus ihrem Nest und folgte ihrem Vater hinaus.

Eragon beruhigte sich allmählich, als er über diesen Traum nachdachte. Es war äußerst unwahrscheinlich, das so etwas tatsächlich passieren könnte. Kuthian sagte nie, das es sich um einen zeitlich begrenzten Zauber handelte und Saphira würde ihn niemals auf eine solche Art und Weise verlassen. Ebenso wenig würde ihn seine eigene Tochter ignorieren.

Eragon fuhr plötzlich zusammen, als etwas Kleines sein rechtes Vorderbein berührte. Der Drache neigte knurrend seinen Kopf hinunter und blickte verwundert, als er seine Vanyali sah, die ihn mit großen Augen fragend anschaute.

>>Was machst du denn hier draußen, Lili?<< fragte Eragon und zog sie mit einem Flügel dicht an ihn heran, um sie vor der Kälte der Nacht zu schützen. Es war Herbst und die Blätter der Bäume verfärbten sich gelb-bräunlich.

Vanyali kuschelte sich an ihn und schnurrte glücklich, als die Kälte verschwand.

>>Hast du es gemütlich?<< fragte Eragon.

>>Ja!<< ertönte plötzlich eine leise Stimme in seinem Kopf.

 

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Kapitel 30

 

 

runter

 

Eragon glaubte zunächst sich getäuscht zu haben, doch er hatte tatsächlich die Stimme seiner Tochter vernommen. Vanyali hatte ihr erstes Wort gesagt!

>>Saphira, komm schnell her!<<

Die Drachin schreckte aus ihrem Schlaf auf und stürmte schnaubend aus der Höhle, in dem Glauben angegriffen zu werden.

>>Eragon, bei allen Göttern, was ist los?!<< fragte sie aufgeregt. >>Greifen uns die Dorfbewohner an?<<

>>Nein, es ist nichts Schlimmes passiert.<< antwortete Eragon.

>>…und warum ist unsere Tochter mitten in der Nacht hier draußen? Sie sollte eigentlich um diese Zeit schlafen.<<

>>Ich wollte dir nur etwas zeigen.<< erklärte Eragon und neigte seinen Kopf zu der kleinen Drachin hinunter.

Verwirrt musterte Saphira ihren Partner und blickte anschließend Vanyali verwundert an.

>>Also, Lili.<< sprach Eragon und wies auf Saphira. >>Kannst du mir sagen, wer das ist?<<

>>Mutter!<< antwortete Vanyali fröhlich.

>>Sie spricht!<<  antwortete Saphira überrascht.

>>Ist das nicht toll? Ich dachte schon, ich würde niemals ihre Stimme hören.<<

>>Jetzt übertreib nicht, Eragon.<< sagte Saphira und leckte ihrer Tochter liebevoll über die Schnute. >>Nun geht es aber wieder ab ins Nest. Du solltest um diese Zeit überhaupt nicht auf den Beinen sein.<<

>>Nein...<< jammerte Vanyali. >>Will nicht schlafen!<<

>>Keine Widerrede, kleine Prinzessin!<< knurrte Saphira leicht und packte die junge Drachin im Nacken und trug sie in die Höhle zurück.    

---

Nachdem sie Nasuada die unerfreuliche Nachricht über Galbatorix’ Wiederkehr von den Toten überbracht hatten, befanden sich Murtagh, Angela und Dorn wieder auf dem Weg in den Buckel. Auch wenn sie nun durch die Königin in Alagaesia freies Geleit erhielten, waren Murtaghs Gefühle immer noch gespalten.

„Sie wissen nun, dass wir in guter Absicht kamen.“ sprach Murtagh zu seinem Drachen, als sie zu später Stunde eine Rast einlegten. „Aber ich fühle dennoch ihren Misstrauen.“

>>Wir müssen schauen, was die Zeit bringt.<< antwortete Dorn.

„Dein Drache hat recht.“ stimmte Angela zu. „Du machst dir viel zu viele Sorgen.“

„Ja, aber die sind nicht alle unbegründet. Nasuada auf Galbatorix’ Thron sitzen zu sehen missfällt mir auch sehr. Ich habe das Gefühl, dass sie sich mit dieser hohen Verantwortung ziemlich übernimmt.“

„Du solltest sie nicht unterschätzen, Murtagh. Sie tut alles was sie kann, um das Land zusammen zu halten und bisher waren die meisten Menschen mit ihr als Königin überaus zufrieden.“

„Wie auch immer, ich bin nur froh so weit weg von dieser Festung zu sein, wie möglich.“ sagte Murtagh und stand auf. „Ihr beide solltet jetzt besser etwas schlafen. Wir werden morgen in aller Frühe aufbrechen.“  

„Ihr werdet nirgendwohin aufbrechen!“ sprach plötzlich eine Stimme zwischen den Bäumen.

„Wer spricht da?“ zischte Murtagh und zog sein Schwert. „Gib dich zu erkennen!“

„Aber, aber! Du wirst mich doch wohl nicht vergessen haben, Lord Murtagh.“ antwortete die Stimme und ein hünenhafter Mann kam zwischen den Bäumen hervor. „Du kämpftest einst mit deiner Bestie an der Seite meines früheren Herrn.”

Dorn knurrte verächtlich, angesichts dieser dreisten Beleidigung.

„Natürlich erkenne ich dich: Bramen Gallo!“ sprach Murtagh. „Du warst vor Jahren ein Offizier im Dienste der königlichen Leibgarde.”

„So ist es Lord Murtagh. Ich gehörte zu Galbatorix engsten Dienern. Ebenso, wie du!”

„Nicht wie ich!“ schoss Murtagh zurück. „Ich wurde gegen meinen Willen benutzt. Du hingegen warst ein kranker Sadist und Folterer! Ein Speichellecker, der immer nur auf seinen eigenen Vorteil aus war.”

„Hüte deine Zunge!“ schrie der Fremde und zog sein Schwert.

Murtagh wies Angela vorsichtig an, auf Dorns Rücken zu steigen, was sie auch geschwind tat.

„Komme langsam zu Sache, was willst du hier?“

„Es verbreiten sich so einige Gerüchte. Mir ist zu hören gekommen, dass du derzeit Eragons vertrauenswürdiger Freund bist, nicht wahr? Fast wieder so etwas wie eine Familie.”

„Das bin ich nicht.” wich Murtagh aus. „Ich verriet ihn einst und ruinierte damit für immer sein Vertrauen.”  

Bramen lachte laut auf, als er das hörte.

„Wenn dies tatsächlich der Fall wäre, würde Eragons Drachendame dich wohl kaum in die Nähe ihres Junges lassen.“  

Murtagh und Dorn bissen beide die Zähne zusammen und mussten sich schwer Zügeln, um sich nicht unbedacht auf Bramen zu stürzen.

„Woher weißt du davon?“ rief Murtagh.

„Oh, Hàkon hat mir sehr viel erzählt. Ein sehr interessanter Mann übrigens! Hat erstaunlich viel von seinem Vater geerbt!”  deutete er an. „Fast könnte man behaupten, es handle sich um Galbatorix höchst persönlich.“

„Falls er abermals plant uns zu seinen Knechten zu machen, wird er diesmal keinen Erfolg damit haben!“

„Oh, aber er will dich überhaupt nicht auf unsere Seite ziehen.“ sprach Bramen grinsend. „Immerhin warst du damals für seinen Untergang verantwortlich. Nein, nein! Du wirst das Lösegeld sein, im Austausch gegen Saphiras Junges!”

„Darauf wird Eragon niemals eingehen!“ schrie Murtagh und nahm eine defensive Kampfstellung ein. „Das Drachenkind werdet ihr nicht bekommen. Vorher wirst du uns töten müssen.“

„So verlockend das auch wäre.“ spottete Bramen. „Aber leider habe ich meine Befehle und für den Augenblick will Hàkon dich lebend.“

„Versuche es ruhig, wenn du glaubst, dass du eine Chance gegen uns hast!”

Dorn öffnete sein riesiges Maul, um den Mann mit einem Feuerstrahl zu verbrennen, doch ruckartig zuckte der Drache zurück, als ihn ein stechender Schmerz durchfuhr. Angela musste sich krampfhaft festhalten, um nicht von Dorns Rücken zu fallen.

Erschrocken stellte Murtagh fest, dass sich ein Pfeil in Dorns schuppige Wange gebohrt hatte, nur knapp unterhalb seines Auges.

„Du glaubtest doch wohl nicht ernsthaft, dass ich ganz allein gekommen bin, oder?“ sprach Bramen. „Ihr habt keine Ahnung wo die Schützen stecken oder wie viele wir sind. Hàkon will zwar DICH lebend Murtagh, aber von deinem Drachen war keine Rede. Wenn du dich aber freiwillig ergibst, muß dein Tier nicht unnötig sterben.“

>>Lass dich nicht darauf ein, Murtagh!<< schrie ihn Dorn mental an, so das ihm der Kopf dröhnte. >>Denke an deinen Bruder! Deine Familie!<<

„Nein! Er wird mich nicht lebend bekommen!“ rief Murtagh „Mein Drache und ich werden kämpfen bis zum Tod, wenn es sein muß!“

„Wie bedauerlich, ich hatte dir eine faire Wahl gelassen.“ rief Bramen. „Somit hast du nun den Tod deines Drachen besiegelt… Bogenschützen!”

Plötzlich zischten Pfeile wie ein Schwarm wütender Hornissen durch die Abendluft.

„Diese Feiglinge scheuen einen offenen Kampf!“ knurrte Murtagh. „Schütze deine Augen, Dorn! Sie haben es hauptsächlich auf dich abgesehen!“

Dorn hielt seine geöffneten Flügel über sein Gesicht, in dem Bemühen, seine Augen vor den anfliegenden Pfeilen zu schützen.    

„Wir befinden uns in einer sehr ungünstigen Lage.” sprach Angela nervös. „Es wäre eine weise Entscheidung, wenn wir uns augenblicklich zurückziehen.“

>>Sie hat recht! Verschwinden wir von hier!<< Dorn schnappte sich Murtagh mit seiner Vorderklaue und flog davon.

„Aber dieser Bastard!“

>>Den begegnen wir schon wieder!<<

„Woher hat Galbatorix plötzlich so viele Helfer?“ fragte Angela.

„Käufliche Söldner sind ziemlich einfach aufzutreiben.“ antwortete Murtagh und machte sich daran, Dorns Verletzungen zu heilen. “Es gibt aber anscheinend immer noch einige ehemalige Königstreue, wie dieser Bramen.”

„Er wird allmählich zu einem immer größeren Problem. Seine Macht nimmt zu!“

„Wir müssen uns beeilen! Ich hoffe, dass er noch nicht die Höhle von Eragon und Saphira entdeckt hat.“

 

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Kapitel 31

 

 

runter

 

Als die Sonne über die Gipfel der Berge aufging, erreichte Angela die Höhle der Drachenfamilie. Nichts deutete darauf hin, dass ihnen Galbatorix zuvorgekommen war, was Angela ungemein erleichterte.

Als sie die schlafende Form von Eragon erblickte, nahm sie vorsichtig einen länglichen Ast und stupste damit leicht Eragons Schnauze an, um ihn zu aufzuwecken.

Die Kräuterhexe zog verdutzt die Augenbrauen hoch, als der Drache endlich seine Augen öffnete. Sie waren völlig blutunterlaufen und überhaupt hatten Eragons Schuppen eine sehr blasse, ungesunde Farbe.

„Genau das, was wir jetzt brauchen…“ stöhnte Angela.

In dem Moment als Murtagh und Dorn sich der Höhle näherten, trat ihnen Angela aufgeregt entgegen.

„Keinen Schritt weiter, Murtagh! Halte deinen Drachen von Eragons Höhle fern!“

„Wieso?! Was ist denn los?“ fragte Murtagh.

“Drachen-Influenza...” antwortete Angela. “Hochgradig ansteckend!”

Dorn blickte alarmiert und kehrte sofort um.

„Wir sind bei den Carvahall Ruinen.“ rief Murtagh zurück und machte sich mit seinem Drachen davon.

Angela untersuchte den Drachen genauer, während dieser seinen schmerzenden Kopf wieder senkte. Eragon fühlte sich so kraftlos und träge.

„Diese Krankheit ist so ansteckend…“ sprach Angela. “Wie habt ihr euch das denn eingefangen?“

>>Dieser große Tölpel hatte neulich eine Nacht draußen mit unserer Tochter verbracht und sich dabei unterkühlt.<< murmelte Saphira und blinzelte. Ihre eigenen Augen waren ebenfalls gerötet.

„Um zu genesen ist Wärme sehr wichtig!“ erklärte Angela. „Da ich in diesem Fall nicht viel für euch tun kann, müsst ihr euch durch eure eigene Körperwärme aufwärmen.“

Saphira nickte und kroch schwerfällig zu ihrem Partner und legte ihren Flügel um ihn. Eragon tat das gleiche und nahm das Drachenmädchen in ihre Mitte.

„Gut so. In der Zwischenzeit werde ich aus Kräutern ein Elixier herstellen, welches ich euch dreimal am Tage verabreichen werde.“ fuhr Angela fort. „Außerdem habe ich vor mir diese Gruppe von Individuen anzusehen, die wir beim Vorbeiflug in der Nähe sichteten.“

---

Draußen fand Angela Solembum schlafend auf ihrem Gepäck liegend vor, welches sie vor der Drachenhöhle liegen gelassen hatte. Unsanft stieß sie ihn von ihrem Beutel, so das die Werkatze erschocken fauchte.

>>Wofür war das nun? Ein einfaches ‘aufstehen’ hätte gereicht!<<

Angela antwortete nicht und begann aus ihren Sachen einen Kessel und verschiedene Blätter herauszukramen.  

Solembum schnüffelte neugierig an den herb riechenden Kräutern.

>>Ich nehme an, unsere Drachen haben sich unterkühlt.<< stellte er fest.

Ohne auf die Worte der Werkatze einzugehen, füllte sie den Kessel mit Wasser und gab die Zutaten hinein. Anschließend entzündete sie ein Feuer und brachte das Wasser leicht zum kochen.

„Das wird jetzt einige Stunden dauern.“

>>Und was planst du während das Wasser kocht?<< fragte er.

„Die Antwort dazu kennst du bereits. Wir gehen zu dieser Ansiedelung und unterhalten uns mit den Leuten. Wollen wir schauen, ob wir sie nicht dazu bewegen können…. weiter zuziehen.“ lächelte Angela und holte eine mysteriöse Flasche aus ihrer Tasche hervor.

>>Gut, gut. Aber ich empfehle dir mit ihnen zu reden, BEVOR du dich dazu entscheidest, sie zu vergiften.<<  

„Aber natürlich werde ich zuvor mit ihnen reden. Dies ist nur eine reine Vorsichtsmaßnahme, falls sie keine Vernunft zeigen.“

Angela suchte noch ein paar Gegenstände zusammen und machte sich anschließend auf den Weg.

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Nach einem zweistündigen Fußmarsch erreichte Angela die Lichtung und blickte auf die schluderige Anordnung verschiedenster Zelte.

Als sie begann sich unter die Leute zu mischen, wurde sie mit seltsamen Blicken beäugt, was natürlich nicht verwunderlich war, da Angela praktisch wie aus dem Nichts aus dem Wald auftauchte und in keinem Fall zu den Personen gehörte, die sich hier ansiedeln wollten.

Während Angela an einem Stand vorbei schlenderte, um sich einige interessante Pilze näher anzusehen, welche dort zum trocknen aufgehängt waren, verschwand einer der neugierigen Zaungäste hastig in eines der Zelte und ehe sich Angela versah wurde sie von mehreren Leuten umzingelt.

Ein mittelaltriger Mann, der einen Hauch von Autorität ausstrahlte, trat schließlich auf Angela zu und hielt die Hand griffbereit an seinem Dolch. Es bestand Grund zur Annahme, dass es sich bei dem Mann um so etwas wie den Anführer der Siedlung handelte.

„Und mit wem haben wir hier das Vergnügen, edle Dame? Mir wurde gesagt, dass Ihr direkt aus dem Wald gekommen seid und nicht unserer Gemeinschaft angehört. Ich zweifle jedoch sehr stark daran, dass Ihr vollkommen allein auf Reisen seit.“  

„Mein Name ist Angela und abgesehen von meinem Kater hier, bin ich in der Tat allein auf Reisen.” sprach die Hexe und auch Solembum spielte mit und strich miauend um ihre Beine. „Ich bin eine Kräuterkennerin und meine Suche nach interessanten Gewächsen, führt mich manchmal in die entlegensten Gebiete. Nun, dürfte ich fragen, weshalb sich eine so große Schar von Leuten hier im Buckel aufhält? Für einfache Jäger seit ihr zu viele.“

„Das geht euch nichts an.” grinste der Mann. „Praktisch gesehen habt Ihr uns nie getroffen. Wir werden hier auch nur für eine kurze Zeit verweilen. Vermutlich so lange, bis wir unser… kleines Problem aus der Welt geschafft haben. Wir haben vor weiter nördlich in die Richtung des Flusses zu ziehen.“  

„Ah, ich verstehe! Diese Drachen bescheren euch wohl Ärger, nicht wahr?“ Angela grinste hämisch, als das arrogante Lächeln vom Gesicht des Mannes verschwand.

„Ja, aber das ist nur eine Frage der Zeit.“

„Und wieso glaubt Ihr, dass sich Drachen von einer Ansammlung Vargabunden, wie euch aus ihrem Revier vertreiben lassen? Wenn ich mir eure Wagen mit Baumaterial und anderen Dingen so ansehe, dann plant Ihr offenbar etwas Langfristigeres zu errichten. Ein Dorf vielleicht?!“

„Ich gebe zu, dass wir über noch keinen direkten Plan nachgedacht haben, was diese Drachen betrifft, aber uns bleibt keine andere Wahl. Ihr Territorium ist der sicherste Platz im ganzen Buckel. Es hat einen Fluss und durch die Berge bietet es einen guten Schutz vor Stürmen. Ich hörte, dass Drachen einen sehr ausgeprägten Beschützerinstinkt haben, was ihre Jungen betrifft. Vielleicht würden sie sich einen sicheren Ort suchen, wenn wir ihre Brut nur lange genug bedrohen.“

Dies verärgerte Angela ungeheuerlich, jedoch behielt sie ihre Nerven und zeigte dies nicht offen.

„Ein ziemlich gewagtes Unterfangen. Dies ist aber keinesfalls eine Garantie dafür, dass sich diese Drachen nicht anschließend auf euch alle niederstürzen werden. Wie dem auch sei, ich habe gefunden, wonach ich gesucht habe und würde gerne diese Pilze kaufen.“ sprach Angela an und zeigte auf die getrockneten Pilze, des Gemüsestandes. „Danach werde ich wieder gehen.“

„Betrachtet sie als Geschenk, im Austausch gegen euer Schweigen: Ihr habt uns niemals gesehen!“ sprach der Mann und schnitt ihr ein Bündel Pilze ab.

„Wen habe ich gesehen?“ fragte Angela verwirrt.

Der Mann lächelte und schließlich löste sich der Pulk um sie herum auf und jeder ging wieder seiner Tagesbeschäftigung nach.

>>Das sieht dir ja gar nicht ähnlich so ruhig zu bleiben, während jemand damit droht Drachenkinder etwas anzutun.<< sprach Solembum als sie zwischen den Zelten umherwanderten.

„Es ist mir durchaus klar, dass ich nicht viel erreicht hätte, wenn ich völlig unbedacht reagiert hätte. Aber ich gebe zu, es war nicht leicht.“  Ihr Lächeln kehrte zurück als sie einen großen Kochkessel sah, in denen die Speisen für das gesamte „Dorf“ vorbereitet wurden. Sie näherte sich einem der Köche und lächelte ihn freundlich an.

„Seit mir gegrüßt! Ich wollte nur vorbeischauen und euch ein sehr edles Gewürz anbieten, über welches normalerweise nur die königliche Küche verfügt.“

Der Koch schien interessiert zu sein, blickte aber sehr skeptisch.

„Und aus welchem Grund würdet Ihr ausgerechnet mir ein derartiges Angebot machen?“ fragte dieser, während er den dampfenden Eintopf umrührte.

„Oh, aber doch nicht allein für euch! Es ist natürlich für eure Gemeinschaft bestimmt.“ Angela packte ein unscheinbares Säcken aus und nahm eine kleine Priese davon zu sich, um zu beweisen, das es sich um keinen Giftstoff, oder ähnliches handelte. Als nichts geschah, reichte sie dem Koch den Beutel, der ebenfalls das Gewürz kurz kostete.

„Das ist ganz ausgezeichnet! Ich denke, dies würde dem faden Eintopf das besondere ‚Etwas’ verpassen!“

„In der Tat! Wenn es euch gefällt, dann nehmt bitte dieses Gewürz, als Dankbarkeit für die Pilze, die ich von dem Mann dort drüben erhalten habe.“ sagte Angela und machte sich wieder auf den Weg zurück zur Drachenhöhle.

>>Ich beneide diese Leute kaum um ihr Essen…<<

„Das tue ich auch nicht. Diese Substanz ist an sich völlig harmlos, solange sie nicht gekocht wird.“ sagte Angela. „Erhitzt wird dieses Zeug allerdings wahre Freuden in den Mägen dieser Leute auslösen. Ich würde sagen, dass wir unseren Drachen damit eine Woche Zeit verschafft haben, um sich von ihrer Krankheit erholen zu können, bevor sich diese Leute zu einem ernstzunehmenden Problem entwickeln.”

 

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Kapitel 32

 

 

runter

 

Als Angela die Drachenhöhle erreichte, war das Wasser schon fast am Überkochen. Zügig nahm sie den Kessel vom Feuer und ließ den Sud abkühlen. Danach ging sie mit dem Kessel in die Höhle, um den Drachen ihre Medizin zu verabreichen. Aufgrund der Anfälligkeit für die Krankheit der Drachen, hatte sich Solembum geweigert die Drachenhöhle zu betreten.

Angela gab ein mitfühlendes Lächeln, als sie von drei blutunterlaufenen Augenpaaren angeblickt wurde. Zügig füllte die Kräuterhexe eine Phiole mit der flüssigen Substanz und träufelte sie jedem Drachen auf die Zunge. Angewidert verzogen die Drachen ihre Gesichter, als sie den grauenhaften Geschmack des Heilmittels erlebten.

>>Danke, Angela.<< sprach Saphira anschließend.

„Bedankt euch nicht zu früh!“ antwortete Angela, während sie Vanyali untersuchte. „Bevor das Heilmittel anschlägt, wird die Krankheit bereits ihren Höhepunkt erreicht haben, doch danach wird sie rasch abklingen.“

Und die erfahrene Kräuterhexe behielt Recht, denn bereits am zweiten Tag wurden die Kopfschmerzen so stark, das die Drachen kaum mehr einen klaren Gedanken fassen konnten. Desgleichen hatten sie große Mühe ihre schmerzenden Glieder bewegen zu können und durch ihre Bewegungen derart eingeschränkt, musste Angela den Drachen dabei helfen ihre Mäuler zu öffnen, um ihnen das Heilmittel einflößen zu können, was vor allem bei Saphira und Eragon aufgrund ihrer Größe besonders anstrengend war.

Nachdem Angela die Drachen versorgt hatte, stattete sie dem „Möchtegern-Dorf“ einen weiteren Besuch ab. Diesmal allerdings hielt sie sich verborgen und beobachtete die Siedlung aus sicherer Entfernung. Zu ihrer Beunruhigung stellte es sich heraus, dass nur knapp die Hälfte der Leute den gepanschten Eintopf zu sich genommen hatten, da eine ganze Meute rund um den Kochkessel versammelt war.

Angela schnappte auf, dass der Koch wegen Giftmischerei angeklagt wurde und dieser sich vehement mit den Worten verteidigte, auf eine heimtückische Hexe hereingefallen zu sein.

Aus diesem Grund hielt es Angela für einen guten Plan weiterhin außer Sichtweite zu bleiben, was allerdings bedeutete, dass sie nur einen sehr begrenzten Blick auf die Siedlung hatte. Von ihrer Position aus konnte sie aber erkennen, dass ungefähr zwanzig Mann mit leichten Schwertern und ordinären Schilden ausgerüstet wurden.

Keiner dieser Leute machte den Eindruck jemals im Krieg gekämpft zu haben. Angela konnte sogar sehen, wie einem Mann die Waffe zu Boden fiel, bei einem ungeschickten Versuch es in die Schwertscheide zu schieben. Es schien sehr unwahrscheinlich, dass es in der Siedlung überhaupt fähige Schwertkämpfer gab, geschweige denn jemand Kenntnisse darin hatte, wie man mit einem Drachen fertig wird. Doch ganz gleich ob sie nun erfahren im Kampf waren, oder nicht: eine Vielzahl von Hieb und Stichverletzungen, konnte für einen kranken und geschwächten Drachen absolut lebensgefährlich sein. Angela musste alles nur Erdenkliche tun, um die liebenswerte Drachenfamilie zu schützen.

Und so verließ sie ihr Versteck und zog sich in die Sicherheit der Wälder zurück. Die Tatsache, dass die Drachenhöhle von den Siedlern noch nicht ausfindig gemacht wurde, gab Angela einen schwachen Trost, jedoch dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sie die Höhle finden würden.

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Vom Flussufer aus angefangen, wo Johann die Drachen zum allerersten Mal erblickte, weitete der zusammen gewürfelte Haufen ihre Suche aus, allerdings hielt sich ihr Enthusiasmus in Grenzen.

„Wie werden wir gegen die Drachen vorgehen? Gibt es überhaupt irgendeinen Plan?“

„Ich habe mich um meine Familie zu kümmern und der Gedanke von einem Drachen in nur einem Bissen verschlungen zu werden, erzeugt bei mir nicht gerade Begeisterungsstürme.“ sprach ein anderer Mann.

„Außerdem spucken sie Feuer!”

„Das reicht jetzt!” rief Olav. Er war derjenige, der die Gruppe anführte und sich zu Beginn sicher war, nur die fähigsten Männer der Siedlung für dieses Unternehmen ausgewählt zu haben, jedoch beschlich ihm inzwischen das Gefühl, sich getäuscht zu haben. „Ich habe eine ganze Menge von den Zwergen gelernt. Wenn wir als erstes ihre Flügel attackieren, werden sie nicht mehr in der Lage sein zu fliegen. Danach nehmen wir uns ihre Achselhöhlen vor, da ihre Schuppen dort am schwächsten sind.“

„Aber um das zu schaffen, müssen wir doch nah genug an sie heran kommen.“

„Wenn wir schnell genug handeln, können sie uns unmöglich alle auf einmal angreifen. Wir werden ausschwärmen und versuchen sie schnellstens zu überwältigen. Vielleicht fügen wir ihnen dabei genug Verletzungen zu, so das sie in uns einen gefährlichen Gegner sehen und Reißaus nehmen.“  

„Mir gefällt das auch nicht, aber wenn wir in den Städten keine Steuern mehr zahlen wollen, müssen wir da jetzt durch.“ sprach ein anderer.

„Genau!“ sagte Olav. „Da dies nun geklärt ist, können wir ja weiterziehen.”

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„Ich komme leider mit schlechteren Nachrichten.”

Eragon und Saphira blickten die Kräuterhexe an, während ihre Tochter zwischen ihnen lag und fest schlief.

„Ich habe dieser Siedlung einen weiteren Besuch abgestattet und herausgefunden, dass zwanzig bewaffnete Männer ausgerückt sind um eure Höhle zu finden.“

Beide Drachen stießen ein tiefes Knurren aus, welches sich unweigerlich in einen Husten verwandelte. Angela wartete ab, bis sich die Drachen von ihrer Hustenattacke erholt hatten und fuhr fort: „So wie es ausgesehen hat, schien keiner von ihnen im Umgang mit Schwert und Schild bewandert zu sein. Ich glaube sogar, dass einige von ihnen noch nie zuvor ein Schwert in den Händen gehalten haben. Aber trotzdem seit ihr drei momentan nicht in der Lage, einen Angriff von 20 Mann standzuhalten. Murtagh und Dorn werde ich aufgrund der Entfernung zu den Ruinen von Carvahall nicht rechtzeitig erreichen können. Ich hatte sie fortgeschickt, damit sich nicht auch noch Dorn mit dem Krankheitserreger ansteckt.“  

>>Was geschieht nun?<< fragte Eragon. >>Wir können uns kaum rühren und wahrscheinlich werden wir auch noch die nächsten Tage außer Gefecht sein.<<

„Ich werde auf euch Acht geben und beschützen, bis ihr wieder gesund seid. Ich bin nicht unbewaffnet, wie ihr wisst.“

>>Danke, Angela. Du hast mehr für uns getan, als wir jemals zurückzahlen können.<< sprach Saphira.

„Oh, ich bitte euch! Übertreibt nicht.“ lachte Angela und weckte dabei die junge Drachin auf. „Nun, ich denke, es wird wieder Zeit für eure Medizin.“

Vanyali wich bei dem Gedanken zurück, wieder dieses ekelige Zeug schlucken zu müssen.

Angela träufelte währenddessen die Medizin auf Saphiras Drachenzunge. Der bittere Geschmack ließ sie zusammenfahren, so dass Angela ihre Spucke ins Gesicht bekam.

>>Tut mir leid.<<

„Nun, ich kann es euch wohl kaum übel nehmen. Nichts schmeckt unangenehmer als diese Krautmischung, aber haltet bitte still.“

Nachdem sie bei Eragon fertig war, wanderte Angela zu Vanyali hinüber. Die kleine Drachin wimmerte, als sie von dem Geschmack geradezu überwältigt wurde und begann zu spucken.

„Drachen! Immer wenn sie krank werden, hinterlassen sie eine solche Schweinerei!“ murrte sie. „Und vor allem habt ihr alle drei mal wieder ein ordentliches Bad nötig. Das werdet ihr als erstes tun, sobald ihr wieder gesund seid.“

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Den ganzen Tag lang waren sie auf der Suche der Drachenbehausung, bisher jedoch ohne Erfolg. Zwischenzeitlich entdeckten sie drei größere Höhlen, in denen sie jedoch nur Fledermäuse und in einer anderen einen irritierten Bären vorfanden, aber keine Drachen. Wie konnten nur so große Geschöpfe so schwer zu finden sein?

Sie schlugen ihr Nachtlager an einer engen Waldlichtung auf und Worte des Unmutes machten sich breit. Olav, der etwas Abseits der Gruppe saß, hatte schließlich die Faxen dicke.

„Werdet ihr jetzt wohl still sein!“ rief er und sogleich verfiel die Gruppe in Schweigen. „Ihr wisst alle ganz genau, weswegen wir hier draußen sind! Ihr könnt alle gerne aufgeben und wieder zurück in die Städte ziehen, wenn ihr euch von der Obrigkeit ausnehmen lassen wollt.“

„Wir wissen es, Olav. Aber du kannst trotzdem nicht von uns erwarten, dass wir besonders glücklich darüber sind, diesen Weg eingeschlagen zu haben. Das Klima im Buckel ist rau, der Schnee weicht unsere Kleider auf und die Nächte sind bitterkalt.“

„Glaubt ihr, das wüsste ich nicht?! Meine Frau ist hier gestorben.“ Olav seufzte und senkte seinen Blick. „Ich wünschte, ich hätte etwas für sie tun können, aber hier im Buckel war ihre Krankheit nicht heilbar.“

Olav wurde still und die Männer stellten ihm keine weiteren Fragen mehr.

Der Mann dachte daran zurück, wie sie ihre Reise antraten. Damals, als er und seine Frau Frenja sich dazu entschlossen hatten, eine Gruppe von Siedlern zu leiten, die der hohen Steuern überdrüssig geworden waren, war seine Frau noch völlig Gesund. Während der beschwerlichen Reise erkrankte seine Frau jedoch an einem schweren Fieber, von dem sie sich nicht wieder erholte. Die zwei Heiler, welche die Gruppe begleiteten, versuchten der Frau zu helfen so gut sie konnten, jedoch vergeblich.

„Es wird Nacht.“ sprach Olav schließlich. „Ruht euch aus. Wir werden die Suche morgen früh fortsetzen.“

Die Männer nickten zustimmend und begaben sich zu ihr Nachtlager.

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Angela erwachte am nächsten Morgen viel später als gewollt. Als sie zügig ihr Nachtlager abbrach, stellte sie fest dass es während der Nacht durchgeschneit hatte. Der Schnee war noch relativ frisch und die große Anzahl an Stiefelabdrücken fiel ihr sofort ins Auge.

>>Die Männer aus der Siedlung!<< dachte sie.

Erschrocken ließ Angela ihren Rucksack fallen und als sie gehetzt auf die Höhle zu lief, hörte sie auch schon die Stimmen der Leute aus dem Inneren der Höhle. Ihr Herz blieb beinahe stehen, als sie das unverfälschte Geräusch von gezückten Schwertern hörte.


Saphira und Eragon blickten die Eindringlinge hilflos an.

>>Lasst uns in Frieden…<< rief Saphira für alle hörbar.

Die Männer rührten sich nicht, begannen aber miteinander zu diskutieren.

„Sie sehen krank aus…“ sprach einer von ihnen.

>>Wir sind es.<< antwortete Eragon.

„Müssen wir das wirklich tun?“ fragte ein anderer Mann, als er sich die Drachen in ihrem jämmerlichen Zustand betrachtete.

Ohne Rücksicht zwängte sich Olav an seinen Männern vorbei und stoppte vor den Drachen.

>>Wenn ihr uns tötet, wird Nasuada davon erfahren und zusammen mit den Elfen eine Streitmacht aussenden.<<

Doch bei Olav stieß er auf taube Ohren.

„Tut mir Leid, Drache. Aber dies ist der einzige Weg um unsere Siedlung zu retten.“

Eragon und Saphiras Blicke waren voller Verzweiflung. Doch gerade als Olav seine Leute dazu auffordern wollte anzugreifen, schallte ein lautes „Halt!“ durch die Höhle.

Olav blickte zum Höhleneingang und zur großen Erleichterung der Drachen, stand dort Angela mit gezücktem Kurzschwert.

„Die Kräuterkennerin?!” fragte Olav. „Was habt Ihr hier verloren?“

Mit bloßem Zorn in den Augen, machte Angela einen Schritt vorwärts und drohte mit ihrer Waffe.

„Wie könnt ihr es nur wagen!“

Eingeschüchtert durch ihren zornigen Blick, wandten sich einige der Männer von ihr ab.

„Ihr habt keinerlei Vorstellungen über die Bedeutsamkeit dieser Drachen, oder was sie für euch alle geleistet haben. Wenn ihr es wüsstet, dann währet ihr nicht hergekommen, um sie von ihrem Land zu vertreiben.“

Olav senkte etwas seine Waffe.  

„Ah, so ist das! Ihr steckt mit diesen Drachen unter einer Decke!“ Damit wurde ihm auch alles weitere klar. „Dann seit IHR es auch gewesen, die versucht hat uns alle zu vergiften, habe ich Recht?“

Angelas starrer Blick wandelte sich zu einem hinterhältigen Lächeln.

„Nur um Saphira und ihrer Familie etwas Zeit zu verschaffen, aber keine Sorge: Eure Leute werden sich wieder erholen.“

„Diese Drachen haben Namen?“ rutschte es einem der Männer heraus und im Nu war Angela bei ihm und packte ihn am Kragen seines Wamses.

„Natürlich haben sie Namen!“ Angela lief an Olav vorbei und legte ihre Hand auf Eragons Stirn. „Drachen sind keine wilden Bestien, wie ihr es vielleicht denkt.“

„Das hier ist Eragon!“ Sprach sie und ließ somit sämtliche Geheimnisse um diesen Drachen fallen. „Der ehemalige Drachenreiter, welcher Galbatorix bezwungen hat. Nun aber durch mächtige Magie in den Drachen verwandelt, den ihr hier vor euch seht.“ Dann legte sie ihre Hand auf Saphiras Stirn. „Saphira war Eragons Drache und bis vor kurzem noch die letzte lebende Drachendame in Alagaesia. Jetzt ist sie Eragons Partnerin und Mutter von Vanyali. Tötet ihr diese Drachen, macht ihr euch für alle Zeiten schuldig, das Drachenvolk ausgerottet zu haben.“

Das Drachenmädchen wurde von Angelas Geschrei geweckt. Nun starte sie verunsichert die Vielzahl fremder Zweibeiner an, die um sie herumstanden.

Die Männer hinter Olav begannen etwas Unverständliches zu murmeln. Angela grinste, als ihre Worte die Herzen der Männer trafen.

„Deine Worte könnten durchaus wahr sein, aber Drachen und Menschen können nicht in unmittelbarer Nähe zusammenleben. Es würden zwangsläufig Konflikte entstehen, alleine was Nahrung betrifft.“

„Habt ihr jemals versucht mit Eragon und Saphira zu sprechen, ohne sie zu bedrohen?“ fragte Angela. Olav wandte seinen Blick ab. Sie hatte Recht, Olav und die anderen hatten nie versucht mit den Drachen vernünftig zu reden. Aber dafür war es jetzt zu spät. Ihm war klar, dass die Drachen ihm nun nicht mehr zuhören würden, nachdem er versucht hatte nach ihr Leben zu trachten. Olav blickte seine Männer an, doch keiner von ihnen machte noch den Eindruck, die Drachen töten zu wollen, tatsächlich rannen dem jüngsten Mitglied der Gruppe die Tränen über das Gesicht.

„Offenbar habe ich Eure Begleiter unlängst überzeugen können. Was muß ich erreichen, um euch zu bewegen, diesen Ort, den die Drachen zu ihrer Heimat erwählt haben, zu verlassen?“

Olav dachte eine Minute nach. Das Land, in der die Drachen lebten, war möglicherweise der sicherste Ort im ganzen Buckel. Es konnte noch Monate dauern, bis die Siedler einen vergleichbareren Zufluchtsort finden würden. Eine Rückkehr in die Städte und Dörfer des Reiches, kam nicht in Frage.

Während es in der Höhle still wurde, kroch Vanyali zwischen ihren Eltern hervor. Ihre Neugier hatte die kleine Drachin gepackt und sie näherte sich Angelas Position, um besser sehen zu können.

„Wir können nicht weiterziehen.“ sprach Olav. „Es würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen und uns noch mehr Opfer kosten, als es schon jetzt der Fall ist. Zu Hause würden wir ausgenommen werden. Die Steuern sind zu harsch und genau deswegen sind wir ausgewandert.“

„Es scheint, dass Ihr mir keine Wahl lasst. Ihr habt mir nur die Gründe genannt, um an diesem Ort festzuhalten, nicht aber um ihn aufzugeben.“

Olav drehte sich von ihr weg und begann vor den Drachen nervös auf und ab zu wandern. Er war hin und her gerissen und wusste nicht, was er tun sollte.

Doch dann trat das Unerwartete ein! Während Olav sich auf Angela zu bewegte, stolperte er plötzlich über einen Stein und fiel nach vorne. Beim Versuch den Fall mit seinen Armen abzufangen, ließ er allerdings das Schwert nicht los, so dass sich dessen Klinge in Vanyalis Flanke bohrte.

Vanyali schrie vor Schmerz auf. Als Olav bemerkte, was passiert war, zog er das Schwert hastig aus ihrer Seite heraus, was für Vanyali noch schmerzhafter war. Erbost schrie Angela auf und ebenso seine Männer, da es  für sie danach aussah, als habe Olav vorsätzlich versucht die kleine Drachin anzugreifen. Jedoch hatte niemand gesehen, dass Olav in Wirklichkeit stolperte.

Die Höhle erbebte regelrecht, als das wilde Gebrüll von Eragon und Saphira ertönte. Angetrieben von ihren Urinstinkten, richteten sich die beiden Drachen trotz ihrer Krankheit auf.

Olav erbleichte, als sich die Drachen als nächstes auf ihn stürzten.

Bevor sich die Klauen und Zähne der Drachen in das Fleisch des Mannes gruben und seinem Leben somit ein Ende setzte, waren galten Olavs letzte Gedanken, seiner verstorbenen Frau.

Olavs Begleiter wurden sogleich von Panik ergriffen und versuchten zu fliehen, doch Angela, die sich sofort um Vanyali kümmerte, rief den zu Leuten zu sofort stehen zu bleiben, da sie ansonsten von Saphira und Eragon getötet würden. Eine offensichtliche Lüge, da beide Dracheneltern bereits vor Erschöpfung wieder zusammenbrachen.

Die Männer standen still und starrten auf den leblosen Körper von Olav.

Saphira versuchte das weinende Drachenmädchen zu trösten und ihre Wunde lecken, jedoch hielt Angela sie davon ab.

„Ich muß sie zuerst untersuchen. Falls die Verletzung ernster ist, werde ich weitere Schritte in Angriff nehmen müssen.“

Saphira ließ nur widerwillig von ihrer Tochter ab und machte für Angela platz. Die Kräuterhexe hielt Vanyali fest, was ein schwieriges Unterfangen war, da das Drachenmädchen sehr unruhig war und zappelte.

„Höre mit zu, Vanyali. Ich kann dir helfen, aber du darfst dich nicht bewegen. Hast du mich verstanden?“ sprach Angela in einem ruhigen Tonfall.

Wimmernd nickte Vanyali und hielt still.

Vorsichtig inspizierte Angela die Wunde und übte etwas Druck auf sie aus. Das Drachenmädchen zitterte vor Schmerz, regte sich aber ansonsten nicht.

Die Wunde war in der Tat tief, doch glücklicherweise blutete sie nicht stark, was ein Zeichen dafür war, dass die inneren Organe keinen Schaden davongetragen hatten. Da das Schwert scharf war und eine recht saubere Wunde hinterließ, konnte diese vollständig verheilen, solange sie sich nicht infiziert. Für einen solchen Fall hatte Angela in ihrem Rucksack ein Mittel zur Reinigung von Wunden.  

Angela ging hinaus um schnell ihren Rucksack zu holen, den sie vor der Höhle liegengelassen hatte. Als sie zurückkehrte erwischte sie Saphira dabei, wie sie erneut versuchte Vanyalis Verletzung zu lecken.

„Mach das nicht!“ rief sie. „Du bist krank und dein Speichel könnte die Wunde entzünden!“

Saphira zog sich abermals zurück und war genervt, dass sie sich noch nicht um ihre Tochter kümmern durfte. Angela setzte sich neben Vanyali und packte ein großes Tuch aus, das sie zugleich mit einem Messer zerschnitt. Anschließend holte sie eine kleine Flasche mit einer gelben Flüssigkeit hervor.

Sorgfältig verteilte sie etwas davon auf dem Tuch und hielt es anschließend vor Vanyali hin.

„Das wird jetzt ziemlich brennen, aber es ist absolut notwendig. Bitte versuche dich nicht zu bewegen.”

Vanyali zischte, als Angela ihr das Tuch auf die Wunde drückte und begann zu strampeln.
„Ihr könnt sie nun trösten.“ sprach Angela leise und trat beiseite. Saphira begann sofort ihre Tochter mit der Schnauze zu berühren und langsam beruhigte sich Vanyali. Eragon tat genau dasselbe und sogleich hörte ihr Zappeln komplett auf.

Angela näherte sich Olavs Leiche und wies zwei seiner Männer an, den leblosen Körper fort zu schaffen.

„Ihr werdet nun zu Euresgleichen zurückkehren und dort auf mich warten.“ sprach sie zu den Leuten, die nach wie vor in der Höhle anwesend waren und es nicht wagten sich zu rühren.  „Wenn man euch fragt, was passiert ist, dann werdet ihr ihnen die Wahrheit sagen. Hetzt sie nicht gegen diese Drachen auf, denn sie taten nur das, was ein jeder von euch getan hätte, wenn irgendwer euer Kind verletzt.“

Die Männer nickten und begannen sich auf dem Weg zu machen. Einige von ihnen traten sogar vor und baten die Drachen um Verzeihung.

Als alle fort waren, untersuchte Angela die kleine Drachin erneut. Diese saß völlig ruhig zwischen ihren Eltern und blickte Angela an. Es schien ihr verhältnismäßig gut zu gehen, jedoch streckte sie sich nicht aus, da es in ihrer Seite immer noch etwas schmerzte.

„Das sollte nun gut ausheilen können. Es wird vielleicht noch eine Weile weh tun, aber ich bin mir sicher, das es schon etwas besser ist als vorher.“ Angela erwartete ein Kopfnicken und war ziemlich überrascht, als eine lieblich klingende Stimme ihn ihrem Kopf ertönte.

>>Ja!<<

Eragon und Saphira grollten glücklich, als sie Vanyali sprechen hörten.

„Du sprichst!” sagte Angela erstaunt. „Es scheint mir, als haben sich eure Gespräche am Ende doch ausgezahlt.“

Die Dracheneltern begannen mit ihrem Kind fröhlich zu schwadronieren und vergaßen dabei ihre eigene Krankheit.

„Da ihr nun anderweitig beschäftigt seid und ihr eure Medizin erst in einigen Stunden bekommt, werde ich diese Siedler noch einmal besuchen.“  

>>Danke, Angela.<< sprach Vanyali.

„Nichts zu danken, Vanyali.” lachte Angela und ging hinaus.

 

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Kapitel 33

 

 

runter

 

Dunkelheit! Das war das Einzige, was ihm umgab und eine Stille, wie auf einem Totenacker. So weit hatte ihn der schwarze König in die Tiefe seines Bewusstseins zurückgetrieben und die geradezu hungrige Dunkelheit schien ihn immer mehr und mehr zu verschlingen. Wie lange würde es dauern, bis er irgendwann von ihr völlig verzehrt werden würde und nichts mehr von ihm übrig blieb?

Sein Widerstand, sich gegen die grausame Magie entgegenzustellen, schien gebrochen. Galbatorix war einfach zu mächtig.

"Hàkon..."  flüsterte eine geheimnisvolle weibliche Stimme und der Junge erschrak. "Habe keine Furcht!"

Hatte er diese Stimme nicht schon einmal gehört, oder war es nur eine Wahnvorstellung, ausgelöst durch diese hoffnungslose Gefangenschaft im eigenen Körper?

"Ich bin nicht hier, um dir etwas Böses anzutun!" Wieder, diese Stimme! Sie war eindeutig weiblich und klang kraftvoll, aber gleichzeitig einfühlsam.

"Verschwinde, wer immer du auch bist, Dämon!" rief Hàkon in die Dunkelheit.

"Dämon?!" die Anwesenheit klang spürbar gekränkt. "Das letzte Geschöpf, dass mich so genannt hat, erlebte einen wahrlich heißen Tag!"

"Wer bist du?" fragte Hàkon. "Falls du kein Werk meiner Einbildung bist, dann zeige dich!"

"Menschen... Ich vergaß, dass ihr immer so schwer zu überzeugen seit!" seufzte die Stimme. "Könnt ihr nicht mal mit eurem Herzen denken? Immer wollt ihr etwas fürs Auge haben... "

Zu Hàkons Verwunderung passierte mit einem mal etwas Merkwürdiges. Vor ihm bildete sich ein dichter Nebel, der immer größer und größer wurde. Langsam schien der Dunst eine Gestalt anzunehmen und die Umrisse eines Drachens waren darin zu erkennen.

Als sich der Nebelschleier lichtete, trat eine dunkelgrüne Drachin aus ihm hervor und wehte ihn mit einem lässigen Flügelschlag hinfort. Sie war überaus schön, recht schlank gebaut, zugleich jedoch kräftig und ihre Hörner waren gewunden, wie das Geweih einer Antilope.

"Du bist ein Drache?!"

"Wie hast du das denn nur erkannt?" grinste sie und blickte ihn mit ihren goldenen Augen an, die pure Weisheit ausstrahlten. "Aber nicht ganz! Ich bin nur der Geist einer wilden Drachendame, die vor hunderten von Jahren gelebt hat. Du kannst mich Flare nennen."

"Willst du dich an meinem Leid ergötzen, oder bist du der Bote, der mich in das Reich der Toten bringt?"

"Weder noch, junger Hàkon!" antwortete sie und legte den Kopf etwas schief. "Ich bin hier um zu helfen, denn es gibt eine Möglichkeit deine Seele aus dieser Gefangenschaft zu erlösen."

"Ist das wahr?" fragte Hàkon und zum ersten Mal, nach langer Zeit keimte wieder ein Funken Hoffnung in ihm auf. "Du kannst mich wirklich befreien?"

"Es wird nicht einfach sein, denn Galbatorix' verbotener Zauber übersteigt selbst meine magischen Fähigkeiten!" antwortete Flare und legte eine Klaue auf Hàkons Fesseln. "Es wäre mir nur möglich, deine Ketten zu sprengen, wenn Galbatorix am schwächsten ist. Dies kommt allerdings nicht ohne einen Preis und du musst bereit sein, ein großes Opfer dafür zu bringen."

"Flare! Was immer auch nötig ist, um dieser Vorhölle zu entkommen, bin ich bereit auf mich zu nehmen." sprach Hàkon ohne zu zögern.

Plötzlich rumpelte es, wie bei einem Gewitter und Flare blickte ernst.

"Das ist Galbatorix." sagte sie und begann sich aufzulösen. "Ich muß jetzt gehen."

"Warte, gehe noch nicht!" sprach Hàkon. "Ich habe noch so viele Fragen!"

"Es tut mir leid, Hàkon. Wenn ich länger bleibe, bemerkt Galbatorix das ich hier bin und wird es mir beim nächsten Mal unmöglich machen, erneut zu dir durchzudringen." antwortete Flare und verschwand schließlich vollkommen. "Aber ich verspreche dir, in deiner Nähe zu bleiben. Denke immer daran... du bist nicht alleine!"

---

Nach der bedrohlichen Begegnung mit den Siedlern, was um Haaresbreite in einer Tragödie ausuferte, hatten sich die Drachen, dank Angelas Medizin wieder vollständig erholt und selbst Vanyalis Verletzung war indessen gut verheilt.

Als Murtagh und Dorn wieder zurückkehrten und von Eragon erfuhren, was in ihrer Abwesenheit geschah, war Murtagh dermaßen außer sich, dass Eragon ihn nur mit allergrößter Mühe davon abbringen konnte, die Siedlung dem Erdboden gleich zu machen. Eragon erläuterte ihm, dass die Siedler ihre Lektion gelernt hätten und keine Gefahr mehr von ihnen ausgehen würde. Murtagh lenkte nur sehr widerwillig ein, wobei er aber seinem Bruder deutlich klar machte, den Siedlern, welche sich sogar noch illegal im Buckel aufhielten, nicht über den Weg zu trauen.

Es herrschte ein angenehm mildes Klima im Buckel und Eragon beobachtete seine Tochter dabei, wie sie fröhlich auf dem Waldboden herumtollte.

"Sie ist heute ziemlich munter, nicht wahr?" fragte Murtagh und streichelte ihr über den Kopf.

Vanyali stieß ein verspieltes Knurren aus und versuchte nach Murtaghs Hand zu schnappen.

>>Ja, ich bin froh das es ihr wieder gut geht.<< murmelte Eragon. >>Wenn ich daran denke, dass sie beinahe...<<

"Ich, weiß." seufzte Murtagh. "Wenn nur Dorn und ich in der Nähe gewesen wären."

>>Dorn wäre ebenso krank geworden, wie wir.<< sprach Eragon. >>Saphira und ich haben sie bis zu diesem Zeitpunkt immer gut beschützen können, aber wir sind nur zwei Drachen.<<

"Mach dir keine Sorgen." sagte Murtagh entschlossen. "Ich werde bis der Tod an meiner Tür klopft, an deiner Seite kämpfen."

>>Ich hoffe, dass es niemals dazu kommen wird.<< grummelte Eragon.

>>Wie fühlt es sich an?<< fragte plötzlich der rote Drache.

>>Was meinst du?<< fragte Eragon.

>>Wie fühlt es sich an, eine Familie zu haben?<<

>>Es ist beinahe so, als würde dein Herz in Flammen stehen.<< sprach Eragon glücklich. >>Und du wünschst dir, dass diese Flammen niemals erlöschen würden.<<

>>Oh!<< grummelte Dorn und senkte wieder sein Haupt.

>>Verliere nicht die Hoffnung, mein Freund.<< tröstete Eragon. >>Die Zeit wird kommen, an der auch du deine Partnerin finden wirst.<<

>>Ich habe nie behauptet, dass ich die Hoffnung verloren habe.<< sprach Dorn. >>Es ist für mich nur noch nicht an der Zeit gewesen.<<

>>Habe Geduld. Es wird sich auch für dich alles zum Besten wenden.<<

>>Du sprichst weise Worte.<< brummte Dorn. >>Bist du sicher, dass du mit dem kleinen Holzkopf verwandt bist?<<

Dorn blickte dabei zu Murtagh hinüber, welcher ihm einen grimmigen Blick zurück gab.

"Wir sollten uns viel mehr Gedanken darüber machen, was wir als nächstes tun." entgegnete Murtagh. "Warten wir darauf, dass Galbatorix uns angreift, oder werden wir selbst den ersten Schritt gegen ihn unternehmen?"

>>Bevor wir irgendwelche Schritte gegen Galbatorix beschließen, hat Vanyalis Schutz Vorrang.<< antwortete Eragon. >>Saphira und ich sind deshalb zu der Entscheidung gekommen, dass Ellesmera der sicherste Ort für unsere Tochter ist.<<

"Ihr wollt zu den Elfen gehen?"

>>Ich weiß um deine Abneigung im Hinblick auf die Elfen, aber würdet ihr uns trotzdem begleiten?<<

"Darauf kannst du zählen. Ich will verdammt sein, wenn ich es zulasse, dass unserer Familie etwas passiert."

>>Wir werden euch zur Seite stehen!<< schloss sich nun auch Dorn an. >>Auch wenn nicht alle Elfen uns in ihrem Reich willkommen heißen werden. Obendrein könnte Galbatorix gegen uns losschlagen, wenn wir es am aller wenigsten erwarten.<<

>>Danke, ihr Beiden!<< lächelte Eragon.
"Ab wann brechen wir auf?" frage Murtagh.

>>Sobald wie möglich.<<   

 

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Kapitel 34

 

 

runter

 

“Sie sind uns entkommen!” fluchte Galbatorix, als er feststellen musste, dass ihm die Drachen bereits entwischt waren. “Ich verliere zu viel Zeit!“

“Fürst Hàkon! Ich habe euch etwas sehr wichtiges mitzuteilen!” rief eine aufgeregte Stimme. Es handelte sich um Bramen, einem ehemaligen Offizier der königlichen Leibgarde, der nun nach seiner Zeit als Söldner wiederum im Dienste Galbatorix stand.

“Ich komme gerade aus der Siedlung und einer der Leute teilte uns mit, dass es kürzlich einen Vorfall mit den Drachen gegeben hat.“

„Ja, ich weiß.“ antwortete Galbatorix desinteressiert. „Damit erzählst du mir nichts Neues.“

„Aber, er sagte außerdem, dass der blaue männliche Drache Eragon genannt wurde.“

„Bist du sicher?“ fragte Galbatorix ungläubig und drehte sich zu ihm um.

„Absolut, mein Herr und es scheint so, als wäre der blaue Drache der eigentliche Vater des Jungdrachen und nicht Dorn.“

Galbatorix dachte nach, doch er konnte sich nicht daran erinnern jemals etwas über eine so mächtige Formwandler-Magie gelesen zu haben. Selbst die Elfen wären nicht in der Lage gewesen, sich vollständig in einen Drachen zu transformieren.  

„Ich danke dir, für diese Nachricht.“ sprach Galbatorix und lächelte geheimnisvoll. „Mit dieser neuen Erkenntnis tun sich in der Tat viele neue Möglichkeiten auf.“

„Aber wir wissen nicht wohin sie gegangen sind.“ warf Bramen ein.

>>Wenn sie den Schutz des Buckels verlassen haben, könnte es nur noch einen einzigen Ort in Alagaesia geben, an denen sie im Glauben sind, vor mir sicher zu sein.<< dachte Galbatorix.  

„Bramen!“ sprach Galbatorix schließlich. „Gehe hinunter in die Siedlung und kaufe Vorräte ein. Wir werden uns auf eine längere Reise begeben.“

„Ja, Herr!“

---

Ohne jegliche Vorkommnisse erreichten Eragon, Saphira, Murtagh und Dorn die ersten Ausläufer von Du Weldenvarden. Nicht mehr lange und sie würden binnen kurzem auf die Grenzposten der Elfen treffen.

Sie entschieden sich schließlich an einem kleinen See ihr Nachtlager aufzuschlagen. Abgekühlt nach einem ersten Bad im klaren See und müde von dem langen Flug ließen sich Eragon und Saphira nieder, während Murtagh und Dorn zur Jagd aufbrachen. Auch wenn sie sich immer wieder abwechselten, war Saphira froh ihre Tochter nicht länger in ihrer Schnauze herumtragen zu müssen.

Vanyali befand sich währenddessen in Plauderlaune und bombardierte ihre Eltern mit allen möglichen Fragen, die nur ein Kind stellen konnte.

>>Wann sind wir denn endlich da?<< fragte Vanyali nun schon zum gefühlten 1000. Mal. Es war schließlich auch ihre aller erste Reise.

>>Bald, Lili.<< antwortete Eragon und seufzte. >>Es ist nicht mehr so weit. Wir werden morgen noch einen weiteren Tag lang unterwegs sein und dann sind wir in Ellesmera.<<

>>Ich habe noch mehr Fragen!<< sprach sie und hüpfte freudig auf und ab.  >>Wo hat Onkel Dorn seine Narbe her?<<

>>Das war eine Verletzung aus dem Krieg.<< antwortete Saphira.

>>Krieg?<<

>>Das ist eine sehr lange Geschichte, Liebes.<< sprach Saphira. >>Wir kämpften vor vielen Jahren gegen einen bösen König.<<

>>Erzählt mir doch bitte davon!<< rief Vanyali wissbegierig.

>>Na, gut. Ich glaube, es ist ohnehin an der Zeit, dass du alles erfährst.<< sprach Eragon und auch Saphira nickte zustimmend. >>Wir erzählen dir die Geschichte, wie wir die Tyrannei in Alagaesia beendet haben.<<

>>Was ist Tyrannei?<<

>>Tyrannei ist eine Schreckensherrschaft, Liebling.<< antwortete Saphira. >>Galbatorix war ein sehr gefährlicher Mensch und ein Drachenreiter. Es ging ihm nur um die gewalttätige und unverantwortliche Ausübung seiner Macht und die Erfüllung seiner eigenen Begierden.<<

>>Er war ein Reiter wie du, Vater?<<

>>Ja und nein.<< erklärte Eragon. >>In jungen Jahren muß Galbatorix einst ein fähiger Drachenreiter gewesen sein, der besonders im Umgang mit Magie begabt war. Aber aufgrund einer Leichtsinnigkeit seinerseits, wurde sein eigentlicher Drache von Urgals getötet. Galbatorix wurde durch diesen Verlust wahnsinnig und nachdem die anderen Drachenreiter ihn einen neuen Drachen verwehrten, tötete er einen jungen Reiter und band dessen Drachen mit Magie an sich. Bevor Galbatorix den Thron erklomm, um sich selbst zum König zu ernennen, schlossen sich Galbatorix mehrere Abtrünnige an, mit deren Hilfe er beinahe alle anderen Reiter tötete und die Drachen an den Rand des Aussterbens brachte.<<

>>Wie gemein! Wie konnte er nur so etwas tun?!<< Vanyali war entsetzt.

>>Aus Rache.<< äußerte Eragon. >>Aber zum Teil trugen die Reiter an ihrem Untergang auch eine gewisse Mitschuld. Galbatorix war noch jung, als sein Drache starb und deswegen vermutlich stark traumatisiert. Mit den richtigen Lehrern und guten Bezugspersonen, wäre es möglicherweise alles gar nicht so weit gekommen. <<

>>Dies entschuldigt aber keinesfalls seine schrecklichen Verbrechen!<< warf Saphira ein. >>Es sollte über ein Jahrhundert dauern, bis seine Gewaltherrschaft durch deinen Vater und mir beendet wurde. <<

>>Es war eine beinahe aussichtslose Schlacht, in der alle Völker Alagaesias verwickelt waren. Vom Rücken deiner Mutter aus betrachtet, war dies ein einziges Durcheinander aus Elfen, Zwerge, Urgals und Menschen.<< erzähle Eragon weiter.

>>Wir stellten uns dem König schließlich zum Kampf.<< übernahm Saphira die Geschichte. >>Ohne die Hilfe der Elduranri war Galbatorix zu dem Zeitpunkt bereits erheblich geschwächt. Aber er war immer noch ein Meister des Schwertkampfes und deinem Vater überlegen. Ich hielt so gut es ging die Soldaten des Königs in Schach, während dein Vater und Galbatorix verbissen miteinander kämpften. Dein Onkel Murtagh und Dorn gerieten mit Shruikan aneinander, worauf Dorn schwer verletzt wurde und dem Tode nahe war. Als ich schließlich bemerkte, dass dein Vater im Begriff war zu erschöpfen und immer mehr zurück wich, entschloss ich mich einzugreifen, aber Galbatorix bemerkte mein Vorhaben und entsandte einen Energieblitz, der mich töten sollte. Aber Shruikan warf sich in letzter Sekunde vor mich und rettete mir das Leben.<<

>>Galbatorix‘ Drache tat das?<< frage das Drachenmädchen mit erstaunten Augen. >>Aber war er denn nicht euer Feind?<<

>>Shruikan diente ihm ja nicht aus freiem Willen. Auch wenn er von Galbatorix kontrolliert wurde, war er keinesfalls ein schlechter Drache. Wenn auch nur für einen sehr kurzen Augenblick konnte er sich von der Kontrolle des schwarzen Königs befreien. Er opferte sein eigenes Leben, um mich zu schützen und gab uns damit die entscheidende Gelegenheit Galbatorix zu bezwingen.<<

>>Als Galbatorix mit ansah, wie Shruikan vom Himmel fiel, schrie er fassungslos auf.<< ergriff wieder Eragon das Wort. >>In diesem Moment  stieß ich mit dem Schwert nach ihm und trieb ihm die Klinge durch den Panzer hindurch mitten in sein verdorbenes Herz.<<

>>Als Galbatorix‘ Leben erlosch, veränderte sich plötzlich alles. Viele Schwüre und Zauber fielen von seinen Gefolgsleuten ab und ergriffen  in wilder Panik die Flucht. Wir hatten gewonnen und den Frieden im Land wieder hergestellt!<<

>>Eine tolle Geschichte!<< erfreute sich Vanyali. >>Ich möchte noch mehr hören!<<

>>Es gibt aus dieser Zeit noch so viel zu erzählen, Liebes.<<  lächelte Eragon und vernahm die Flügelschläge Dorns, der geradewegs von der Jagd zurückkehrte.  >>Aber heute Abend nicht mehr, außerdem ist jetzt Essenszeit.<<

>>Wie schade…<<

---

Nach einem ausgiebigen Mahl diskutierten Eragon, Murtagh und Dorn noch lange darüber, wie sie ohne Schwierigkeiten das Reich der Elfen betreten könnten, da viele Elfen die Taten der beiden ehemaligen Knechte des Königs noch immer nicht verziehen. Zwar war dieses Problem nicht so groß, wie bei den Zwergen, aber es dürfte bei einigen Elfen trotzdem noch ein gewisses diplomatisches Geschick erfordern.

Saphira schloss sich der Besprechung nicht an und verbrachte unterdessen die Zeit mit ihrer Tochter.  

>>Mutter? Wie wußtest du, dass Vater dein Reiter sein würde?<< fragte die kleine Drachin.

>>Es ist schwierig dieses Gefühl zu beschreiben, aber in dem Moment als dein Vater mein Ei berührte, fühlte es sich einfach richtig an. Tief in mir spürte ich, dass nur dein Vater für mich als Reiter in Frage kam. Aber niemals hätte ich es mir jemals erträumen lassen, dass ich mir mit meiner Wahl nicht nur meinen Reiter erwählt habe, sondern auch noch gleichzeitig meinen Gefährten fürs Leben.<< lächelte Saphira. >>Er hat sich immer rührend um mich gekümmert, als ich noch so klein war, wie du. Er nahm mich mit auf seinen Jagdausflügen, leistete mir Gesellschaft und gab mir Nahrung, bis ich groß genug war, um selbst jagen zu gehen.<<

>>Wie bei mir.<<

>>Ganz richtig. Ich hatte deinen Vater damals schon sehr lieb gehabt.<< nickte Saphira. >>Er will auch unter gar keinen Umständen als Vater scheitern, oder dich enttäuschen.<<  

>>Ich glaube nicht, dass das möglich ist. Er hat bereits schon so viel für mich getan.<<

>>Dann weißt du nun auch, warum meine Wahl vollkommen richtig war.<< zwinkerte Saphira ihrer Tochter zu.

>>Ich hätte ihn bestimmt auch gewählt.<< nickte Vanyali und gähnte anschließend kräftig. >>Werde ich irgendwann auch mal einen Reiter haben?<<

>>Nein, Lili. Wilde Drachen binden sich nicht an einen Reiter. Außer es entsteht eine korrupte Verbindung durch verbotene Magie. Dann könnte auch mit einem wilden Drachen eine Vereinigung eingegangen werden. Aber so etwas sollte niemals geschehen, denn für den wilden Drachen ist das dann nichts anderes, als eine reine Knechtschaft, in die der Drache dem Willen seines Reiters unterworfen ist.<<

>>Und das will Galbatorix mit mir versuchen?<< fragte Vanyali. >>Sind wir deswegen von zu Hause weggegangen?<<

>>Woher weißt du denn das, Liebling?<< Saphira blickte völlig fassungslos, als ihre Tochter diese Frage stellte. Um das Drachenmädchen nicht unnötig zu ängstigen, hatten sie sich in ihren Erzählungen stets bemüht, den „winzigen“ Teil auszulassen, dass sich Galbatorix von den Toten erhoben hat und nun hinter ihr her war.

>>Ich habe… zugehört.<< antwortete Vanyali und blickte ein wenig verschämt. >>Du bist mir deswegen doch nicht böse?<<

>>Nein, natürlich nicht. Auch wenn es sich nicht gehört, die Erwachsenen zu belauschen.<< antwortete Saphira und war verblüfft wie klug ihre kleine Tochter bereits war. Was brachte es jetzt noch die Wahrheit vor ihrer Tochter zu verheimlichen, die sie früher oder später so oder so erfahren hätte. >>Ja, es stimmt. Galbatorix ist wieder in Alagaesia und will dich uns wegnehmen. Aber keine Angst, Lili. Wir werden es nicht dazu kommen lassen und dich vor ihm beschützen und wenn wir in Ellesmera angekommen sind, werden uns auch die Elfen beistehen.<<

>>Ich weiß, das ihr mich beschützen werdet.<<

>>Du verstehst für dein Alter schon erstaunlich viel.<< merkte Saphira an.

>>Vater hat mir vieles beigebracht und immer mit mir gesprochen.<<

>>Ein herausragender Drachenvater.<< lächelte Saphira und war auf ihren Gefährten sehr stolz.

>>Ich hab euch lieb, Mutter.<< sprach Vanyali und legte ihren Kopf müde auf die Vorderpfoten

>>Wir haben dich auch lieb, kleine Prinzessin.<< antwortete Saphira freudestrahlend und schmiegte sanft die Schnauze an die Wange ihrer Tochter.

 

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Kapitel 35

 

 

runter

 

>>Es ist Zeit aufzustehen, Lili.<< flüsterte Saphira. >>Wir brechen nach Ellesmera auf.<<

>>Jetzt schon?<< jammerte Vanyali verschlafen. >>Es ist doch noch so früh.<<

>>Es ist sogar schon ziemlich spät.<< sprach Eragon. >>Die Sonne geht bereits auf.<<

>>Nur noch einen Moment.<< stöhnte das Drachenmädchen und legte sich wieder an die warme Flanke ihrer Mutter.

Eragon schnaubte und ließ dabei dunklen Rauch aus seinen Nüstern aufsteigen.

>>Ich weiß eine Möglichkeit, wie wir sie zum Aufstehen bewegen können. << lächelte Saphira und lehnte sich zu ihrer Tochter hinunter und begann sie mit der Zunge zu putzen.

>>Aufhören!<< klagte Vanyali und versuchte der riesigen Zunge zu entkommen.

>>Stell dich nicht so an, Vanyali<< sprach Saphira amüsiert. >>Wir werden bald den Elfen begegnen und da darf eine Drachendame nicht schmuddelig aussehen.<<

>>Ja, Mutter...<<

---

Angeführt von Eragon setzte die Gruppe ihre Reise fort. Je mehr sie sich ihrem Bestimmungsort näherten, umso nervöser wurde Murtagh.

>>Ich habe immer noch Zweifel, dass es eine so gute Idee war mitzukommen.<< murmelte Murtagh an Dorn gerichtet.

>>Das werden wir bald erfahren.<< antwortete der rote Drache.  

>>Der Grenzposten ist ganz in der Nähe.<< merkte Eragon an. >>Wir werden landen und uns ankündigen.<<


Eragon entschloss sich dafür vorübergehend seine menschliche Gestalt anzunehmen, da nur wenige Elfen über Eragons Geheimnis Bescheid wussten.

Der Grenzposten erkannte Eragon sofort, nachdem dieser ihn ansprach.

"Argetlam!" grüßte der Elf mit einer Verbeugung und führte den Zeige- und Ringfinger an die Lippen.

Eragon tat es im gleich und sprach: "Wir bitten um Erlaubnis Ellesmera betreten zu dürfen."

"Aber dafür braucht ihr doch keine Erlaubnis." antwortete der Elf.  "Du und deine Drachendame, seid in Ellesmera jederzeit herzlich willkommen. Aber wo ist sie denn? Ist sie denn gar nicht bei dir?"

"Im Augenblick befindet sie sich bei unseren Begleitern... Murtagh und Dorn."

"Der Verräter ist hier?" schrie der Elf plötzlich auf, doch sofort senkte er seinen Ton, als ihm wieder einfiel, wen er vor sich hatte.  

"Ich kann verstehen, dass die Elfen noch immer von Vorurteilen geprägt sind, aber ich  garantiere, dass weder von ihm, noch von seinem Drachen eine Gefahr für euer Volk besteht."  verteidigte Eragon seinen Bruder. "Die beiden bereuen ihre Taten zutiefst und erbitten die Erlaubnis Ellesmera betreten zu dürfen."

"Ich entschuldige mich für mein unangemessenes Verhalten." antwortete der Elf. "Ihr dürft passieren, aber ich rate euch trotzdem Vorsicht walten zu lassen. Auch wenn sie ihre Taten bereuen, wird das einige Elfen nicht beeindrucken."

"Das ist uns sehr wohl bewusst." sprach Eragon und verließ wieder den Grenzposten. Insgeheim hatte Eragon jedoch gehofft, dass die Zeit alle Wunden heilen würde, doch offenbar galt das nicht für die Elfen.

---

>>Wie ist es gelaufen, Eragon?<< fragte Saphira, als ihr Gefährte zurückkehrte.

"Murtagh und Dorn dürfen Ellesmera betreten." erklärte Eragon. "Aber die Elfen hegen zum Teil immer noch einen Greul gegen sie."

"Als wenn es so einfach wäre..." murmelte Murtagh.

---

"Eragon!" rief eine bekannte Stimme, als sie die Elfenstadt betraten. Eragon, der sich immer noch in seiner menschlichen Gestalt befand drehte sich um und erblicke Arya, die ihn mit einer Umarmung begrüßte, was Saphira deutlich missfiel. "Der Grenzposten hat uns berichtet, dass ihr kommen würdet. Es ist lange her, als wir uns das letzte Mal gesehen haben."

"Das stimmt, Arya." antwortete Eragon lächelnd.  

"Ist es wahr, dass ihr jetzt... Eltern seit?" fragte sie zögerlich.

>>In der Tat.<< antwortete Saphira stolz.

Saphira trat ein Stück beiseite, um Vanyali der Elfin vorzustellen.

>>Arya, das ist unsere Tochter Vanyali.<<

Die anwesenden Elfen blickten erstaunt und murmelten untereinander. Selbst Arya stockte beinahe der Atem.

"Sie ist der erste in Freiheit geborene Drache seit Jahrhunderten! Ein echtes Wunder!"

Vanyali, die es nicht gewohnt, derart im Mittelpunkt zu stehen, verhielt sich sehr verschüchtert, als die vielen Elfen immer näher traten um sie zu mustern.

Saphira bemerkte Vanyalis Unbehagen und knurrte den Elfen eine leichte Warnung entgegen.

Die Elfen verstanden sogleich ihre Warnung und wichen zurück.

"Wir haben viel zu bereden." erklärte Eragon an Arya gewandt.  "Wir müssen unbedingt zu Königin Islanzadi."

Arya nickte kaum auffallend, da sie spürte wie empfindungslos Eragon ihr gegenüber wirkte.  

"Meine Mutter erwartet euch bereits."


Eragon begab sich dicht gefolgt von Saphira in den Thronsaal.

"Seid gegrüßt, Eragon Schattentöter und auch du Saphira Schimmerschuppe." Wurden sie mit den Worten von Königin Islanzadi willkommen geheißen. "Seit eurer Abreise hatten wir nichts mehr von euch gehört. Als Arya mir sagte, dass ihr beide eine Familie gegründet habt, erfüllte dies mein Herz mit Freude. Doch sehe ich euch an, dass ihr in ernsten Angelegenheiten hier seid."

"Unsere Nachrichten sind in der Tat sehr unerfreulich, Königin Islanzadi." antwortete Eragon. "Galbatorix ist es durch einen verbotenen Zauber gelungen, den Tod zu überlisten und weilt wieder unter den Lebenden."

"Gerüchte über Galbatorix angeblicher Wiederkehr sind bereits bis ins Elfenreich vorgedrungen." sprach die Königin mit leiser Stimme. "Also hatte Nasuada recht, mit dem was sie behauptete?"

"Ich fürchte ja, eure Majestät." erklärte Eragon. "Er ist hinter unserer Tochter her, da er für die Erneuerung seiner Macht einen Drachen benötigt. Wir sind hier her nach Ellesmera gekommen, weil wir in unserer Heimat nicht länger vor ihm sicher sind und Du Weldenvarden für uns bestmöglichen Schutz bietet."

"Eragon, das Volk der Elfen lebt nicht mehr so isoliert von der Außenwelt, wie es noch zu Zeiten des Krieges der Fall war. Es besteht überdies ein Handelsabkommen mit Königin Nasuada, welches für uns inzwischen überlebenswichtig ist." erklärte Islanzadi. "Deswegen wurde der magische Schutzwall für die fahrenden Händler gesenkt."    

Eragon uns Saphira waren schockiert. Sollte es selbst in Ellesmera keinen wirklichen Schutz vor Galbatorix geben?

"Natürlich werden wir euch bei eurem Kampf gegen Galbatorix helfen so gut es geht." sprach die Elfenkönigin, als sie das Zusammenzucken der beiden bemerkte. "Aber bedenkt dabei auch, dass durch den Krieg unsere Armee noch immer nicht zu ihrer alten Stärke zurückgefunden hat. Oromis ist des Kämpfens müde geworden und Glaedr kann euch nur durch seine Weisheit unterstützen."

>>Das verstehen wir.<< meldete sich Saphira zu Wort.


"Es gibt auch noch eine andere Angelegenheit zu besprechen." schnitt Eragon ein. "Mein Bruder Murtagh und sein Drache Dorn sind hier und wünschen im Reich der Elfen freies Geleit. Ich versichere euch, dass sie nicht unter dem Einfluss von Galbatorix stehen und sich als eine große Bereicherung für unsere Familie erwiesen haben."

"In Anbetracht der wachsenden Bedrohung durch Galbatorix wird ihm und sein Drache in Ellesmera freies Geleit gewährt." sprach Islanzadi. "Aber ich würde vorher gerne mit ihnen persönlich sprechen."

"Selbstverständlich eure Majestät." sprach Eragon und verließ mit Saphira den Thronsaal.  

 

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Kapitel 36

 

 

Nach Murtaghs Audienz bei der Elfenkönigin brachen sie schließlich gemeinsam zur Hütte von Oromis auf, um ihren ehemaligen Lehrmeistern einen Besuch abzustatten.

Besonders freuten sich Eragon und Saphira darüber ihnen endlich ihre Tochter vorstellen zu können.

>>Herzliche Gratulation ihr zwei, ich bin stolz auf euch!<< sprach Glaedr. >>Die Götter lächeln wahrlich auf uns Drachen hinab.<<

Vanyali näherte sich dem riesigen Drachen mit vorsichtigen Schritten. Einen so riesigen Drachen hatte sie noch niemals zuvor gesehen.

>>Komm nur näher, junge Drachendame.<< sprach Glaedr mit ruhiger Stimme. >>Hab keine Angst.<<

Murtagh und Dorn verhielten sich äußerst zurückhaltend. Zwar verlief das Gespräch mit Königin Islanzadi überraschend zuversichtlich, doch als sie sahen in welchem Zustand sich Glaedr befand, wurden sie von schweren Gewissensbissen geplagt.  

Auch der kleinen Vanyali entging es nicht, dass der große Drache nur seinen Kopf bewegen konnte und fragte neugierig, was mit ihm los wäre.

>>Mein Rückgrat ist gebrochen.<< antwortete Glaedr. >>Das ist eine alte Kriegsverletzung, die ich mir zuzog.<<

"Durch unsere Schuld!" brach es plötzlich aus Murtagh heraus. "Denn wir haben ihn dorthin gebracht!"

>>Ihr wurdet von Galbatorix kontrolliert und wart nicht Herr eurer Sinne.<< sprach Glaedr.

>>Kann man dich nicht heilen?<< fragte Vanyali.

"Das Problem ist seine Größe, liebes Drachenkind." sprach Oromis. "Um ihn von seiner Lähmung befreien zu können, wäre eine immense Menge an magischer Energie nötig und dazu sind normale Magier nicht in der Lage."  

Eragon hob seine Pfote und schaute auf sein Gedwey Ignasia und dachte nach. Als Drache behielt er trotz seiner Verwandlung immer noch seine magischen Fähigkeiten, die er bereits schon als Reiter besaß.

Könnte es tatsächlich funktionieren...?

>>Freunde, ich glaube es gibt doch eine Möglichkeit!<< sprach er schließlich.

Überrascht blickten sie Eragon an.

>>Was denn für eine Möglichkeit?<< fragte Saphira und Eragon zeigte allen sein silbernes Mal.

>>Wie ihr sehen könnt, besitze ich immer noch das Gedwey Ignasia und somit auch meine magischen Kräfte.<< erklärte er. >>Es ist eine riskante Sache, aber wenn wir Drachen alle unsere Kräfte zusammen bündeln, könnte die Menge an magischer Energie vielleicht ausreichen um Glaedr von seiner Lähmung zu befreien.<<

"Das ist ein sehr waghalsiges Unterfangen!" sprach Oromis. "Ich kann deine Idee nicht gutheißen!"

>>Einen Moment!<< schnitt Glaedr plötzlich ein. >>Eragons Magie wird sich durch seine Verwandlung noch um ein Vielfaches gesteigert haben und ich glaube, dass sein Vorhaben gelingen könnte. Ich bin mit seiner Idee einverstanden.<<

Oromis diskutierte heftig mit seinem Drachen, doch irgendwann resignierte er an Glaedrs Sturheit und gab ebenfalls sein Einverständnis.

>>Was sollen wir tun, Eragon?<< fragte Saphira.

Der blaue Drache wandte sich Saphira und Dorn zu und  >>Stellt euch um Glaedrs Körper herum auf und berührt ihn.<<

>>Und was ist mit mir?<< fragte Vanyali. >>Ich möchte auch helfen.<<

>>Tut mir leid, Lili.<< sprach Eragon sanft. >>Das ist für ein kleines Drachenmädchen viel zu gefährlich. Wir wissen noch nicht einmal wie viel an Energie von uns großen Drachen abgezogen wird.<<

Wie besprochen nahmen die Drachen ihre Positionen um Glaedr ein. Danach berührte Eragon mit seiner Pfote  genau die Stelle, an der sich der schwere Schaden an der Wirbelsäule befand.

Eragon beobachtete wie Dorn und Saphira den riesigen Drachen berührten und konzentriert ihre Augen schlossen.
Der blaue Drache zögerte für einen kurzen Moment und blickte seinen alten Mentor an, doch dieser nickte ihm nur wortlos zu.

>>Macht euch bereit. Ich werde jetzt beginnen!<<

Eragon begann sich auf die Verletzung zu konzentrieren und rief die Worte: >>Waíse Heill!<<

Vorsichtig begann er die beschädigten Nervenstränge zu heilen und wieder zusammenzufügen. Allerdings stellte sich Glaedrs Wirbelsäulenverletzung als viel komplizierter heraus, als angenommen und mit einem Mal, spürte Eragon, wie er immer schwächer wurde und bekam es plötzlich mit der Angst zu tun, da ihm der Zauber bereits einen erheblichen Teil seiner Kraft abgezogen hatte. Als Eragon kurz seine Augen öffnete stellte er fest, dass Saphira und Dorn mit demselben Problem zu kämpfen hatten und sich kaum noch auf den Beinen halten konnten.

>>Etwas passiert!!<< sprach Glaedr. >>Ich kann meinen Körper spüren!<<

>>Nur noch ein klein wenig mehr!<< dachte Eragon und hielt den magischen Heilzauber noch für eine kurze Weile aufrecht, bis er sich sicher war, Glaedrs Wirbelsäulenverletzung geheilt zu haben.

Als Eragon spürte, dass er es geschafft hatte, lächelte er schwach und sank zu Boden, als ihm im nächsten Moment durch den hohen Energieverlust das Bewusstsein entwich.

>>ERAGON!<<

>>VATER!<<

Das nächste, was Eragon wahrnahm waren die verschwommenen Umrisse seiner Tochter, die ihm mit ihrer rauen Zunge über das Gesicht leckte.

>>Eragon, mach so etwas nicht noch mal!<< tadelte Saphira. >>Du hast uns allen einen riesigen Schrecken eingejagt.<<

>>Waren wir erfolgreich...?<< stöhnte Eragon und fühlte sich wie nach einem Trinkgelage.

>>Siehe selbst.<< sprach Saphira und wies auf Glaedr, der mit großer Anstrengung dabei war, sich aufzurichten. Seine Glieder waren durch die langen Jahre der Nichtbenutzung noch etwas steif, aber er schaffte es dennoch aufzustehen und sich kurz auf den Beinen zu halten.

>>Ich sagte doch, das es klappen wird!<< sprach Eragon selbstzufrieden.

>>Ich habe nicht eine einzige Sekunde lang daran gezweifelt, mein Liebster.<< log Saphira. >>Kommt, lasst uns zu den Elfen zurückkehren und ihnen die erfreuliche Botschaft verkünden.<<

---

Die Freude der Elfen über Glaedrs wundersame Genesung hätte kaum größer sein können. Königin Islanzadi lies zu Ehren der Drachen ein grandioses Fest ausrichten, welches neun Tage und neun Nächte lang andauern sollte.

Zur großen Überraschung aller, gab Islanzadi in einer feierlichen Rede bekannt, dass Murtagh und Dorn durch ihren Anteil an Glaedrs Heilung den Respekt der Elfen erlangt hatten.

---

Die  folgenden Wochen verliefen sehr ruhig und ohne besondere Begebenheiten. Fast schon schien es so, als würde die Bedrohung durch Galbatorix gar nicht mehr existieren.

Für Vanyali war es inzwischen an der Zeit das Fliegen zu erlernen und so kam es, dass sich die Drachenfamilie für Vanyalis großen Tag, an einem hochgelegenen Felsplateau einfanden, während es sich Dorn ganz in der Nähe gemütlich gemacht hatte und dem Treiben interessiert zusah.

>>Glaubt ihr, dass ich dafür schon bereit bin?<< fragte Vanyali und wandte sich ihren Eltern zu.

>>Deine Flügel sollten inzwischen stark genug sein um dich zu tragen.<< meinte Eragon und öffnete seine Schwingen. "Als erstes solltest du deine Flügel schlagen, aber so dass sie im Einklang zueinander sind.<<

>>Gleichzeitig?<< fragte Vanyali.

>>Ganz genau.<< nickte Eragon. >>Um abzuheben benutze nur sanfte Flügelschläge, denn wenn du wie wild anfängst zu flattern, wirst du fallen wie ein Stein. Da deine Mutter zweifellos die bessere Fliegerin von uns ist, wird sie dir zeigen wie man richtig vom Boden abhebt.<<

Die blaue Drachin machte einen Satz und schwang sich mit einem mächtigen Flügelschlag in die Luft.  

>>Es ist wichtig, das du den Wind unter den Flügeln spürst.<< meinte Saphira. >>Versuche es mal.<<

Vanyali knurrte und flatterte einige Male mit ihren Flügeln. Sie versuchte die Bewegungen ihrer Mutter zu imitieren und sprang ebenfalls in die Lüfte, jedoch vergas sie dabei mit den Flügeln zu schlagen und plumpste auf den Boden.

>>Lili, ohne deine Flügel kannst du nicht fliegen.<< lachte Eragon und richtete seine Tochter auf. >>Möchtest du es noch einmal versuchen?<<

>>Ich werde nicht aufgeben!<< grummelte Vanyali.

>>Das ist die richtige Einstellung.<< lächelte Eragon.

>>Komm schon, Liebes. Du schaffst das!<<

Vanyali probierte es erneut und schlug beide Flügel gleichzeitig. Diesmal schien sie es tatsächlich zu schaffen und stieg hoch in den Himmel auf, bis sie sich neben ihrer Mutter befand.

>>Das machst du prima, Lili.<< sprach Saphira stolz.

>>Du lernst schnell.<<

>>Meinst du?<< fragte die kleine Drachin und begann einen fatalen Fahler, als sie durch die plötzliche Ablenkung ihre Konzentration verlor und abstürzte.

Saphira versuchte ihre Tochter zu erreichen, doch sie wußte, dass sie nicht rechtzeitig erreichen würde.

>>Schlag mit den Flügeln, Kind!<< schrie sie Dorn an, doch Lili war in völliger Panik verfallen.  

Geistesgegenwärtig sprang Dorn auf und jagte ihr hinterher, als der Boden gefährlich nahe rückte.

>>Du musst deine Flügel öffnen!<< brüllte Dorn, doch die junge Drachin machte keine Anstalten ihre Flügel zu öffnen.

>>Ich kann nicht! Ich habe Angst!<<  

Dorn flog so schnell ihn seine Flügel tragen konnten und schnappte sich die Drachin und streifte dabei mit seiner Flanke einige Baumwipfel.

>>Mache so etwas nicht noch einmal, Mädchen!<< schimpfte Dorn. >>Wolltest du, das deine Eltern deinen Tod betrauern?<<

>>Nein...<< sprach Vanyali.

Behutsam legte Dorn die verschreckte Drachin auf dem Boden ab.

>>Vanyali!<< tadelte Saphira und landete neben ihrer Tochter. >>Das war wirklich sehr leichtsinnig von dir! Wenn Dorn nicht gewesen wäre, hätten wir dich verloren.<<

>>Ich weiß nicht was über mich gekommen ist. Ich hatte plötzlich Angst.<< wimmerte Vanyali. >>Ich habe euch enttäuscht. Es tut mir leid.<<

>>Lili, du hast uns nicht enttäuscht.<< sprach Eragon ruhig. >>Jeder macht irgendwann einmal Fehler, aber du musst wirklich achtsamer sein. Unüberlegtheit kann absolut lebensgefährlich sein.<<

>>Ich werde beim nächsten Mal vorsichtiger sein, versprochen!<<

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Arya lehnte sich gegen einen großen Baum und schluchzte leise. All die aufgestaute Trauer und Wut über ihre verschmähte Liebe brach nun aus ihr hervor.

"SIE hat ihn mir weggenommen!" wisperte sie.

Plötzlich stürzten sich fünf verhüllte Gestalten aus dem Gebüsch hervor und überfielen die überraschte Elfin.

"Na, wenn das nicht Arya ist?!" sprach einer von ihnen. "Fesselt sie! Aber krümmt ihr kein Haar. Unser Meister will sie Lebend haben!"

"Wer seid ihr und woher kennt ihr meinen Namen?" fragte sie und versuchte sich vergebens aus den Fesseln zu befreien.

"Das wirst du früh genug erfahren!"

 

 

 

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